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Die Blueten der Freiheit

Die Blueten der Freiheit

Titel: Die Blueten der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Anthony
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»Ich!«
    »Aber was spielt das für eine Rolle? Ganz ehrlich?«
    »Was es für eine Rolle spielt?«
    »Tut es denn jemandem weh?«
    »Ob es jemandem weh tut!?« Ob es jemandem weh tat? Es tat dem König weh. Es tat den Grenzsoldaten weh. Und vor allem tat es mir weh. Ich hatte gedacht, er wäre mein Freund. Ich ließ meine Flinte von meiner Schulter gleiten, holte eine Patrone aus meiner Tasche und riss das Päckchen auf.
    »Legt die Waffe fort.«
    »Non!« Ich leerte etwas Schwarzpulver in die Zündpfanne und den Rest in den Lauf.
    Alexandre ging noch immer neben dem Ochsen und dem Karren die Straße entlang.
    Ich ließ die Kugel und das Papier der Patrone in den Lauf fallen. Ich versuchte, den Ladestock herauszuziehen. Er steckte fest.
    »Ihr müsst nicht …«
    »Stehen bleiben!«
    Ich löste den Ladestock, stopfte den Lauf und hob die Flinte. Ich entsicherte sie und presste sie gegen meine Wange. In diesem Moment wusste ich, dass ich schießen würde. Wenn ich ihn erschießen musste, dann würde ich es tun. Diese Erkenntnis war so schockierend, dass ich die Waffe beinahe fallen gelassen hätte. »Bleibt stehen. Sofort!«
    Der Hund neben ihm fletschte die Zähne.
    Er legte eine Hand auf den Ochsen und trat auf die andere Seite, so dass sich der Karren nun zwischen uns befand. »Wem tut es weh, wenn Ihr mich gehen lasst?«
    »Wem es weh tut?« Was meinte er damit? Was meinte er, wenn er fragte, wem es weh tun würde? Warum spielte es eine Rolle, wem es weh tun würde? Ich umklammerte die Flinte fester.
    »Was passiert, wenn Ihr mich nicht verhaftet?«
    »Ich … Was meint Ihr damit?« Seine Umrisse schwankten, als ich ihn über den Lauf meiner Flinte hinweg ansah.
    »Wenn Ihr mich nicht verhaftet, dann werde ich mein Leben weiterleben, und Ihr werdet Eures weiterleben. Und niemand wird je etwas davon erfahren.«
    »Abgesehen von Euch und von mir.«
    »Ihr werdet es wissen, und ich werde es wissen. Aber fügt das denn irgendjemandem Schaden zu?«
    »Es fügt dem König Schaden zu. Ihr hättet das nicht tun dürfen.«
    » Non. Das hätte ich nicht. Aber kümmert es den König, wenn ich dafür nicht ins Gefängnis gehe? Wird er überhaupt davon erfahren? Was glaubt Ihr, was mit einem Stück Spitze wie diesem hier geschieht? Selbst wenn Ihr sie abliefert, dann wird sie Ihre Majestät dennoch nicht zu Gesicht bekommen, müsst Ihr wissen.«
    »Ich … Ich glaube nicht …« Plötzlich fielen mir die Spitzenrüschen ein, die unter den Ärmeln des Leutnants hervorgeblitzt hatten, und ich erinnerte mich an ein Gespräch, das wir geführt hatten. Weißt du, wie alt diese Spitze ist? Sie ist sechs Monate alt. Und weißt du auch, warum ich das weiß? Weil du mir seither keine neue gebracht hast! Alexandre hatte recht: Der König würde diese Spitze nie zu Gesicht bekommen.
    »Den König kümmert es nicht. Aber den Mann, der mich gerettet hat, kümmert es. Wenn Ihr mich verhaftet, bedeutet das seinen Untergang. Und auch den seiner Tochter.«
    Seiner Tochter … Er hatte also ein Mädchen. Mädchen waren für mich ein Geheimnis. Ein vollkommenes Rätsel, das absolut keinen Sinn ergab. Wenn ich über Mädchen im Allgemeinen nachdachte, musste ich auch an Cecille denken und daran, warum sie meine Blume nicht angenommen hatte. Warum hatte sie sie nicht genommen? »Ein Mädchen sollte nie in den Untergang gestürzt werden.«
    »Non.«
    »Wenn ich Euch also gehen lasse, dann könnt Ihr sie retten. Aber … wer wird mich retten?«
    Er blinzelte. »Euch?«
    »Wer wird mich vor der Schmach retten? Weil ich Euch habe gehen lassen?«
    »Das habe ich doch bereits getan. Ich habe Euch das Leben gerettet. Das habt Ihr selbst gesagt.«
    »Ich spreche nicht von meinem Leben.« Ich sprach von … von meiner Seele. Wer würde meine Seele retten? Wenn ich ihn nicht verhaftete, was für ein Mensch wäre ich dann? »Wer wird mich retten?« Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wusste nicht, was ich tun sollte!
    »Legt die Waffe nieder. Ihr müsst nicht gerettet werden. Ihr tut einem bemitleidenswerten und ziemlich unwürdigen Mann einen Gefallen. Es wird Euch zugutegehalten werden, wenn Ihr mich nicht verhaftet. Es ist nichts Unehrenhaftes.«
    Zugutegehalten? Das verstand ich nicht. »Ich werde Euch erschießen, wenn ich muss.«
    »Das weiß ich.«
    »Ihr … Aber wie könnt Ihr das wissen?«
    »Ihr seid ein Soldat, oder etwa nicht?«
    War ich das? Tatsächlich?
    Und dann wurde mir plötzlich alles klar. Der Leutnant hatte gedacht, ich

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