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Die Blume der Diener

Die Blume der Diener

Titel: Die Blume der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Sherman
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kleine, gleichmäßige Zähne, die wie eine Reihe gebleichter Erbsen aussahen. Hinter dem Spiegel wich Margaret zurück, als könnte der Zauberer, der schon seit neunundzwanzig Jahren tot war, durch die Zeit reichen, sie bei der Hand packen und zurück zu jener Schwelle zerren, an der ihr Vater tobend die Fäuste schüttelte.
    Das Schweigen des Spiegels ersparte Margaret die Flüche ihres Vaters, aber sie hallten dennoch in ihrer Erinnerung wider. Er hatte sie eine unnatürliche Tochter genannt, eine Schlange, eine Füchsin, eine Hure. Wer würde für ihn und seine Söhne kochen, wenn sie mit diesem Meister der Dämonen fortging? Nun, da ihre Mutter tot war, würde die Familie ohne Margaret verhungern.
    Darüber hatte Magister Lentus gelacht – es war ein reiches, hinfließendes Lachen wie aus Honig gewesen – und sie vom Hof geführt. Er hatte sie gestreichelt, als sie fortgingen, und ihr verraten, dass er im Steinturm des Waldes von Hartwick wohnte. Seine Schatten hätten ihm von ihrer Schönheit berichtet, von ihrer Schnelligkeit in Geist und Hand und ihrem feinen, meisterhaften Verstand, der von unbekümmerten Bauernflegeln beinahe in den Schmutz getreten worden wäre. Er wollte eine Zauberin aus ihr machen, eine Beherrscherin der Dämonen, und sie würde es nie mehr nötig haben, Wolle für ihre Spinnarbeiten von der Gemeindeweide zu holen oder den letzten Tropfen Milch aus einer halb verhungerten Kuh zu schmeicheln. Seine Schatten würden ihr jeden Wunsch erfüllen und schon bald würde sie lernen, sich eigene Diener als Winde oder Flammen oder in jeder ihr genehmen Gestalt aus der Hölle zu rufen.
    Deutlich erinnerte sich Margaret daran, wie sie ihren Ekel vor dieser Person gegen ihr Verlangen nach seinen Versprechungen abgewogen hatte; genauso deutlich erinnerte sie sich daran, wie sie die Hand in seine gelegt und geschworen hatte, ihm treu zu dienen. Im Spiegel nickte das Bild des Magisters Lentus lebhaft und liebkoste dann einen scharlachroten Kristall, der unter seinem Doppelkinn hing. Ein Schatten ohne Quelle fiel auf die helle Wiese und Lentus trat durch ihn in das Steinzimmer, das mit Büchern und Pergamentrollen gesäumt war – in das Zimmer, in dem Margaret nun saß, während die Füchsin ihr zu Füßen schlief. Der Spiegel verdunkelte sich.
    Sie schwor, sie würde nie wieder hineinsehen, doch zwei Tage später warf sie erneut einen Blick auf ihn und auch am nächsten und am übernächsten Tag, doch das, was sie sah, verschaffte ihr keine Freude. Der Spiegel erzählte ihre Lebensgeschichte Tag für Tag nach und fing sie in einem Netz aus Erinnerungen ein, das genauso klebrig und fest war wie die greifbareren Netze der fetten, weißen Spinnen, die Lentus’ Hausgeister gewesen waren.
    Der erste Faden des Netzes war die Vision ihrer Mutter gewesen, der zweite war das Ritual, das sie zur Zauberin gemacht, ihre Tränen getrocknet und sie auf ewig an die Hölle gebunden hatte. Im Bild des Spiegels hastete Lentus’ zwergenhaft verkleinerte Gestalt geschäftig vom Tisch zur Truhe, dann zum Kamin; er bereitete in einem Schmelztiegel eine Mischung aus Kupfer, Zinn und einigen Tropfen von Margarets Blut vor. Sie sah erneut zu, wie er eine zauberische Flamme am Höllenfeuer entzündete und mit Locken ihres feuergoldenen Haars fütterte. Über diesem Feuer schmolz und blubberte die Mixtur und vermischte sich zu einer Legierung, die wegen ihrer Unreinheit noch weitaus stärker war als gewöhnliche Bronze. Er formte aus der Legierung ein gewundenes Horn und einen ovalen Spiegel und kühlte beides in einem großen Fass mit Wasser und Margarets Urin ab. Er knetete Margarets Schweiß unter das Fett eines Gehängten und befahl ihr, mit dieser Paste sowohl das Horn als auch den Spiegel zu polieren, bis beide wieder blinkten. Während sie rieb, hatte Lentus das flammende Haar seines Lehrlings gestreichelt und beim bösen Teufel Mahu geschworen, er werde ihr helfen, die Geheimnisse sowohl des Horns als auch des Spiegels zu entdecken, sobald sie genügend Kenntnisse besaß, um beides zu benutzen.
    In den folgenden Monaten hatte Margaret allmählich bemerkt, dass Lentus ihr nie ausreichende Kenntnisse verschaffen würde. Wintertag für Wintertag saß Margaret in ihrem Stuhl, der einst Lentus gehört hatte, in ihrem Turm, der einst Lentus’ Turm gewesen war, und beobachtete die Widerspiegelungen ihrer eigenen langgliedrigen Hände, wie sie Elixiere nach den Anweisungen ihres Meisters mischten und ihm bei nekromantischen

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