Die Blume von Surinam
dicht an Rozenburg liegt?«, wagte sie schließlich einen Versuch.
Jean aber schien ihre Bedenken nicht zu teilen. »Ich denke, dass Thijs gut auf Sarina aufpassen wird«, sagte er augenzwinkernd.
Julie wagte noch den einen und anderen Vorstoß, der ungehört verhallte. Schließlich wurde beschlossen, dass Sarina mit nach Watervreede fahren sollte. Auf Sarinas Gesicht zeigte sich sogar ein kleines Lächeln, ihr schien der Gedanke zu gefallen.
Als die Männer sich verabschiedet und den Raum verlassen hatten, fiel Julies Blick auf Inika. Das Mädchen schien im Gegensatz zu ihrer Mutter entsetzt und kämpfte sichtlich mit den Tränen, was auch Erika nun bemerkte. »Auch für dich werden wir beizeiten eine Lösung finden«, sagte sie sanft, »vielleicht kannst du ja später, wenn es auf der Plantage gut läuft …«
»Nein!«, entfuhr es Julie. Im gleichen Moment schlug sie sich mit der Hand vor den Mund.
»Juliette, was hast du denn, Thijs Marwijk macht doch einen sehr anständigen Eindruck.« Erika sah Julie mit großen Augen an. Die Verblüffung stand ihr im Gesicht geschrieben.
»Es ist nicht … Marwijk ist nicht das Problem«, flüsterte sie. Sie holte tief Luft. »Pieter wird auch auf dieser Plantage sein«, stieß sie hervor. Julie sah, dass ihre Freundin die Botschaft verstanden hatte. Sie bedachte Sarina und Inika mit einem besorgten Blick.
»Oh nein!«
Vergeet niet aan wie u behoort
Vergiss nicht, zu wem du gehörst
Surinam 1879 Paramaribo, Plantage Watervreede, Plantage Rozenburg
Kapitel 1
D er letzte Rest der grauen Vergangenheit schien von Wim abzufallen, als er am Hafen stand, wo er gleich das Boot besteigen würde. Seit Jahren hatte er sich nicht mehr so lebendig und vor allem frei gefühlt. Kurz überkam ihn ein schlechtes Gewissen, Gesine allein zu lassen. Aber er war nicht hier, um Rücksicht auf Gesine zu nehmen, das hatte er sich geschworen. Sie war bei Juliette und Jean gut aufgehoben und würde sicher ohne ihn zurechtkommen. Wim hatte sich bereits gestern im Stadthaus von Juliette und Jean verabschiedet und eine Menge guter Wünsche mit auf den Weg bekommen – und einen missmutigen Blick von Gesine.
»Wim, ich hoffe, du bist dir deiner Sache immer noch sicher?« Thijs hatte ein Zeltboot gemietet, um die nötige Ausrüstung transportieren zu können, und reichte gerade die letzten Seesäcke auf das Boot, wo sie von einem der schwarzen Ruderer sicher im Bug verstaut wurden. Thijs’ Gesicht war von der Anstrengung gerötet, aber er lachte.
»Natürlich«, gab Wim fröhlich zurück.
»Da kommt unser letzter Passagier.« Thijs deutete den Pier entlang, auf dem sich Erika Bergmann mit der zukünftigen Haushälterin näherte.
Thijs ging den beiden entgegen. Die Inderin lief neben Erika Bergmann her und senkte den Blick, als Thijs die Frauen erreichte. Wim betrachtete die Frau neugierig. Er hoffte, dass sie nicht so zart besaitet war, wie sie äußerlich wirkte. Sie war klein und zierlich, ihre Bewegungen waren ruhig und anmutig. Sorichtig konnte sich Wim die Frau nicht als Haushälterin vorstellen, war sie doch so anders als die resolute schwarze Frau, die Juliettes Haushalt vorstand. Thijs hingegen schien sehr angetan. Jetzt nahm er der Frau ihr kleines Gepäckbündel ab und trug es zum Boot.
»Mijnheer Vandenberg.« Erika Bergmann trat neben ihn. »Ich hoffe, Sie sind sich bewusst, was Sie dort draußen erwartet.« Sie lachte, aber ihr Gesicht spiegelte ehrliche Sorge wider.
Wim schmunzelte. »Mevrouw Bergmann, ich bin schließlich nicht in dieses Land gekommen, um mir bei ein paar kühlen Getränken wilde Kolonialgeschichten anzuhören. Und ich glaube, mit Thijs habe ich einen guten Reisebegleiter an meiner Seite.«
»Ja, aber passen Sie bitte trotzdem auf sich auf. Nicht alles, was über dieses Land erzählt wird, ist übertrieben. Im Regenwald lauern ernsthafte Gefahren.« Sie blickte ihn mit großen Augen an.
»Ich werde auf mich achtgeben … und auf Thijs und …«
»Sarina«, ergänzte Erika Bergmann.
»Auf Sarina auch. Das verspreche ich Ihnen, Mevrouw Bergmann.«
»Erika, sagen Sie doch bitte Erika zu mir.«
»Erika. Aber dann nennen Sie mich auch Wim.«
Erikas Sorge rührte Wim an. So schlimm würde es im Regenwald schon nicht werden. Doch Juliette war auch besorgt gewesen, im Gegensatz zu Gesine, die ihm bis zur letzten Minute nur Vorhaltungen gemacht hatte.
Thijs hatte inzwischen Sarina ins Boot geholfen, wo sie sich schüchtern einen Platz unter der
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