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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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musst sie unbedingt anhören. Entweder sie ist verrückt, oder sie …«
    Da schob Tania Bertille unsanft zur Seite, stürzte zu Alix und nahm sie in die Arme.
    »Ihr dürft nicht den Mut verlieren, Dame Alix!«
    »Lasst mich in Ruhe! Ich will niemand sehen, außer Valentine. Wo ist meine Valentine? Wo kann sie bloß sein?«
    Alix versuchte sich aus Tanias Umarmung zu befreien, aber die klammerte sich wie eine Ertrinkende an sie.
    »Bitte hört mir zu, Dame Alix! Ich muss Euch etwas beichten. Ich halte es nicht länger aus, ich muss es Euch einfach sagen. Das Geheimnis frisst mich sonst auf. Ich habe Angst, ich werde noch verrückt.«
    Aber Alix hörte gar nicht hin und schluchzte weiter. Sie weinte über all das Unglück und den Kummer, der ihr widerfahren war: Jacquou hatte die Pest hingerafft, ihre beiden Söhne waren kurz nach der Geburt gestorben, Alessandros Leben war im Bombenhagel von Bologna grausam beendet worden, Charles liebte sie nicht mehr, Mathias wollte auf einmal nichts mehr von ihr wissen! Und nun würde sie vielleicht auch noch ihre geliebte kleine Valentine für immer verlieren!
    »So hört mir doch zu, Dame Alix, bitte, ich flehe Euch an! Valentines Zwillingsschwester ist nicht bei der Geburt gestorben.«
    Alix sprang auf und starrte Tania fassungslos an. Sie griff sich
ans Herz, weil sie glaubte, es höre auf zu schlagen. Sie hatte aufgehört zu weinen. Plötzlich packte sie Tania und riss sie hoch. Ihre Augen funkelten irre und schienen ihr aus dem Kopf zu springen. Mit schier übermenschlichen Kräften hielt sie Tania wie in einem Schraubstock fest.
    »Was sagst du da?«, schrie sie.
    »Théo war das, Dame Alix. Théo und diese Frau aus Paris haben die ganze Sache von Anfang an geplant«, sagte Tania mit zitternder Stimme. »Ich habe alles getan, was ich konnte. Ich habe versucht, sie davon abzubringen.«
    Allmählich kam Alix wieder zur Besinnung.
    »Wovon wolltest du sie abbringen? Was wollten sie tun? So rede doch endlich!«
    Noch immer starrte Alix Tania entsetzt an, das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie begann sie heftig zu schütteln. Ihre Oberlippe zuckte nervös, und sie stampfte wütend mit dem Fuß.»Rede schon!«, brüllte sie. »Was hat dein Bruder gemacht?«
    Tania weinte lautlos, dann sagte sie leise:
    »Er hat Euch das andere Mädchen weggenommen, das ältere.«
    »Ich wusste es! Ich habe es immer gewusst!«, schrie Alix händeringend. »Ich habe immer gewusst, dass dein Bruder ein Ungeheuer ist, ein Monstrum, ein Verbrecher, der Teufel in Person! Und ich wusste, dass ich zwei Kinder lebend zur Welt gebracht habe. Ja, das habe ich gewusst, aber keiner wollte mir glauben. Und wie hätte ich es beweisen sollen? Man hätte mich nur für verrückt erklärt.«
    Sie warf sich auf ihr Bett, riss Decken und Laken herunter und schleuderte sie auf den Boden. Dann sprang sie wieder auf und trommelte mit geballten Fäusten gegen eine Wand.
    »Ich wusste es! Ich habe es immer gewusst!«, schrie sie wieder und wieder.
    »So beruhigt Euch doch, Dame Alix«, versuchte sie Tania zu beschwichtigen.
    »Halt den Mund!«, schrie Alix sie an. »Ich hätte dich einsperren sollen, bis du mir alles gesagt hast, was du weißt. Ich hätte dich zu den Sklaven zurückschicken sollen, wohin du gehörst. Ja, ich hätte …«
    »Dame Alix, bitte!«
    Irgendwie musste sie die unheilvolle Energie loswerden, sonst würde sie verrückt werden. Wo war eigentlich Mathias? Ach so, ja natürlich! Er suchte Valentine.
    Schließlich warf sie sich hilfesuchend in die starken Arme von Bertille, die ihre arme Alix liebevoll an sich drückte.
    »Ich wusste es immer«, schluchzte sie. »Ich habe zwei Kinder geboren. Damit erklärt sich auch Valentines unbegreifliches Verhalten. Sie spürt, dass sie eine Schwester hat, die irgendwo lebt. Deshalb ruft sie nach ihr und sucht sie unbewusst.«
    Nun hatte endlich auch die Bertille alles begriffen.
    »Was hast du nur getan, Kind? Was hast du getan?«, fragte sie Tania, die sich immer wieder mit zitternden Händen die Tränen aus dem Gesicht wischte.
    »Die Frau hat das Kind mitgenommen, als ich Dame Alix half, ihr zweites Kind zur Welt zu bringen. Außer mir hätte das ja keiner machen können. Da waren nur noch ein paar Soldaten, die uns beobachteten, und der Duc d’Amboise, der nicht wusste, was er tun sollte. Ich hatte schreckliche Angst, Mutter und Kind könnten beide sterben.«
    »Wer ist diese Frau? Und wo ist sie?«, schrie Alix jetzt, während sie sich aus Bertilles

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