Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
Kräften auf ihn eingeredet hatten, verblüffte er uns mit der beiläufigen Bemerkung, Mary könne ebenso gut von ihrem Geliebten Suffolk schwanger werden.
Daraufhin ließ ich Mary strengstens überwachen und einer meiner Berater teilte mir dann auch mit, dass François zwar tatsächlich um Mary herumschlich, diese sich aber heimlich mit dem jungen Suffolk traf.
Könnt Ihr Euch vorstellen, was da so alles zusammengedichtet wurde, Alix? Die Textchen wurden schamlos herumgereicht, und wie hieß es da? Dass die schöne Mary ein Kind bekommt, man aber nicht weiß, von wem. Wer mag der Vater sein? Der König! Oder der Duc d’Angoulême! Der Herzog von Suffolk! Oder vielleicht gar ein ganz anderer!
Mein ergebener Diener jammerte mir ständig die Ohren voll, was für eine überaus heikle Angelegenheit es sei, die Königin auszuspionieren. Schließlich blieb mir nichts anderes übrig, als ihm zu drohen, ich würde ihm alle Privilegien wieder nehmen, die ich ihm gewährt hatte, sollte er die Königin nicht in flagranti beim Ehebruch ertappen. Daraufhin erwiderte der gute Grignaux, dass eine Königin für dieses Delikt mit dem Tod bestraft werden könnte. Ich versuchte ihn zu überzeugen, dass man in diesem Fall ihren jugendlichen Leichtsinn beim Sieg des Fleisches über die Vernunft berücksichtigen würde. Außerdem sei ich der Meinung, England würde mit Sicherheit ihre sofortige Rückkehr verlangen. Ich könne mir nicht vorstellen, dass Heinrich VIII. den Tod seiner Schwester einfach so hinnehmen würde.
Unsere junge Königin hat dann allerdings unseren alten König so angestrengt, dass sich der, zu Tode erschöpft, eine Weile ausruhen musste und sie plötzlich über alle Freiheiten verfügte. Um zu verhindern, dass sie schwanger wurde, musste ich zuallererst Suffolk ein anderes Mädchen zuspielen. Ich machte eine ehemalige kleine Freundin von François ausfindig, die er nicht mehr trifft und die Suffolks Eifersucht zu wecken verstand, indem sie ihm gegenüber behauptete, die Königin wäre auch die Geliebte meines Sohnes. Wie Ihr seht, ist das alles andere als erfreulich, Alix. Ich kann mich dessen wahrlich nicht rühmen, aber mir blieb nichts anderes übrig, wollte ich doch den Thron von Frankreich retten.
Jeanne Le Coq hat ihre Rolle ausgezeichnet gespielt, und Suffolk ist ihr genauso ins Netz gegangen wie zuvor François. Ich habe ihr eine Rente von fünfzigtausend Livres versprochen, die sie aus den zukünftigen Einkünften meines Sohnes erhalten soll.
Nachdem nun Suffolk mit seiner neuen Mätresse beschäftigt war, François endlich begriffen hatte, dass für ihn der Thron auf dem Spiel stand, und sicher war, dass Mary keinen Bastard erwartete, musste jetzt noch für ihre Ablenkung gesorgt werden, damit sie sich keinen anderen Liebhaber suchte. Ich muss nämlich gestehen, dass sie ausgerechnet ein Auge auf Charles de Bourbon geworfen hatte.
Weil Mary aber sehr kokett und auf Äußerlichkeiten bedacht ist, haben wir sie mit Schneiderinnen und Parfumeuren, Modistinnen, Stickerinnen und Spitzenmacherinnen beschäftigt. Marguerite, die eine ausgezeichnete Reiterin ist, unternahm jeden Vormittag lange Ausritte mit ihr, und die gute Musikerin Claude spielte abends gemeinsam mit ihr Harfe oder Cembalo.
Blieben also noch die Nachmittage. Ich ließ Souveraine kommen, die, wie Ihr vielleicht noch wisst, wunderschön sticken kann. Sie brachte ihr schwierige Stiche bei, mit denen sie einige Stunden beschäftigt war, ohne an etwas anderes denken zu können.
Schließlich haben wir alle dafür gesorgt, dass sie die Nächte mit dem König verbringt. Ach, Alix, das ist alles sehr mühsam und unerfreulich, und wenn mir nicht Marguerite beistehen würde, wäre ich wahrscheinlich zu niedergeschlagen, um irgendetwas zustande zu bringen.
Kürzlich traf ich Robert La Marck, den jungen Seigneur de Fleurange und Gefährten von François, diesen fröhlichen, geistreichen jungen Mann, der so viele Rittergeschichten kennt, dass er sogar selbst welche verfasst, und der mir ein wenig Gesellschaft leistete, während ich meinen düsteren Gedanken nachhing. Wir machten es uns vor einem großen Kamin bequem, in dem ein Diener ein schönes Feuer entfacht hatte, und er erzählte mir eine merkwürdige Geschichte, der er den Titel ›Die Geschichte der weißen Zelterstute‹ gegeben hatte.
Bitte hört Euch die Geschichte an, Alix. Vielleicht versteht Ihr dann, warum sie mich irgendwie beruhigt, ohne dass ich wüsste, warum:
›In der
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