Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
Vom Netzwerk:
dem Handrücken über die Augen fuhr.
    So vorsichtig wie möglich trugen sie das Kind zu dem Wasserlauf, einem dünnen Rinnsal zwischen Gestrüpp und Büschen, und tauchten den armen kleinen Körper hinein.
    Als das Kind dennoch nicht zu sich kam, begann Catherine laut zu schluchzen. Madame de Breuille bekreuzigte sich zum
dritten Mal und begann wieder mit ihren Gebeten, die sie noch nicht beendet hatte. Blanche und Marguerite dachten eher praktisch und versuchten dem Kind Flüssigkeit zuzuführen, indem sie ihm Wasser auf die geschlossenen Lippen träufelten.
    »Ich nehme an, das Mädchen ist gerade mal vier Jahre alt.«
    Da hörte Catherine plötzlich auf zu schluchzen.
    »Seht doch, sie macht die Augen auf!«, rief sie und hüpfte erleichtert herum. »Sie ist nicht tot, Madame. Sie ist doch nicht tot!«
    Besorgte Gesichter beugten sich über das kleine Kind, in das ganz langsam die Lebensgeister zurückkehrten.
    »Was sollen wir jetzt mit dem Mädchen machen?«, fragte Blanche.
    »Wenn wir heute Abend in den ›Zinnkrug‹ kommen, lassen wir einen Arzt für sie holen.«
    »Ja, Charles, genauso machen wir es«, erklärte Marguerite. »Sobald wir in dem Gasthaus sind, holen wir ihr einen Arzt. Und wenn sie wieder hergestellt und gesund ist, suchen wir eine gute Familie für sie.«
    Dann bückte sie sich, nahm ihr Taschentuch und tauchte es ins Flusswasser.
    »Keiner hat daran gedacht, Euch ein wenig zu erfrischen. Bitte entschuldigt«, sagte sie zu ihrem Mann und tupfte ihm behutsam Stirn und Augen ab.
    Charles antwortete nicht, weil ihm aber plötzlich bewusst wurde, dass er seine Frau mit der Rettung des Mädchens zutiefst gerührt hatte, lächelte er sie an, was Bellegarde unerträglich fand. Marguerite deutete sein bescheidenes und herzliches Lächeln dankbar als ersten Hoffnungsschimmer für ihre Ehe, Bellegarde kam es dagegen wie ein Verrat vor, und er wusste
plötzlich, dass sich Marguerite und Charles noch nie zuvor so zusammengehörig gefühlt hatten.
    Marguerite kümmerte sich nicht um den eifersüchtigen Schildknappen, sondern betrachtete das Kind, das aus dem Koma erwachte.
    »Sie soll Mathilde heißen«, beschloss sie.
    Dann überließ sie das Mädchen ihren Zofen und half dem Herzog, sich im frischen Quellwasser zu waschen. Mit zarter Hand und so behutsam wie möglich versorgte sie den geschundenen Körper ihres Gatten. Glücklicherweise hatte er nur oberflächliche Verletzungen davongetragen, die mit der Zeit verheilen würden.
    Anschließend trabten sie durch den ausgedehnten Wald von Mauves und ließen das Feuer weit hinter sich.
    Im Gasthaus wurden sie sehr zuvorkommend und freundlich empfangen. In dem großen, gut besuchten Gastraum ging es lautstark zu.
    Edle Herren, Kaufleute, Geistliche und andere Reisende bildeten ein munteres Durcheinander, und der »Zinnkrug« galt als äußerst anständiges Gasthaus. Man musste also nicht befürchten, dass sich irgendwelche Landstreicher oder andere zweifelhafte Personen unter die Gäste mischten.
    Der Trubel wurde immer größer, und es war gar nicht einfach, einen Platz zu finden, an dem man sich ungestört unterhalten und stärken konnte.
    Der Doktor, den der Wirt sofort hatte kommen lassen, stellte bei Mathilde keine schwerwiegenden Verletzungen fest und verordnete nur einen Schluck Wasser alle paar Stunden. Man hatte das kleine Mädchen gut gewaschen und seine zum Glück nur oberflächlichen Brandwunden mit Salbe behandelt, damit sie schneller verheilten.
    Über dem Feuer im großen Kamin brutzelten Hühnerschenkel und Fisch, sodass den Gästen schon das Wasser im Mund zusammenlief, während die Bedienungen in Zinnkrügen herben Cidre servierten.
    »Monsieur le Duc!«, rief da plötzlich eine spitze, irgendwie unangenehme Stimme. »Was für eine Überraschung, Euch hier beim Abendessen anzutreffen!«
    Als sich Marguerite umdrehte, sah sie eine junge Frau in Begleitung eines etwa fünfzigjährigen Prälaten mit einer beeindruckenden Hakennase auf sie zukommen.
    Die äußerst selbstbewusste junge Frau hatte einen milchweißen Teint, blondes Haar und himmelblaue Augen.
    »Stellt Ihr mir Eure reizende Gattin vor, Messire?«, flötete sie und verneigte sich vor dem Duc d’Alençon, »oder wollt Ihr sie etwa ganz für Euch allein haben?«
    Marguerite war von der unhöflichen Art der jungen Frau schockiert, und um weiteren peinlichen Schlussfolgerungen zuvorzukommen, beeilte sich der Prälat, die Herrschaften miteinander bekannt zu machen.
    »Ich bin Jacques

Weitere Kostenlose Bücher