Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
unsanft an sich, weil er die Situation ausnützen wollte. Der zarte Frauenkörper in seinen starken Armen erregte ihn. Das Gefühl der Macht über die verhasste Frau beflügelte seine Phantasie, und wenn sie nicht gehorchen sollte, würde er sie ohrfeigen.
»Lasst mich«, keuchte sie.
»Habt Ihr nicht gehört, was Euer Mann angeordnet hat, Herzogin?« , schimpfte Bellegarde und presste Marguerites Körper weiter gierig an sich.
Aber sie wies ihn streng zurecht.
»Seid Ihr etwa ein Feigling, dass Ihr den Duc d’Alençon ohne Hilfe zugrunde gehen lasst?«
Damit hatte sie ins Schwarze getroffen, und er ließ sie ernüchtert los. Bellegarde wurde rot bis über beide Ohren, und wäre da nicht das Feuer gewesen, das alles in rotes Licht tauchte, hätte er eine ziemlich peinliche Figur abgegeben.
»Eilt ihm zu Hilfe«, forderte ihn Marguerite auf und rieb sich ihren schmerzenden Arm. »Ich bringe mich in Sicherheit. Lieber gehorche ich, damit Ihr ihm helfen geht.«
Bellegarde zögerte, lächelte linkisch und machte auf dem Absatz kehrt.
Marguerite stolperte ein paar Schritte rückwärts und stieß einen Schrei aus. Charles war in der brennenden Hütte verschwunden und drohte in dem dichten beißenden Rauch zu ersticken. Ihre Beine gaben nach, und ihr Kopf dröhnte.
Mit der Peitsche trieb sie die zitternde Attalante an.
»Lauf zu Brutus, und komm erst wieder, wenn ich dich rufe!«
Bellegarde war ohne zu zögern zu dem Brandherd gestürzt, der Charles eben verschluckt hatte.
Wieder stieß Marguerite einen Schrei aus. Die bedrohlich schwarze Wolke über den hohen Bäumen breitete sich immer weiter aus.
Von einer unbewussten Kraft angetrieben, die einen zu Taten bewegt, die man später nicht mehr versteht, schritt sie auf die Flammen zu. Aber die Hitze nahm ihr den Atem, und sie kam nicht weiter.
Hilflos blieb sie vor dem schrecklichen Schauspiel stehen und erkannte plötzlich, welcher Gefahr sich Bellegarde ausgesetzt hatte, als er ihrem Mann zu Hilfe geeilt war.
Doch der Schildknappe musste nicht lange nach seinem Herrn suchen, weil Charles mit einem angekohlten Bündel im Arm wieder auftauchte.
Sein Gesicht war derart rußgeschwärzt, dass ihn Marguerite beinahe nicht erkannt hätte, und seine Kleider hingen ihm in Fetzen am Leib.
»Bringt Euch in Sicherheit, ehe der Wind die Flammen in unsere Richtung treibt!«, rief er ihr zu. »Lauft zu unserem Wagen zurück.«
»Was habt Ihr da im Arm, Charles?«
»Ein Kind.«
»Komm zu mir, Attalante!«, schrie Marguerite sofort, ohne zu überlegen.
Vorsichtig kam die Stute näher und blähte die Nüstern, und Charles legte ihr das traurige Bündel behutsam auf den zitternden Rücken.
»Eure Stute ist mutiger als mein Fuchs«, meinte Charles anerkennend und versuchte ein Lächeln, das in seinem rußschwarzen Gesicht wie eine groteske Grimasse aussah. »Seht nur, das Kind atmet noch.«
Sie verließen die Brandstätte und eilten zu der Kutsche, mit der ihnen Jean-Baptiste zum Glück ein Stück entgegengekommen war.
Die Frauen legten das Kind auf den Boden und wickelten es vorsichtig aus seinen zerfetzten Sachen. Zum Vorschein kam ein trauriges, verkohltes kleines Gesicht mit geschlossenen Augen und angebrannten Haaren.
»Wir brauchen kaltes Wasser! Eben hat es noch geatmet. Wahrscheinlich sind seine Eltern umgekommen, als sie ihr Kind retten wollten. Da war nichts mehr zu machen. Das Kind muss vor den Flammen weggekrochen sein.«
Marguerite hielt das unförmige Bündel im Arm, und Blanche und Catherine bespritzten das Gesicht des Kindes mit Wasser aus einer Trinkflasche.
»Ist es ein Junge?«, fragte das Zimmermädchen verwirrt von dem traurigen Anblick.
»Das spielt doch jetzt keine Rolle, Catherine. Wir müssen das Kind so schnell wie möglich wiederbeleben, aber wir haben nicht genug Wasser.«
»Vielleicht können wir es zu dem Fluss bringen, an dem wir vorhin vorbeigekommen sind?«, schlug Philibert vor. »Es ist nicht weit und sicher vor dem Feuer.«
»Ich fürchte, es dauert zu lange«, meinte Charles und streichelte das leblose Gesicht. »Das Kind atmet kaum noch.«
Catherine brach in Tränen aus, und Philibert kam mit einer Decke, die er nass gemacht hatte.
»Bis wir dort sind, können wir es in das feuchte Tuch wickeln«, sagte Marguerite und wickelte das Kleine aus seinen verkohlten Sachen. »Ich glaube, es ist ein Mädchen.«
»Zum Fluss ist es wirklich nicht weit«, fand auch Catherine, die versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken und sich mit
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