Die blutende Statue
wie etwa Italien erwarb und sie dann direkt in Amerika weiterverkaufte, einen beträchtlichen Gewinn erzielen könnte.
Einige Wochen später setzte er mit Hilfe seiner sizilianischen Cousins dieses Projekt um und bestellte einen ganzen Vorrat von Antwortscheinen, die nicht für irgendwelche Käufe bestimmt waren, sondern schlichtweg von den amerikanischen Postämtern rückerstattet werden sollten.
Pech für ihn war allerdings, dass jene Leute, die das System der Antwortscheine konzipiert hatten, wahrscheinlich die Kosten dieser Art von Geldtransfer schon einberechnet hatten. Romanolli erkannte schnell, dass ihm sein geniales System nach der Begleichung der verschiedenen Provisionen, der Auslagen für Briefmarken, um die Bündel von Antwortscheinen zu frankieren, und durch die schwankenden Wechselkurse praktisch keinerlei Gewinn einbrachte. Nur mit Mühe deckte er seine Unkosten.
Giulio musste, schwer enttäuscht, sein Vorhaben aufgeben. Als er jedoch eines Abends auf seinem Bett lag und seinen dahingeschmolzenen Hoffnungen nachhing, überlegte er, dass die Vorstellung verlockend gewesen war und dass sie, bis sie in die Tat umgesetzt wurde, eigentlich realisierbar erschienen war. Plötzlich kam ihm ein Geistesblitz. Vom folgenden Tag an erzählte er jedem von seinem System und er begann damit, eine der raffiniertesten Betrügereien des Jahrhunderts auszuführen, einen »pyramidalen« Schwindel sozusagen.
Schnell verbreitete sich das Gerücht unter all jenen, die auf besonders lukrative Anlagen lauerten, man müsse eilends in die Gesellschaft Romanolli investieren, denn derjenige, »der ein höchst geniales System zum Kauf und Verkauf von Antwortscheinen eingeführt hatte«, garantiere Gewinne in Höhe von zweihundert Prozent pro Jahr. Die Kandidaten, die durch diese Aussichten angelockt wurden, beeilten sich, ihr Geld anzulegen. Die Büros, die Romanolli in verschiedenen amerikanischen Städten eröffnet hatte, verzeichneten pro Tag einen Geldeingang in Höhe von zweihundertfünfzigtausend Dollar. Giulio zahlte tatsächlich die versprochenen hohen Zinsen auf Heller und Pfennig... zumindest den ersten Anlegern. Denn wie es bei solchen Geschäften so üblich ist, verwendete er das Kapital der jeweils letzten Investoren, um den ersten die versprochenen Zinsen zu zahlen. Es genügte ihm, damit sein System funktionierte, ständig neue Leichtgläubige zu finden, zumindest bis im Prinzip alle Bewohner der Erde ihr Geld bei ihm angelegt hatten. Andernfalls...
Doch diese Art Zauberspiel erregte schließlich die Aufmerksamkeit jener Personen, deren Beruf es ist, einen Betrug aufzudecken. Romanolli, der mit all den Dollar, die man ihm anvertraut hatte, reich geworden war, investierte diese in mündelsichere Anlagen, wie die Banken es vorgeschlagen hatten. Er gewann sogar die Aktienmehrheit an einer der angesehensten amerikanischen Firmen. Plötzlich bezog er Einkünfte auf höchst legalem Weg. Jenen, die sich mit ihm anlegen wollten, erwiderte Romanolli, dass gerade seine eigens durchgeführten Bankgeschäfte — über die er stets Schweigen bewahrte — in Wirklichkeit die Quelle der fantastischen Zinsen seien, die er seinen Aktionären versprochen habe.
Die Leute, die sich bemühten, die Instabilität seines Systems nachzuweisen, kamen schließlich dahinter, wie die von Romanolli getätigten Bankgeschäfte abliefen. Seine Anlagen bei der Bank brachten nämlich gerade einmal magere fünf Prozent ein. Entgegen seinen Aussagen handelte es sich dementsprechend in keiner Weise um Geldanlagen, die auch nur annähernd die zweihundert Prozent an Zinsen abwarfen, die wiederum aber trotzdem nach wie vor weitere Investoren anlockten.
Schließlich wurde Giulio Romanolli festgenommen und, nachdem er des Betrugs überführt worden war, zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Als er nach fünf Jahren entlassen wurde, ließ er sich erneut auf Betrügereien ein und wurde wieder zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. 1934, nachdem er seine Strafe abgebüßt hatte und in den Vereinigten Staaten nunmehr als unerwünscht galt, wurde er in das faschistische Italien, sein Heimatland, abgeschoben.
Er trat schnell der Partei der Schwarzhemden bei. Offensichtlich fand der Duce Gefallen an ihm, denn er ernannte Romanolli zum Präsidenten der staatlichen italienischen Fluggesellschaft für Argentinienflüge. Allem Anschein nach hatte Giulio nun das Glück auf seiner Seite.
Doch dann wendete sich das Blatt und nach Kriegsende verlor er seinen
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