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Die Blutgabe - Roman

Die Blutgabe - Roman

Titel: Die Blutgabe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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sie auf den Mann und das Kind zuging. »Der ist aber schön geworden.« Sie gab dem Mann einen Kuss. »Hallo, Schatz. Wie war dein Tag?«
    Der Mann lächelte, und bei seinem Anblick wurde Katherine warm ums Herz.
    »Entspannt. Aber wir waren ein bisschen einsam ohne dich.«
    Katherine lachte und öffnete den Mund, um zu antworten.  Doch in diesem Moment fiel das Lächeln des Mannes aus seinem Gesicht, so plötzlich, dass es Katherine erschreckte. Gleichzeitig wuchsen seine Haare, und der Schatten eines Bartes erschien auf seinen Wangen. Er sah Katherine mit einer Mischung aus Sorge und Verwirrung an. »Schatz, was ist mit dir? Du bist so blass. Wir sollten einen Arzt holen.«
    Ein Schauer lief über Katherines Rückgrat. Sie spürte, wie die Wärme in ihrer Brust sich verflüchtigte und die zurückbleibende Kälte sie daran erinnerte, dass sie sich nicht in der Realität befand. Eine Art Traumzustand. Cedric hatte es sogar gesagt. Dieses Gespräch folgte keinem logischen Verlauf, das war für Träume typisch. Es mussten willkürlich zusammengewürfelte Erinnerungsbruchstücke sein. Schlüsselerlebnisse vermutlich. Katherine versuchte, sich an dem Gedanken festzuhalten. Vielleicht konnte sie so Einfluss darauf nehmen, was sie als Nächstes sehen würde. Doch noch während sie sich darum bemühte, bewegte sich ihre Zunge ganz von selbst. »Ich kann nicht darüber reden, Jim. Bitte.«
    Der Mund des Mannes verzog sich schmerzvoll. »Ich habe dein Tagebuch gelesen, Susan. Ich konnte nicht anders.«
    Katherine schnappte nach Luft. »Du hast
was
?« Angst ergriff sie wie eine böse Vorahnung dessen, was gleich geschehen würde. Nein, sie wollte das nicht weiter sehen!
    Cedric
, flehte sie stumm,
Cedric, hol mich hier raus! Schnell, bitte!
    Doch sie erhielt keine Antwort, und auch die Bilder verschwanden nicht.
    Wieder veränderte sich die Miene des Mannes, verzerrte sich nun zu einer Grimasse aus Entsetzen und Abscheu. »Du Monster!« Sie konnte die Panik in seinen Augen sehen. »Mörderin! Du bist nicht meine Frau!«
    Katherine spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Ihr wurde schwindelig. »Aber, Jim!«, rief sie entsetzt. »Was redest du denn da!«
    Ein Wimmern ließ sie herumfahren. Das Mädchen, vor wenigen Augenblicken noch munter und gesund, lag unnatürlich verkrümmt auf dem Fußboden. Ihr Hals war aufgerissen,und ihr Blut tränkte den hellen Teppich. Und in diesem Moment bemerkte Katherine, dass auch sie selbst voller Blut war. Blut an ihren Händen. Blut auf ihrer Kleidung. Blut in ihrem Mund.
    Sie fiel auf die Knie, zog den schlaffen Körper in ihre Arme und drückte ihn an sich. »Jody! O nein, Jody!«
    Der süße Duft des Kinderbluts stieg in ihre Nase. Der altbekannte rote Schleier überzog ihr Sichtfeld. Katherines Körper begann, unkontrolliert zu zittern. Wie aus weiter Ferne hörte sie Jims Stimme.
    »Hier ist James Harris, wir haben einen Notfall! Wir brauchen dringend einen Krankenwagen! Ja … 83 Eastpark Avenue. Beeilen Sie sich!«
    »Jim …«, flüsterte Katherine schwach. Panik schüttelte ihre Glieder, und sie spürte die Knochen ihres toten Kindes unter ihren Händen knacken und brechen. Ein wildes Fauchen brach aus ihrer Kehle.
Nein … bitte nicht Jim …
    Ein letztes Mal noch sah sie seine Augen, bevor er starb.
    Dann war alles dunkel.

Kapitel Acht
    Uptown, Kenneth, Missouri
     
    Im Stadtarchiv von Kenneth lag die alte Luft schwer auf den endlosen Regalen. Staubiges Sonnenlicht fiel durch die Ritzen der heruntergelassenen Jalousien.
    Stiller als ein Friedhof
, dachte Cedric, während er zwischen den Regalen hindurchwanderte. Ziellos ließ er seinen Blick über die Bücher schweifen, die Rücken an Rücken aufgereiht standen – Vermächtnis der Menschen, die vor Jahrhunderten damit begonnen hatten, die Geschichte der Stadt in den Räumen dieses alten Gebäudes zusammenzutragen. Eine dicke Kordel trennte die Besucher des Archivs von den Dokumenten. Die meisten der Bücher durften ohne Sondergenehmigung nicht einmal mehr angefasst werden. Cedric hatte keine Sondergenehmigung. Aber er brauchte auch keine. Die Bücher interessierten ihn nicht. Seine Recherchen würden ihn in eine Vergangenheit führen, die wesentlich jünger war. Eine Vergangenheit, in der das Archiv bereits von seinen vampirischen Erben geführt wurde, und in der wichtige Dokumente längst nicht mehr auf so vergänglichen Medien wie Papier archiviert wurden.
    Cedric zog die Chipkarte aus der Tasche, die ihn als

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