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Die Blutgabe - Roman

Die Blutgabe - Roman

Titel: Die Blutgabe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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Unwillkürlich straffte er die Schultern, während er die letzten Meter zurücklegte.
    »Kris. Was für eine Überraschung.«
    Der junge Vampir richtete sich auf, blieb aber dicht an der Wand stehen, als sei er sich nicht sicher, ob er es ungestraft wagen konnte, sich Cedric noch weiter zu nähern.
    Cedric runzelte die Stirn und legte den Finger auf das Lesegerät, um die Tür zu entriegeln. Kris sah beunruhigend gesund aus, dachte er. Ausgeschlafen, gesättigt und vor allem beherrscht. Seine Wangen hatten einen geradezu rosigen Farbton angenommen. Cedric warf einen Blick auf seine eigenen Hände mit der blassen, fast bläulichen Haut. Beneidenswert. So menschlich würde er selbst nie wieder aussehen. Zumindest nicht, so lange er kein Wahres Blut trank. Er verkniff sich ein Kopfschütteln. Ob Kris ahnte, wie leicht er zu durchschauen war? Oder war es ihm mittlerweile einfach gleichgültig?
    »Ich hatte nicht erwartet, dass du meine Einladung so bald annimmst.« Mit einer betont nachlässigen Handbewegung schob Cedric die Tür auf. »Bitte, komm rein. Und mach die Tür hinter dir zu. Die Zugluft bekommt meinen alten Knochen nicht.« Er verzog spöttisch den Mund und ging voran in den Raum. Stumpfgelbes Licht erhellte das Zimmer und ließ die Ecken in noch tieferen Schatten versinken, als Cedric die Schreibtischlampe einschaltete.
    »Ich sehe, du bemühst dich, deine Versprechen zu halten«, bemerkte er trocken, während er sich in seinen Stuhl sinken ließ und Kris ihm gegenüber Platz nahm. Wie beiläufig musterte er das junge Gesicht, das nun keine Spuren von Übermüdung oder Hunger mehr zeigte.
    Kris schwieg eine Weile. Doch hinter seiner Stirn arbeitete es. Cedric konnte es sehen.
    »Es tut mir leid, was gestern Nacht passiert ist«, sagte Kris schließlich langsam, als hätte er entschieden, den ersten Teil ihrer Unterhaltung einfach zu ignorieren. »Ich hoffe, du verzeihst mir.«
    Cedric verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er wusste, dass seine Miene grimmig war. Vermutlich sah Kris deshalb so wenig hoffnungsfroh aus. Aber zumindest versuchte er keine Tricks. Die deutlichen Worte am frühen Morgen hatten ihre Wirkung offenbar nicht verfehlt. Und Kris war weder dumm noch lebensmüde genug, um zu riskieren, dass Sid die Erlaubnis bekam, ihn auszutreiben. Cedric selbst hätte sich gewünscht, die ganze Angelegenheit mit einer Entschuldigung aus der Welt schaffen zu können. Aber so einfach würde es nicht sein. Denn das hätte geheißen, die Spitze des Eisbergs abzutragen, so dass niemand mehr den unter der Wasseroberfläche verborgenen Teil sehen würde. Den Teil, der die eigentliche Bedrohung darstellte.
    »Nun ja, Kris«, sagte er langsam. »Ich fürchte, auf meine Verzeihung wirst du noch eine Weile warten müssen. Wahrscheinlich für immer.« Er verschränkte die Hände, um den wieder aufwallenden Ärger zu unterdrücken. »Und ich will dir auch sagen, warum. Du bittest um Verzeihung für die falschen Dinge. Verstehst du, ich glaube dir, dass es dir leidtut. Ich habe dabei nur das dumme Gefühl, dass es dir nicht für mich leidtut oder auch nur für White Chapel. Du willst, dass ich dir verzeihe, weil ich dich dabei erwischt habe, wie du mich hintergehst. Du willst, dass ich dir verzeihe, weil du nicht clever genug warst, deine Aktivitäten bis zuletzt geheimzu halten. Du willst, dass ich dir deinen Kontrollverlust verzeihe. Und das alles einfach so, bloß weil du den Mut aufgebracht hast, mir in die Augen zu sehen und dich zu entschuldigen.« Cedric hob die Hand, als Kris den Mund öffnete, um zu widersprechen. Er wollte es nicht hören. Nichts davon. Und er war noch längst nicht fertig.
    »Damit keine Missverständnisse aufkommen.« Er verengte die Augen und starrte Kris eindringlich an. »Das alles sind deine eigenen Fehler, und es könnte mir nichts gleichgültiger sein als die Schwierigkeiten, in die du dich damit gebracht hast. Ginge es hier nur um dich, wäre eine Entschuldigung nicht einmal nötig. Dein Privatleben geht mich nichts an. Aber du könntest mit deiner Unvernunft sehr schnell auch die Forschungsstation in Schwierigkeiten bringen – uns in der Forschung zurückwerfen oder schlimmeres. Ich habe heute Nachmittag ein wenig recherchiert. Über deinen Vater beispielsweise. Gregor – der Name kam mir bekannt vor, seit du ihn zum ersten Mal erwähnt hast, aber mir fiel der Zusammenhang nicht ein. Dabei waren die Nachrichten jahrzehntelang voll von ihm.

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