Die Blutgabe - Roman
ihr in euren Waffen seit einiger Zeit einen neuen Wirkstoff.« Céleste sah von einem zum anderen, um sich der vollen Aufmerksamkeit jedes einzelnen sicher zu sein. »Euch allen ist sicher aufgefallen, wie stark seine Kraft ist – und dass ihr nun in der Lage seid, auch deutlich älteren Blutern entgegenzutreten, als das bisher der Fall war. Das ist ein enormer Fortschritt. Aber«, sie hob die Stimme ein wenig, »wir dürfen an diesem Punkt nicht stehen bleiben. Das ist erst der Anfang. Und darum werden wir jetzt, wo wir die Möglichkeit dazu haben, den nächsten Schritt gehen. Und ihr, als die Exekutive der
Bloodstalkers
in Kenneth, werdet bei diesem Schritt eine entscheidende Rolle spielen.«
Sie wandte sich um und winkte Kris, näher zu treten. »Kris. Bitte.«
Der jüngere Vampir neigte respektvoll den Kopf und stellte sich neben Céleste.
»Wie die meisten von euch wissen«, begann er mit seiner ruhigen Stimme zu erklären, »bin ich in den letzten Monaten nur tagsüber bei euch auf Insomniac Mansion gewesen. Und ich weiß, dass einige von euch sich bereits nach dem ‘Warum’ gefragt haben.« Bei diesen Worten sah er Red an, und der Schatten eines Lächelns huschte über sein Gesicht. »Leider muss ich euch sagen, dass sich an diesem Zustand auch in naher Zukunft nichts ändern wird. Aber ich freue mich, euch mitzuteilen, dass ich euch heute den Grund dafür nennen kann.«
Er machte eine kleine, bedeutungsvolle Pause. »Vor etwa eineinhalb Jahren hatte ich das Vergnügen, einen Mann namens Dr. Cedric Ignatio Edwards kennenzulernen – einen konservativen Vampir beeindruckenden Alters. Er leitet eine Forschungsstation etwas außerhalb von Kenneth, die sich mit einem für uns äußerst interessanten Thema beschäftigt: Der Heilung der Bluterkrankheit auf mikrobiologischem Weg. Und da ich, wie euch sicher bekannt ist, ein wenig in den Biowissenschaften bewandert bin, war es naheliegend, mich bei ihm um eine Stelle zu bewerben. Eine etwas heikle Angelegenheit, da der gute Doktor leider kein Freund unserer Organisation ist. Vielmehr vertritt er in vielerlei Hinsicht die Ansichten des World Parliament – aber das soll für den Moment nebensächlich sein. Es gelang mir jedenfalls, Mitglied seiner Forschungsgruppe zu werden. Mit den Mitteln, die mir dort zur Verfügung standen, war es mir daraufhin möglich, den Wirkstoff BRA-47 zu entwickeln, den ihr ja nun schon kennt – ein Abfallprodukt der Forschung, wenn man so will.«
Wieder machte Kris eine Pause, als wolle er den Worten, die nun folgten, zusätzliches Gewicht verleihen.
»Nun aber – und das ist der eigentliche Grund unserer heutigen Zusammenkunft – hat diese Forschungsgruppe einen wichtigen Durchbruch erzielt: Sie haben ein Mittel entdeckt, das, in geringer Dosis verabreicht, die Symptome der Bluterkrankheit heilen kann. Wird es aber in zu großen Mengen zugeführt, ist es für Vampire innerhalb kürzester Zeit tödlich. Für
alle
Vampire. Und ihr werdet mir sicher zustimmen, wenn ich sage, dass dieser Wirkstoff von höchstem Interesse für die
Bloodstalkers
ist.«
Keiner der Menschen sagte ein Wort. Was Kris da erzählte, klang so unglaublich – so ungeheuerlich, dass Reds Magen allein bei dem Gedanken nervös zu kribbeln anfing. Was würde dieses Mittel nur für ihre Außeneinsätze bedeuten? Es würde sie ja sozusagen unbesiegbar machen!
Dann aber riss ihn Kris’ Stimme wieder aus seinen Gedanken.
»Es gibt allerdings ein Problem. Anders als bei BRA-47 ist es mir in diesem Fall nicht möglich, den Wirkstoff hier in Insomniac Mansion selbst herzustellen, da dafür Gerätschaften nötig sind, für die wir hier nicht die Mittel und auch nicht den Platz haben. Ich weiß aber, dass Dr. Edwards vom Parlament den Auftrag erhalten hat, innerhalb von vierzehn Tagen größere Mengen des Stoffes für den Testeinsatz in anderen Laboren herzustellen.
Und das ist der Punkt, an dem ihr ins Spiel kommt.«
Wieder glitt Kris’ Blick über die Menschen, die ihm ohne Ausnahme gebannt lauschten.
»Ihr werdet diejenigen sein, die das Mittel für die
Bloodstalkers
beschaffen. Wir erteilen euch hiermit den Auftrag, indie Forschungsstation einzudringen und es hierher zu bringen. Das wird nicht einfach, sondern höchst gefährlich. Im Lauf der nächsten zwei Wochen werdet ihr spezielles Training und weitere Instruktionen erhalten.« Er nickte Tony zu, der mit grimmiger Miene die Arme vor der Brust verschränkte.
»Hannah wird euch mit der Ausrüstung
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