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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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leiser geworden, und jetzt verließ sie ihn völlig. Er stand da, blickte hierhin und dahin, rieb sich Schneeflocken aus den Augen und versuchte, sich für eine Richtung zu entscheiden. An einer Seite des Platzes war eine Reihe von kleinen Läden, alle für die Nacht fest verschlossen. Kerwin wischte sich mit einem feuchten Ärmel das feuchte Gesicht ab. Durch den dichten Schnee blickte er auf ein freistehendes Haus. Es war tatsächlich ein Herrenhaus, das Stadthaus irgendeines Edelmanns. Drinnen war Licht, und er konnte hinter den durchscheinenden Mauern dunkle, undeutliche Gestalten erkennen. Von den Lichtern beinahe magnetisch angezogen, überquerte Kerwin den Platz und stand nun vor dem halb offenen Tor. Dahinter führten ein paar flache Stufen zu einer großen, geschnitzten Tür. Zu dieser Tür zog es ihn hin, und er kämpfte dagegen an.
    Was tue ich denn? Ich kann nicht einfach in ein fremdes Haus hineinspazieren! Bin ich vollkommen verrückt geworden? Nein. Dies ist der Ort. Sie warten auf mich .
    Er sagte sich, das sei Wahnsinn, aber seine Füße schritten automatisch auf das Tor zu. Er legte die Hand darauf, und als nichts geschah, öffnete er es und schritt hindurch und stand vor der untersten Stufe. Dort verweilte er wieder. Geistige Gesundheit und Wahnsinn kämpften in ihm, und das Schlimmste daran war, daß Kerwin sich nicht ganz sicher war, welcher Impuls von geistiger Gesundheit und welcher von Wahnsinn sprach.
    Du bist so weit gekommen. Du kannst jetzt nicht mehr anhalten. Du bist ein schrecklicher, gottverdammter Idiot, Jefferson Andrew Kerwin. Geh – dreh dich auf der Stelle um und mach, daß du hier wegkommst, bevor du dich in eine Situation bringst, mit der du wirklich nicht mehr fertig werden kannst. Dir kann hier mehr passieren, als in einer Nebenstraße zusammengeschlagen zu werden .
    Einen langsamen Schritt nach dem anderen stieg er die von Schneematsch glatten Stufen zu dem erleuchteten Eingang hinauf. Jetzt ist es zu spät zum Umkehren . Er faßte nach dem Türgriff, drehte ihn langsam, und die Tür öffnete sich, und Kerwin trat ein.
     
    Meilenweit weg in der Terranischen Zone saß ein Mann vor einem Kommunikator und verlangte eine besonders kodierte Prioritätsschaltung, um mit dem Legaten zu sprechen.
    »Ihr Vogel ist ausgeflogen«, sagte er.
    Das Gesicht des Legaten auf dem Schirm war voller Gemütsruhe.
    »Das dachte ich mir. Sobald der Druck stark genug wurde, mußten sie einen Zug machen. Ich wußte, sie würden nicht zulassen, daß wir ihn deportieren.«
    »Sie sind sich Ihrer Sache sehr sicher, Sir. Mir kommt es vor, als habe er seinen eigenen Kopf. Vielleicht ist er aus eigenem Antrieb davonspaziert, einfach desertiert. Er wäre nicht der erste. Nicht einmal der erste mit dem Namen Kerwin.«
    Der Legat zuckte die Schultern. »Das werden wir bald herausfinden.«
    »Dann möchten Sie, daß er weiter beschattet wird?«
    Die Antwort kam sofort. »Nein! Bloß nicht! Diese Leute lassen sich von niemandem zum Narren halten! Er in seinem Zustand würde einen Beschatter vielleicht nicht bemerken, aber sie würden es ganz bestimmt. Lassen Sie ihn ungehindert laufen. Das ist ihr Zug. Wir … warten jetzt.«
    »Das tun wir bereits seit mehr als zwanzig Jahren«, murrte der Mann.
    »Wir werden noch weitere zwanzig Jahre warten, wenn wir müssen. Aber der Katalysator ist jetzt am Werk. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß es solange dauern wird. Wir werden sehen.«
    Der Schirm wurde leer. Nach einer Weile drückte der Legat einen anderen Knopf und gab damit den Zugangskode zu der Akte KERWIN ein.
    Er sah zufrieden aus.

Kapitel 7: Heimkommen
     
    Kerwin stand blinzelnd in der Wärme und dem Licht der geräumigen Eingangshalle. Wieder wischte er sich Schnee aus dem Gesicht, und einen Augenblick lang konnte er nichts anderes hören als den Wind und den Schnee draußen, der gegen die geschlossene Tür klatschte. Dann brach ein helles Lachen die Stille.
    »Elorie hat gewonnen«, stellte eine mädchenhafte Stimme fest, die ihm irgendwie bekannt vorkam. »Das habe ich euch gleich gesagt.«
    Ein dicker Samtvorhang direkt vor ihm teilte sich, und da stand ein Mädchen – eine schlanke junge Frau mit rotem Haar in einem grünen Kleid mit hohem Kragen und einem elfenhaft hübschen Gesicht. Sie lachte ihn an. Hinter ihr kamen zwei Männer durch den Vorhang, und Kerwin fragte sich, ob er irgendwie in einen Tagtraum – oder einen Alptraum – hineingestolpert sei. Denn das waren die drei Rotköpfe

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