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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gartens: Ein Bild, abgelöst von allem anderen, an den Rändern verschwommen, ein Bild wie aus einem Fotoalbum, unwirklich und fremd, weil es nicht mehr zu ihm zu gehören schien.
    Doch er wollte den Garten sehen. Er ging an der Haustür vorbei zu der kleinen Pforte, die in der Umfassungsmauer eingelassen war. Kaum hatte er die Klinke gedrückt, kam Geschrei: »Bleib bloß draußen! Ich bin doch am Streichen!«
    Vera! – Vera strich die Gartentür.
    Also ging er doch ins Haus, um den Garten durch die Terrassentür zu betreten. Da stand sie: Pfirsichfarbene, schlanke Glieder. Barfuß, Bikini-BH, dazu noch die ausgewaschenen Jeans-Shorts, so eng, daß die ausgefransten Ränder in die Pfirsichschenkel schnitten. In der rechten Hand hielt sie einen Pinsel. Grüne Farbe klebte daran. Grün war die eine Seite der Gartentür, die andere Hälfte wartete noch auf die Farbe. Grün war auch der alte, eiserne Gartentisch, die vier Wirtshausstühle, denen sie im vergangenen Jahr ein unmögliches Schwarz verpaßt hatte. Grün waren die Farbspritzer auf ihrem Bauch, an ihrem rechten Knie und an ihrem linken Arm – und grün und voll Erwartung ihr Blick. Sie ließ den Pinsel sinken.
    »Rio? – Du, was ist denn mit dir?«
    Was sollte er schon sagen? Was gab es zu sagen?
    »O Gott, Rio! Was hast du denn?«
    Sie ließ den Pinsel einfach fallen, wo sie stand, und rannte auf ihn zu.
    »Du weinst ja … Was, um Himmels willen, ist los?«
    Da sagte er es auch ihr …
    »Du und Aids?«
    Sie hatte ihn angesehen – mit diesem wilden Staunen im Blick, das neu war. Doch da war noch etwas anderes im Hintergrund ihrer Augen: eine unglaubliche Ruhe. Dann hatte sie einem ihrer frischgestrichenen Stühle einen Tritt gegeben, daß er in die Ecke flog, einen Tritt mit nackten Sohlen! Und dann hing sie an seinem Hals.
    »Hör mir auf mit deinen Plasmabeuteln. Du hast ein anderes Beutelchen gekriegt – damals im Dachauer Krankenhaus … Und du wirst den Teufel tun und hier durchdrehen.«
    Und sie hatte ihn gestreichelt, seinen Hals, sein Haar: »Ach, Rio! Gib's doch zu, du hast diese ganze Geschichte erfunden, um irgendeinen Seitensprung mit irgendeiner dicktittigen kubanischen Tänzerin zu kaschieren …«
    Ja, es war vollkommen unglaublich, wie sie reagierte. Sie nahm ihn einfach nicht ernst. Vielleicht, weil sie ihm helfen wollte, vielleicht, weil es ihr zu abwegig, zu ungeheuerlich erschien, als daß sich ihr Wirklichkeitssinn damit vertraut machen konnte: Ein weinender Rio erschien ihr unheimlicher als jeder Aids-Verdacht.
    Rio aber wußte nicht, wie es geschah, nein, wie es geschehen konnte – doch fünf Minuten später fand er sich mit ihr im Schlafzimmer wieder.
    »Hör doch zu, Herrgott noch mal! Was soll denn das, Vera?«
    »Was das soll?« Sie lachte plötzlich auf. »Sieh mal …«
    Ihre Shorts flogen in die Ecke. Vom Nabel bis zum Hüftknochen zog sich ein grüner Ölfarbenstreifen über ihre Haut. Die Arme hatte sie erhoben, und die Spitzen ihrer Brüste hüpften, als sie auf ihn zulief.
    »Vera – das geht doch nicht. Ich habe doch gesagt …«
    Gesagt … Es gab nichts zu sagen. Wie sollte er sich verteidigen, gegen diese Küsse, gegen ihre Umarmungen?
    »Vera … ich hab's doch schwer genug … Und du weißt …«
    Sie ließ ihn ganz plötzlich los, rannte zur Kommode, zog die Schublade auf, griff hinein und hielt nun eine winzige, rosafarbene Schachtel in der Hand.
    »Wenn es das ist?«
    »Na gut … Wieso nicht … Ich finde zwar, solche Hütchen stehen Männern nicht, aber wenn du unbedingt willst – schön, ich pack' ihn dir ein …«
    Nun lag ihr Kopf auf seiner Brust, und die Spitze ihres Zeigefingers zog Linien und Kurven über seinen Bauch. Und manchmal wanderte ihr Mund diesen Linien nach und wurde erst wieder still, wenn er zu der Stelle direkt über seinem Herzen zurückgekehrt war. Es war unglaublich. Sie war unglaublich. Die Welt war es.
    Sie lagen im Bett. Sie hatten sich geliebt. Und sie hatten sich geliebt, wie sie sich noch nie geliebt hatten. Über das Rechteck der Zimmerdecke wehten zarte Schatten hin und her, her und hin. Durch das Fenster drang das Wassergeplätscher des Kanals. Was sollte er noch denken? Was ließ sich in Worten ausdrücken? Diese unwirkliche Liebe war der gute Teil des Traums gewesen. Er überdeckte den anderen …
    E S IST NICHT WAHR , R IO … K ANN GAR NICHT WAHR SEIN !
    Natürlich nicht, dachte er, du bist bloß in den verkehrten Traum geraten. Wie soll das, was da abläuft, dir

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