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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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Hygiene war eindeutig Teil der Strategie.
    Im Grunde ist der Job an der Handgepäckkontrolle ein ständiges Proberiechen. Da fragt man schon mal: » Das riecht aber gut, was ist denn das?« Und man kriegt mit, worin der Unterschied zwischen billig und teuer besteht. Denn tatsächlich riechen einige Billigdüfte gar nicht übel, aber eben nur anfangs. Die Frage ist, wie bewähren die sich im Alltag, und viele davon kippen nach einer oder zwei Stunden ins Gruselige. Anfangs riecht man wie die wandelnde Waldfee und zwei Stunden später wie ein exklusiver Mix aus Tannennadel und Buttersäure. Und den Moment des Kippens kriegt man mit der Zeit auch ganz gut raus.
    Es ist dabei ziemlich interessant, wohin genau diese Düfte nach einiger Zeit kippen. Erstaunlich viele ins Mottenkugelige, da muss man aufpassen, weil man dann riecht wie sein eigener Großvater. Es gibt zwei Gegenden in der Welt, in denen wird noch richtig gemottenkugelt wie zu Großmutters Zeiten. Ich kenne den Geruch von meiner Oma mütterlicherseits, die war Flüchtling aus Ostpreußen, die hatte einen Kleiderschrank, da war dieser Geruch unauslöschlich drin. Aber damals hat man so weltweit die Motten bekämpft. Inzwischen macht man es– von den Passagieren her gesehen– nur noch in Indien und der Türkei so. Nicht bei den Jüngeren, aber so ab fünfzig aufwärts, das sind Wolken, da schwörst du, du bist in Omas Schrank. Warum das so ist, kann ich nicht erklären, Motten gibt es ja in jedem Land, und die meisten Nationen haben inzwischen in ihren Mottenbekämpfungslabors geruchsneutrale Alternativen entwickelt. Aber denen trauen die Inder und die Türken vielleicht nicht. Oder sie brauchen die gesammelten Weltrestbestände auf, die sie günstig ersteigert haben. Zu sparen brauchen sie jedenfalls damit nicht– der Geruch ist nie mild oder leicht vorhanden, das sind immer derartige Schwaden, dass man denkt, die haben auf jede einzelne Motte eine Kugel gelegt. Oder der Schutz der Klamotten funktioniert so, dass man einfach jedes Kleidungsstück unter zwei Zentnern Mottenkugeln beerdigt, weil man davon ausgeht, dass die gemeine Kleidermotte üblicherweise keine Schaufel dabeihat.
    Ich frage mich manchmal, ob man so was überhaupt sagen darf: Die Türken riechen leicht mal nach Mottenkugeln. Oder die Inder. Ist ja sehr verallgemeinernd. Aber es ist natürlich so, dass bestimmte Bräuche ihre Spuren hinterlassen. Japaner und Thailänder sind im Allgemeinen sehr gepflegt, die haben diese Badetradition. Nicht dass die alle dauernd baden, aber sie haben so diese generelle Vorstellung, eine Art Leitkultur, die sich gewaschen hat. Die schwitzen auch, klar, aber das ist ja nicht schlimm. Schweiß an sich riecht nach nichts. Schweiß plus Bakterien plus Zeit, das ist die unangenehme Rechnung, und wenn man morgens geduscht hat, sind bei den meisten Leuten auch noch nach zwölf bis notfalls sogar zwanzig Stunden nicht so furchtbar viele Bakterien unterwegs. Die Chinesen haben diese Leitkultur nicht, keine Ahnung, warum. Die haben oft noch elegantere Sachen an als die Japaner, und da gibt’s ein Knoblauchproblem aus allen Poren, da dreht’s einen. Und ich rede hier nicht von den armen Chinesen, weil man am Frankfurter Flughafen zu 95 Prozent gar keinen armen Chinesen begegnet, man begegnet denen mit reichlich Geld, die tragen Boss, die tragen Lagerfeld, aber das schützt nicht vor Körpergeruch. Manchmal scheint der Geruch auch regelrecht mit der Religion einherzugehen.
    Moslems haben meistens saubere Füße. Das ist so, weil ihnen die Religion eigentlich vor dem Besuch einer Moschee das Füßewaschen vorschreibt. Und wer mal eine große Moschee besucht, der wird da regelrechte Fußwaschanlagen finden, das ist mal eine deutlich breiter und nachhaltiger angelegte Aktion als die Sache mit dem Papst, der am Gründonnerstag zwölf Gläubigen die Füße wäscht und dann war’s das wieder fürs Kirchenjahr. Orthodoxe Juden hingegen sind meiner Erfahrung nach aus unerfindlichen Gründen eine sichere Adresse für uralten, penetranten Schweißgeruch. Ein Grund dafür ist sicher, dass sie unter ihren Mänteln und Anzügen häufig unglaublich dick angezogen sind, gerne lange Unterwäsche tragen, mitunter in mehreren Schichten oder wattiert, selbst im Hochsommer. Vielleicht hängt der Mief auch nur in der Kleidung– die Hemden unter den ganzen Schichten sind oft so elfenbeinfarben, dass ich manchmal nicht mehr sicher bin, ob die ursprünglich wirklich mal weiß waren. Aber

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