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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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ja manches Terminal günstiger und manches weniger günstig, und am günstigsten liegt Terminal 1, Gate C1. Da freut sich der Passagier, weil er von der S-Bahn praktisch ganz nahe zum Gate hingefahren wird. Und da freut sich natürlich auch der Luftsicherheitsassistent, weil er nach Feierabend praktisch direkt in seine S-Bahn einsteigen kann. Es freut sich aber nur der unerfahrene Luftsicherheitsassistent, weil bereits der nur zwei Wochen erfahrenere Luftsicherheitsassistent weiß: Aus diesem superpraktischen, stinknormalen Zugang darf er nicht raus. Er muss hinten herumgehen. Und das klingt kürzer, als es ist.
    » Hinten herum« geht so: Erst spaziert man hinter der Kontrollstelle weiter bis zur Rolltreppe. Dann fährt man mit der Rolltreppe ins Tiefgeschoss, zur Kofferausgabe. Dann läuft man durch die ganze Kofferausgabe, was überraschend schnell geht, weil da nur sieben oder acht von diesen Rollbandanlagen sind, also, wenn die gerade nicht alle voller Leute stehen, ist man in fünf Minuten durch, mit Pech können’s freilich auch zehn werden. Dann geht man durch den Zoll hinaus in den offenen Bereich der Tiefebene, dorthin, wo die ganzen anderen Leute auch sind. Danach fährt man mit der Rolltreppe zwei Etagen nach oben, übers Erdgeschoss hinaus und hinauf in den ersten Stock. Dort läuft man dann seinen ganzen unterirdischen Weg wieder zurück, und zwar selbst, weil es da keine Laufbänder gibt. Tja, und dann ist man ungefähr da, wo man vorher auch war, und kann seinen Kollegen von der anderen Seite der Stoffabsperrung aus zuwinken.
    Der Weg zum Personalausgang lässt sich auch gut mit drei Sätzen aus dem Reifeprozess des unerfahrenen Kollegen beschreiben. Den ersten Satz sagt er, wenn man ihm das erste Mal mitteilt, dass er zur S-Bahn nicht einfach vorne raus darf.
    Der Satz lautet: » Na, wenn ihr meint.«
    Und der zweite Satz lautet: » Haben die noch alle Tassen im Schrank?«
    Den sagt der Kollege nämlich, sobald er bei seinem S-Bahnsteig rauskommt, auf seine Uhr guckt und feststellt, dass er rund zwanzig Minuten unterwegs war. Denn der Frankfurter Flughafen ist groß, und die Wege sind bisweilen schier endlos.
    Dann dauert es einen kurzen Moment, bis dem jungen Kollegen dämmert, dass er diesen Weg nicht nur zu seiner S-Bahn gehen muss. Sondern auch, wenn er mal zwischendurch beim Bäcker in der Abflughalle eine Nussschnecke möchte, eine Tasse Kaffee, beim Metzger eine Bockwurst oder nur einen Kaugummi vom Zeitungskiosk.
    Gelegentlich, spätabends, wenn der Flughafen etwas leerer ist, hörte man von irgendwoher einen langgezogenen, gequälten Aufschrei. Den muss man sich ungefähr so vorstellen wie den von Luke Skywalker, wenn er erfährt, dass Darth Vader sein Vater ist:
    » Neiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin!!!!«
    Das konnte je nach Charakter auch leicht ins Schluchzende hineinspielen. Die Kollegen, die das hörten, wussten dann: Da hat wieder einer von uns das erste Mal gemerkt, wie lange künftig der Weg zu einer Bockwurst ist. Wir sahen uns dann mitfühlend an, und man konnte in unseren Gesichtern sehen, wie wir stumm mitzählten: » Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig…«
    So lange dauert es dann noch, bis Satz drei kommt:
    » Haben die __________ noch alle Tassen im Schrank?!?!?«
    In die Lücke packt dann jeder rein, was er möchte, vorzugsweise » Arschlöcher« und » Schwachköpfe«, aber der Fantasie sind in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung natürlich keine Grenzen gesetzt.
    Nun gibt es ja viele Vorschriften auf der Welt, und wenn man die alle befolgen würde, käme man morgens überhaupt nicht aus dem Bett. Aber der Unterschied bei dieser Vorschrift ist: Sie wird überwacht. Und zwar streng. Ich erinnere mich noch an das erste Mal, als ich plötzlich Lust auf eine Nussschnecke bekam. Es war nichts los, klar, ich würde mir ja nicht im dicksten Stress und Massenandrang was zu essen holen. Und ich wollte gerade raus, als mich der Einsatzleiter aufhielt.
    » Wo gehst du denn hin?«
    » Ich hol’ mir ’ne Nussschnecke. Soll ich dir was mitbringen?«
    Da setzte er ein ganz ernstes Gesicht auf, und sagte:
    » Das darfst du nicht!«
    Mit einem Tonfall, als würde er sagen: » Achim, du musst jetzt ganz stark sein: Deine Tante Guste ist gestorben.« Damit ich merke, dass das kein Flachs ist, sondern richtig ernst.
    » Wieso sollte ich das nicht dürfen?«
    » Anordnung von oben. Du musst hintenherum

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