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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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gut Deutsch– völlig am Arsch vorbei. Aber das sah der Mann in dem Moment nicht so. Ein Vorhang hätte daran etwas geändert.
    Mit Vorhang kein Auftritt.
    Ohne Auftritt keine Sorgen ums Auftreten.
    Ohne Sorge ums Auftreten– sind alle entspannt.
    Wie beim Arzt.
    Ich kenne keinen Arzt, der dauernd erzählt, dass sich seine Patienten irgendwie herabgesetzt fühlen würden. Der Patient kommt rein, und was dann passiert, bleibt zwischen Arzt und Patient. Beim Arzt ist garantiert auch der kleine Palästinenser ganz relaxed. Ungünstig ist nur, dass man in Sicherheitsbereichen nicht jedem sein Untersuchungszimmer zur Verfügung stellen kann. Weshalb man es bei uns an der Kontrollstelle wohl in Kauf nehmen muss, dass sich manche Leute hin und wieder auf den Schlips getreten fühlen.
    Aber eins möchte ich bei der Gelegenheit schon sagen: Manchmal sieht man hinter kleinen Dingen ein bisschen von den großen Zusammenhängen. Man kann zum Beispiel an den Blicken und am Unwohlbefinden vieler orientalischer Reisender ziemlich gut nachvollziehen, wie sich die Bevölkerung in Afghanistan oder im Irak fühlt. Denn im Grunde, denke ich manchmal, machen die westlichen Soldaten den ganzen Tag dort nichts anderes als eine 24-Stunden-Handgepäckkontrolle, bei der der versammelte Orient ganz genau zuguckt. Und selbst die, die nicht kontrolliert werden, denken sich dabei: Frechheit, so kann man das doch nicht machen. Was vermutlich mit einer der Gründe ist, warum die Araber und Iraner und Afghanen und Pakistaner alle so sauer sind. Die denken nämlich wie der kleine Palästinenser. Und während sich der kleine Palästinenser immerhin noch sagen kann: » Na ja, ich bin ja selbst schuld, ich will ja unbedingt mitfliegen«, sind keineswegs alle Araber selbst schuld, dass fremde Leute sie in ihrem Land betatschen. Das macht die Sache so gefährlich.
    Und da hilft es wahrscheinlich ziemlich wenig, dass die Amerikaner mit Barack Obama 2009 den Kapitän ihres Traumschiffs nach Kairo geschickt haben– die Araber sind halt keine Deutschen.

100 Milliliter
    Der Wahnsinn begann, als ich aus meinem ersten Urlaub kam, 2006. Ich landete im reinsten Irrenhaus. Passagiere befanden sich in Scharen am Rande des Nervenzusammenbruchs, die Mitarbeiter waren völlig aufgelöst, neben den Kontrollstellen standen zwei neue Gegenstände: riesige Mülltonnen und jede Menge Kartons voller kleiner Plastiktüten. Und der Einsatzleiter sagte:
    » Ouh, stimmt, Mensch, Achim, komm mal her, ich muss dich da noch schnell einarbeiten.«
    Da hatten sie die Sache mit den Flüssigkeiten ausgeknobelt.
    In London Heathrow war ein Terroranschlag aufgeflogen. Die Terroristen hatten mit Wasserstoffperoxid in Plastikflaschen mehrere Flugzeuge sprengen wollen. Wasserstoffperoxid ist durchsichtig, sie wollten noch Farbe dazumixen, damit das Ganze aussieht wie ein Fitnessdrink. Zünden wollten sie die Flaschen mit Batterien. Geklappt hat es nicht, aber damit das künftig auch garantiert nicht mehr vorkommt, hatte man sich eine Regelung ausgedacht. Und ab sofort herrschte am Flughafen das Chaos.
    Die Regel besagte– und besagt noch heute–, dass man kein Gefäß mehr mitnehmen durfte, das mehr Inhalt fasste als 100 Milliliter. Davon durfte man höchstens zehn Stück bei sich haben. Und die mussten in eine durchsichtige, wiederverschließbare Plastiktüte, die nur einen Liter Inhalt haben durfte, was die erste Regel schon mal komplett ad absurdum führte. Um in diese Tüten einen Liter zu packen, hätte der Liter selbst so flexibel in Folie eingeschweißt sein müssen wie ein Ketchuptütchen von McDonald’s oder ganz früher mal die H-Milch. Ansonsten war die Tüte schon überfordert, wenn man mehr reinpacken wollte als einen Deoroller, ein kantiges Duschbad und eine Tube Zahnpasta.
    Man muss wirklich mal versuchen, einem geistig gesunden Menschen, der dringend zu seinem Flugzeug will, zu erklären, dass heute nicht mehr gilt, was gestern noch möglich war. Dass er ab sofort nur zehn winzige Behälter mitnehmen darf. Und wenn er es denn geschafft hat, sagen Sie ihm, dass er die Behälter in eine Tüte pressen soll, die ungefähr so groß ist wie die Papierschiffchen auf dem Kopf der Praktikanten an der nächsten Frittenbude. Da muss man schon sehr vorsichtig mit dem Erklären sein, denn wenn der Passagier ein psychiatrischer Gutachter ist, kann es leicht vorkommen, dass er einen einweisen lässt.
    In weiser Voraussicht hatte man von dem Unfug vorher niemandem etwas gesagt. Was

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