"Die Bombe is' eh im Koffer"
wunderschöne Sprengsätze zusammengemixt. Damit konnte man zwar keine Kriege gewinnen, aber wenn das Zeug hochging, war es trotzdem besser, man hatte einen Helm auf oder wenigstens den Kopf in Deckung. Man braucht zu alldem vielleicht mehr Zeit, als man auf Inlandsflügen zur Verfügung hat. Aber niemand hat so viel Zeit wie ein Terrorist. Der überlegt nämlich vorher wochenlang, monatelang, jahrelang, was er so alles womit zusammenrühren könnte. Wie gesagt: Notfalls mixt er sich die Paste einfach selbst zurecht, füllt sie in eine Zahnpastatube und kneift hinten den Falz wieder zu. Wenn er das Zeug selbst zusammengequirlt hat, kommt er damit womöglich sogar beim EGIS -Test durch, denn EGIS reagiert nur auf konventionelle Sprengstoffe wie Dynamit, Semtex, TNT , C4, Nitroglyzerin. Bei uns fliegt der Herr Terrorist mit seiner Bombe nur dann auf, wenn er so dämlich ist, eine Tube zu nehmen, die größer ist als 100 Milliliter.
Jedes Mal, wenn ich einen Bericht über ein Attentat im Fernsehen sah, dachte ich bei mir: Jungejunge, da kommt morgen sicher ein Haufen neuer Regelungen auf dich zu.
Und jedes Mal lag ich falsch. Unter den Kollegen war so was schon Thema, aber auf unsere Arbeit hatte das praktisch keine Auswirkung. Nach der Sache mit den Anschlägen auf die spanischen Züge zum Beispiel hatte ich eigentlich mit lauter Änderungen gerechnet. War aber nicht so. Wir saßen morgens in der Einsatzbesprechung, und dann hieß es: Der tut dies, jener tut das, alles klar.
» Und was ist mit dem Attentat?«, hab ich dann mal gefragt.
» Was soll damit sein?«
» Na, hat das irgendwelche Auswirkungen auf uns…?«
» Davon weiß ich nichts.«
Und das wundert mich nicht.
Denn was wir machen, ist keine Kontrolle, sondern ein Kompromiss. Und wir kontrollieren nicht immer gleich.
Auch das ist kein Geheimnis. Wenn wir vor Flügen in die USA die Kontrollen übernehmen, kontrollieren wir selbstverständlich so, wie die Vereinigten Staaten das vorschreiben. Und das ist ein ganz anderes Kaliber. In Deutschland machen wir Stichproben, auch wenn wir auf dem Monitor nichts Verdächtiges sehen: Wir untersuchen jedes zehnte Gepäckstück. Die Amerikaner machen das genauso, aber die checken jedes zweite Gepäckstück, auch ohne irgendeinen besonderen Anlass. Da ist schon das Risiko ganz anders, erwischt zu werden. Und da versuche ich als Terrorist bestimmte Sachen erst gar nicht, weil ich davon ausgehen kann, dass von meiner Truppe nach der Kontrolle höchstens noch die Hälfte der Leute da ist. Den EGIS -Test, der nach Sprengstoff sucht, den setzen wir nur bei einem konkreten Verdacht ein. Die Amerikaner checken damit jeden dritten Passagier, und da ist denen völlig egal, ob das eine neunzigjährige Frau ist, ein gehbehinderter Mann oder ein Säugling. Das mag nicht sonderlich sensibel sein, auch nicht besonders einfallsreich, aber es ist konsequent, und die Amerikaner ziehen das seit dem 11. September durch. Bei uns hingegen ändert sich einiges alle nasenlang. Die Gürtelhandhabung zum Beispiel.
Eine Zeit lang musste man den mal ausziehen, dann reichte es wiederum, wenn man ihn öffnete. Die Schuhe musste man ausziehen, dann wieder sollte es reichen, wenn der Passagier das Bein nach hinten anwinkelt und der Luftassi den Huf mit der Handsonde checkt. Die Beschwerden der Vielflieger sanken, dafür kippten uns bei der ungewohnten Gymnastik reihenweise die Großmütter um. Und die Passagiere sahen uns an, als würden wir jeden Morgen auswürfeln, was wir heute wohl wieder Lustiges von ihnen verlangen. Derzeit wird der Gürtel übrigens ausgezogen, aber das kann sich übermorgen schon wieder geändert haben. Denn der Schwachsinn hat Methode.
Die Frage ist ja: Warum kontrollieren wir hier so und dort anders? Liegt es am Geld? Nein. Etwa sechs Euro bezahlt jeder Flugreisende an Sicherheitsgebühren. Allein von der Arbeitszeit her hätte er bei unseren Stundenlöhnen ein Anrecht auf eine fünfunddreißigminütige Privataudienz bei seinem persönlichen Luftsicherheitsassistenten, wir könnten ihn nicht nur nach seinem Reiseziel und seinem Kofferinhalt fragen, sondern auch nach dem Wohlergehen seiner Familie und der Zufriedenheit mit dem Abschneiden der Frankfurter Eintracht in den Heimspielen seit Einführung der Bundesliga 1963. Diese Audienz wird er aber nie bekommen. Denn die Kontrollen sind an den meisten deutschen Flughäfen eben auch eine Komfort- und Zeitfrage.
Die Kontrollen schreibt das Luftsicherheitsgesetz vor. Ob
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