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Die Bourne-Identität

Titel: Die Bourne-Identität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Cain.
    Bourne schätzte die Distanz und die Hindernisse ab. Er war höchstens vierzig Fuß vom hinteren Teil des Gebäudes entfernt, zehn oder zwölf Fuß unter dem Geländer, das die Terrasse umlief. In der Außenwand gab es zwei Lüftungsschlitze, aus denen jetzt Dampf strömte, und daneben ein Ablaufrohr, das von dem Geländer aus zu erreichen war. Wenn es ihm gelang, am Rohr nach oben zu klettern und sich dann irgendwie am unteren Lüftungsschlitz festzuhalten, würde er das Geländer packen und sich zur Terrasse hinaufziehen können. Aber es ging nicht, solange er den Mantel trug. Er zog ihn aus, legte ihn auf den Boden, den weichkrempigen Hut darauf und bedeckte beides mit Ästen und Zweigen. Dann ging er bis zum Rand des Wäldchens und rannte so leise wie möglich quer über die Kiesfläche auf das Abflußrohr zu.
    Im Schatten zerrte er probeweise an dem gerippten Metall; es war fest im Boden verankert. Er streckte die Arme so hoch er konnte und sprang dann in die Höhe, packte das Rohr, drückte die Füße gegen die Wand, schob einen über den anderen, bis sein linker Fuß parallel zu der ersten Lüftungsöffnung stand. Er hielt sich fest, schob seinen Fuß in die Vertiefung und arbeitete sich ein Stück weiter an der Röhre nach oben. Jetzt war er noch achtzehn Zoll vom Geländer entfernt; wenn er sich kräftig von der Vertiefung in der Mauer abstieß, würde er die unterste Sprosse erreichen.
    Eine Tür flog krachend unter ihm auf; weißes Licht ergoß sich über die Kiesfläche, reichte bis zu den Bäumen. Eine Gestalt torkelte heraus, hatte Mühe, ihr Gleichgewicht zu halten, und dicht hinter ihr kam der Koch mit seiner weißen Mütze und schrie:
    »Verdammter Scheißkerl! Besoffen bist du, das sag ich dir! Die ganze Nacht warst du schon besoffen! Backwerk überall am Boden. Zum Kotzen sieht das aus. Hau ab, keinen Sou bekommst du!«
    Die Türe wurde zugeschlagen, und das Geräusch des Riegels klang endgültig. Jason hielt sich an der Regenrinne fest, seine Arme und Gelenke schmerzten, und auf der Stirn brach ihm der Schweiß in Strömen aus. Der Mann unter ihm taumelte rückwärts, machte mit der rechten Hand eine obszöne Handbewegung für den Koch, der freilich bereits nicht mehr zu sehen war. Seine glasigen Augen wanderten an der Mauer nach oben, erreichten schließlich Bournes Gesicht. Jason hielt den Atem an, als ihre Augen sich begegneten; der Mann starrte ihn an, blinzelte dann und starrte erneut. Er schüttelte den Kopf, schloß die Augen, öffnete sie dann wieder weit; ungläubiges Staunen lag in seinem Blick. Er ging rückwärts, torkelte, wäre beinahe ausgeglitten und beschleunigte dann seine Schritte, wandte sich um, war offensichtlich zu dem Schluß gelangt, daß er einer optischen Täuschung erlegen war, und torkelte um die Ecke. Ein Mann, der mit sich jetzt wieder im Gleichgewicht war, weil er das Verrückte, das seinen Blick verwirrt hatte, von sich gewiesen hatte.
    Bourne atmete auf, ließ sich erleichtert gegen die Wand sinken.
    Aber nur einen Augenblick lang; der Schmerz an seinem Fußgelenk war zum Fuß hinuntergewandert, erzeugte dort jetzt einen Krampf. Er machte einen Satz nach oben, packte die Eisenstange, mit der das Geländer begann, mit der rechten Hand und ließ mit der Linken die Dachrinne los. Er drückte die Knie gegen die Schindeln und zog sich langsam an der Mauer nach oben, bis sein Kopf über den Terrassenrand blickte. Sie war verlassen. Jetzt schwang er das rechte Bein auf den Sims, und seine rechte Hand griff nach der Brüstung; er gewann sein Gleichgewicht und schwang sich darüber.
    Er befand sich jetzt auf einer Terrasse, die in den Frühlings- und Sommermonaten zum Essen benutzt wurde, der mit Kacheln bedeckte Boden bot leicht zehn bis fünfzehn Tischen Platz. In der Mitte der Mauer, die den umbauten Teil von der Terrasse trennte, befand sich die breite Doppeltüre, die er von dem Wäldchen aus gesehen hatte. Die Leute drinnen waren jetzt reglos, standen still, und Jason fragte sich einen Augenblick lang, ob irgendwo ein Alarm ausgelöst worden war - und sie vielleicht auf ihn warteten. Er stand völlig reglos, die Hand an der Waffe; nichts geschah. Er ging auf die Mauer zu, hielt sich im Schatten. Dort angelangt, drückte er sich gegen die Holzvertäfelung und näherte sich der ersten Tür, bis seine Finger den Türrahmen berührten. Zentimeter für Zentimeter kam er der Glasscheibe näher und sah endlich hinein.
    Was er drinnen sah, faszinierte ihn, wirkte fast

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