Die Bourne-Identität
einen Vorstoß, er würde sich nicht täuschen lassen.
»Im Restaurant soeben sagten Sie, daß Frankreich niemandes Lakai sein sollte. Aber ein General von Frankreich hat sich zum Lakai degradieren lassen. General André Villiers ist der Bote für Carlos, ist der Kontaktmann von Carlos, ist der Soldat von Carlos, ist der Lakai von Carlos.«
Die wütenden Augen weiteten sich, aber nicht so, wie Jason das erwartet hatte. In die Wut mischte sich plötzlich Haß, nicht Schock, nicht Hysterie, sondern tiefer, kompromißloser Abscheu. Villiers Handrücken schoß hoch, beschrieb einen Bogen, klatschte in Bournes Gesicht, ein scharfer, schmerzhafter Laut. Und dann folgte ein weiterer Schlag mit der Handfläche, brutal, beleidigend, so kräftig, daß Jason zurückfuhr. Der alte Mann rückte nach, der Lauf der Waffe hielt ihn auf, aber er hatte keine Angst, sie bereitete ihm keinen Schrecken, ihn beherrschte nur der Drang, den anderen zu bestrafen. Die Schläge folgten dicht aufeinander, ein Besessener schlug hier zu.
»Schwein!« schrie Villiers. »Schmutziges, widerliches Schwein! Abschaum!«
»Ich schieße! Ich töte Sie! Aufhören!« Aber Bourne konnte den Abzug nicht betätigen. Er fühlte sich mit dem Rücken gegen den kleinen Wagen gedrängt, die Schultern gegen das Dach gepreßt. Und der alte Mann griff immer noch an, seine Hände flogen, schwangen, schmetterten ihm ins Gesicht.
»Töten Sie mich, wenn Sie es können - wenn Sie es
wagen! Dreckskerl!«
Jason warf die Waffe weg und hob die Arme, um Villiers Angriff aufzuhalten. Seine linke Hand schoß vor, packte das rechte Handgelenk des alten Mannes, dann sein linkes, umklammerte den linken Unterarm, der wie ein Schwert herunterfuhr. Er drehte beide kräftig herum, zwang damit Villiers zu sich heran, zwang den alten Soldaten, reglos zu stehen, so daß ihre Gesichter nur ein paar Zoll voneinander entfernt waren, und der Brustkasten des alten Mannes sich hob und senkte, vor Empörung.
»Wollen Sie mir vielleicht sagen, daß Sie nicht Carlos' Mann sind? Leugnen Sie es?«
Villiers warf sich vor, versuchte, Bournes Griff zu brechen, und sein mächtiger Brustkasten stieß gegen Jason. »Ich verabscheue Sie! Sie Bestie!«
» Verdammt - ja oder nein?«
Der alte Mann spuckte Bourne ins Gesicht, und das Feuer in seinen Augen war jetzt erloschen, Tränen standen in ihnen. »Carlos hat meinen Sohn getötet«, sagte er im Flüsterton. »Meinen einzigen Sohn hat er in der Rue du Bac getötet. Fünf Stangen Dynamit haben das Leben meines Sohnes auf der Rue du Bac beendet! «
Jason lockerte langsam den Druck seiner Finger. Schwer atmend sprach er, so leise er das konnte.
»Fahren Sie Ihren Wagen ins Feld und bleiben Sie dort. Wir müssen miteinander reden, General. Etwas ist geschehen, wovon Sie nichts wissen. Wir sollten besser beide mehr darüber erfahren.«
»Nie! Unmöglich! Das kann es nicht geben!«
»Das gibt es«, sagte Bourne, der vorne neben Villiers saß.
»Dann ist ein schrecklicher Fehler begangen worden! Sie wissen nicht, was Sie sagen!«
»Kein Fehler - und ich weiß, was ich sage, weil ich die Nummer selbst gefunden habe. Es ist nicht nur die richtige Nummer, es ist auch eine ausgezeichnete Deckung. Niemand, der im Besitz seines Verstandes ist, würde Sie mit Carlos in Verbindung bringen. Besonders angesichts des Todes Ihres Sohnes. Ist es allgemein bekannt, daß er von Carlos getötet wurde?«
»Können Sie sich etwas deutlicher ausdrücken, Monsieur.«
»Entschuldigung. Bitte, beantworten Sie meine Frage.«
»Allgemein bekannt? Was die Sûreté angeht, eindeutig ja.
Was die militärische Abwehr und Interpol betrifft, ganz bestimmt. Ich habe die Berichte gelesen.«
»Was stand in ihnen?«
»Man vermutete, daß Carlos seinen Freunden aus den Tagen der Radikalen einen Gefallen tat. Bis zu dem Punkt, da er insgeheim zuließ, daß sie die Verantwortung für die Tat auf sich nahmen. Sie hatten politische Motive, müssen Sie wissen. Mein Sohn war ein Opfer, ein Exempel für andere, die sich gegen die Fanatiker stellten.«
»Fanatiker?«
»Die Extremisten bildeten eine falsche Koalition mit den Sozialisten und machten Versprechungen, die sie nie zu halten beabsichtigten. Mein Sohn erkannte das, deckte es auf und forderte neue Gesetze, um das Bündnis zu blockieren. Dafür hat man ihn getötet.«
»Haben Sie deshalb Ihren Abschied aus der Armee genommen und sich zur Wahl gestellt?«
»Mit ganzem Herzen. Üblicherweise führt der Sohn das Werk des
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