Die Bourne Intrige
geschlossen hatte und im Flur verschwand, wandte sich Herrera an Bourne und sagte mit leiser, aber sehr ernster Stimme: »Trauen Sie ihr?«
Harvey Korman hatte gerade in sein fade schmeckendes Brötchen mit Roastbeef und Havarti-Käse gebissen, als er zu seinem Erstaunen Moira Trevor und Humphry Bamber ohne seinen Partner Simon Herren aus dem Krankenhaus kommen sah. Korman warf einen Zwanziger auf den Tisch, stand auf, schlüpfte in seine gefütterte Jacke und trat durch die Eingangstür des Cafés hinaus, das fast genau gegenüber dem Haupteingang des Krankenhauses lag.
Es war nicht ungünstig, dass Korman klein und etwas rundlich war, mit dicken Wangen und wenig Haaren, so dass er mehr wie der Schauspieler Tim Conway aussah als der Schauspieler, mit dem er den Namen teilte. Mit seinem unauffälligen Äußeren hätte ihn niemand für einen privaten Spion, geschweige denn für einen Angehörigen von Black River gehalten.
Verdammt, was soll das? , dachte er, während er den beiden vorsichtig die Straße hinunter folgte. Wo zum Henker ist Simon? Noah Perlis hatte ihm gesagt, dass diese Trevor gefährlich sei, aber er hatte die Warnung nicht ganz für bare Münze genommen. Nicht dass er oder Simon der Frau je begegnet wären – darum hatte Perlis sie ja auch für diesen Einsatz ausgewählt –, aber jeder bei Black River wusste, dass Perlis eine Schwäche für Moira Trevor hatte, was sein Urteil natürlich trübte. Er hätte nie ihr Führungsoffizier sein dürfen, als sie noch bei Black River war. In Kormans Augen hatte Perlis einige schwere Fehler gemacht, zum Beispiel dass er Veronica Hart als Sündenbock benutzte, damit Trevor es ihm nicht übelnahm, als er sie ganz plötzlich von ihrer Mission abzog.
Aber das war alles Vergangenheit. Korman musste sich auf die Gegenwart konzentrieren. Er bog um die Ecke und sah sich verwirrt um. Bamber und Trevor waren doch nur einen halben Block vor ihm gewesen. Wo zum Henker waren sie hin?
»Hier lang! Schnell!« Moira führte Bamber in das Geschäft für Damenunterwäsche an der Straßenecke. Der Laden hatte zwei Türen, die eine an der New Hampshire Avenue, die andere an der I Street. Sie telefonierte mit ihrem Handy, während sie mit ihm durch das Geschäft ging und durch die andere Tür hinaus auf die New Hampshire Avenue, wo sie in der Menge untertauchten. Fünf Minuten später und vier Blocks weiter hielt das Blue-Top-Taxi an, das Moira bestellt hatte, und sie stiegen rasch ein. Während der Wagen losfuhr, duckte sich Bamber auf seinem Sitz. Bevor sie selbst in Deckung ging, erblickte sie noch den Mann, der ihnen gefolgt war und der komischerweise wie Tim Conway aussah. Sein grimmiges Gesicht hatte jedoch überhaupt nichts Komisches, als er in sein Handy sprach, zweifellos um Noah zu melden, was passiert war.
»Wohin?«, fragte der Taxifahrer.
Moira wurde bewusst, dass sie keine Ahnung hatte, wo sie untertauchen konnte.
»Ich weiß einen Ort«, sagte Bamber zögernd, »dort würden sie uns nicht finden.«
»Sie kennen Noah nicht so wie ich«, erwiderte Moira. »Aber jetzt kennt er Sie besser, als Ihre eigene Mutter Sie kennt.«
»Aber von diesem Haus weiß er nichts«, beharrte Bamber. »Das hat nicht einmal Steve gewusst.«
»Warum sollte ich irgendwem trauen?«, sagte Bourne.
»Weil man in diesem Leben lernen muss, jemandem zu vertrauen. Sonst bringt einen die eigene Paranoia um, und man wünscht sich irgendwann, man wäre tot.« Herrera goss drei Fingerbreit von dem Asombroso-Anejo-Tequila in zwei Gläser und reichte Bourne eines davon. Er nahm einen Schluck, dann sagte er: »Ich jedenfalls traue Frauen nicht, Punkt, aus. Erstens reden sie zu viel, vor allem untereinander.« Er ging zu der Bücherwand hinüber und strich mit den Fingerspitzen über die Buchrücken. »In der Geschichte ist es so oft vorgekommen, dass Männer – vom Bischof bis zum Fürsten – durch Bettgeflüster zugrunde gerichtet wurden.« Er drehte sich um. »So vergrößern Frauen ihre Macht – nicht durch Kämpfen und Töten, wie wir es machen.«
Bourne zuckte mit den Achseln. »Und deshalb trauen Sie Frauen generell nicht?«
»Genau.« Herrera trank seinen Tequila aus. »Diese Miststücke sind die Wurzel allen Übels.«
»Damit bleiben nur noch Sie hier, dem ich vertrauen könnte.« Bourne stellte sein Glas weg, ohne von dem Tequila zu kosten. »Das Problem, Don Herrera, ist, dass Sie sich als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Sie haben mich schon einmal belogen.«
»Und wie
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