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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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viel gefehlt, und Bruder Hilpert wäre dem Drang erlegen, es dem Kalefaktor gleichzutun. Sollten sich doch andere um den Kasus kümmern, weshalb immer nur er? In etwas mehr als anderthalb Jahren hatte er drei Fälle gelöst, einer schwieriger als der andere. Mit Gottes Hilfe, auf dessen Beistand er stets hatte bauen können, war ihm dies zwar gelungen. Zweifelsohne hatte er jedoch Federn gelassen, weit mehr, als er sich hätte vorstellen können.
    Ohne sich dessen bewusst zu sein, hatte sich Bruder Hilpert wieder von der Tür entfernt, und es dauerte nicht lange, bis sich seine Vorbehalte in Luft aufgelöst hatten. Er wusste zwar nicht, was ihn dazu trieb, sich mit dieser Angelegenheit zu befassen, aber da war dieser Drang, der sich seiner all die Male zuvor bemächtigt hatte. Der Drang, dem Bösen die Stirn zu bieten, ihm mit aller Macht entgegenzutreten. Selbst auf die Gefahr hin, dass er dabei unter die Räder geriet.
    Die Laterne bald in der rechten, bald in der linken Hand, tastete sich Bruder Hilpert durch das Halbdunkel voran. Wie viel Zeit inzwischen verstrichen war, wusste er bald nicht mehr. Er wusste nur, dass das letzte Wort in diesem Fall noch nicht gesprochen war und dass er, Hilpert, so leicht nicht aufgeben würde. Obwohl ihm nicht klar war, wonach er eigentlich suchte.
    Eher zufällig denn mit Absicht wandte er sich schließlich wieder dem Leichnam zu. Der Odem des Todes, der ihm entströmte, wehte ihm ins Gesicht, und die stickige Luft tat ein Übriges. Wahrlich, dies hier war die reine Hölle, das Böse zum Greifen nah. Bruder Hilpert schwindelte, und als er sich an der Wand abstützte, fiel der Lichtkegel auf die linke Hand des Bursarius.
    Kurz davor, dem Würgen in seiner Kehle nachzugeben, beugte Bruder Hilpert die Knie, schnappte nach Luft und sah sich die Hand genauer an.
    Und wurde fündig.
    Das Pergamentröllchen, auf das sich sein Augenmerk richtete, ragte nur etwa zwei Zoll aus der geschlossenen Faust hervor. Es war kaum zu erkennen, selbst mithilfe der Laterne. Bruder Hilpert war wie betäubt, und er musste seine ganze Kraft aufbieten, um überhaupt hinsehen zu können. Ganz zu schweigen von der Selbstüberwindung, die er benötigte, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.
    Bis er das Pergamentröllchen zu fassen bekam, verging eine halbe Ewigkeit. Aber dann, sämtlichen Skrupeln zum Trotz, war es geschafft. Ein Ruck, und Bruder Hilpert hielt den Fetzen, auf den drei Buchstaben gekritzelt waren, in der Hand.
    ›EST‹ – blieb die Frage, was sie zu bedeuten hatten.
    Und ob er der Bestie, der er den Kampf angesagt hatte, gewachsen war.

Zur gleichen Zeit
     
    [Hospiz, 12:00 Uhr]
     
     
    Worin geschildert werden soll, auf welcherlei Weise sich Mechthild ihrer Haut zu erwehren versucht.
     
    Verglichen mit daheim war die Kammer, in die Bruder Hilpert sie gebracht hatte, geradezu luxuriös. Dort fand sie eine Bettstatt vor, Säcke mit frischem Stroh, Stühle und sogar eine Waschschüssel. Holzdielen statt festgetretenem Lehm: wirklich nicht zu verachten. Und erst das Fenster mit den Butzenscheiben. Von so etwas konnte sie auf dem Schafhof nur träumen.
    Was es jedoch nicht gab, war ein Türriegel, und je länger ihr die Zeit wurde, umso größer wurde ihre Furcht. Gewiss, da draußen stand ein Laienbruder Wache, nur wozu ihre Widersacher fähig waren, hatten sie ja unter Beweis gestellt. Das halbe Dorf war hinter ihr her, und so schnell, wie Bruder Hilpert ihr hatte glauben machen wollen, würden sie nicht aufgeben. Dafür kannte sie ihre Nachbarn, von denen sie tagein, tagaus drangsaliert worden war, viel zu gut. Sie war und blieb nun einmal eine Außenseiterin. Sämtlichen Versuchen, ihr Los erträglicher zu machen, zum Trotz.
    Das war nicht immer so gewesen, und während Mechthild an ihre Kindheit zurückdachte, verklärte sich ihr Blick. Die Mutter war früh gestorben, doch solange ihr Vater, ein Wollfärber, noch am Leben gewesen war, hatte es weder Zank, Neidhammeleien noch bösartige Gerüchte gegeben. Mit dem Wenigen, was sein Gewerbe abgeworfen hatte, waren sie halbwegs über die Runden gekommen, und wenn der Vater nicht im vorigen Jahr gestorben wäre, hätte es das Kesseltreiben gegen sie wohl nie gegeben.
    Ein hitziger Disput, allem Anschein nach drunten am Tor, ließ Mechthild plötzlich aufhorchen. Da war jemand, der Einlass begehrte, und der Wortwechsel, der sich entspann, hörte sich alles andere als verheißungsvoll an. Nichts Gutes ahnend, öffnete Mechthild das Fenster,

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