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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Oberkante des Triptychons entlangtänzelte, noch bekreuzigt, am heutigen Tage jedoch starrte er sie einfach nur an.
    Die Kreatur, aus deren Rachen eine Schlangenzunge schnellte, war höchstens drei Fuß groß, hatte giftgrüne Augen und die Füße eines Ziegenbocks. Aus ihren Nüstern schoss schwefelgelber Rauch empor, und die spitzen Ohren waren mit Schuppenflechten bedeckt. Alles an ihr war abstoßend, durch und durch diabolisch, verderbt bis ins Mark. »Wie ich höre, hast du uns einen großen Dienst erwiesen«, raunte ihm der Gehörnte amüsiert zu, spreizte seine Schwingen und flatterte auf den gegenüberliegenden Flügel des Altars, auf dem der heilige Bernhard abgebildet war. »Kompliment. Dieser Severus hat es auch nicht anders verdient.«
    Bleich vor Entsetzen, hielt er sich die Ohren zu, doch die Stimme drang mühelos durch seine Handflächen hindurch. Der Schmerz, der sich im gleichen Moment in seine Ohrmuschel bohrte, fühlte sich wie eine glühende Nadel an, und er musste an sich halten, um nicht laut aufzuschreien.
    Das Höllenwesen schnaubte vergnügt. »Warum so schweigsam?«, spottete die Kreatur, während sich ihre Fratze zu einem überheblichen Lächeln verzog. »Nach meinem Dafürhalten kannst du wirklich stolz auf dich sein.«
    Drauf und dran, das Weite zu suchen, blieb er unverrichteter Dinge stehen. Lähmendes Entsetzen ergriff Besitz von ihm, und um der Kreatur nicht ins Gesicht sehen zu müssen, konzentrierte er sich auf den Reliquienschrein.
    Die Reaktion des Gehörnten ließ nicht auf sich warten. »Keine gute Idee!«, zischte er, bar jeder Spöttelei. »Nur keine Bange – das werden wir dir noch austreiben.«
    Gegen seinen Willen, als drücke ihm jemand das Kinn in die Höhe, hob der Mörder von Bruder Severus schließlich den Blick. Und erkannte mit Entsetzen, weshalb der Bocksbeinige die Mehrzahl benutzt hatte.
    Sie kamen aus allen Richtungen, sogar aus den Tiefen unter der Grabplatte, welche sich unmittelbar vor der Altarmensa befand. Sie kamen durch die Totenpforte, hangelten sich von der Decke auf das Chorgestühl und wuselten mit halsbrecherischer Geschwindigkeit die Dormitoriumstreppe hinab. Sie kletterten über die Chorschranke, drängten durch die Mönchspforte, jaulten, kläfften und ließen ein vielstimmiges, infernalisches Triumphgeheul ertönen. Sie waren abstoßend hässlich, widerwärtiger als die Sünde, heimtückischer als der Tod. Der Chor hallte wider von ihrem exstatischen Geschrei, dem Fletschen ihrer Zähne, ihrem infernalischen Jaulen. Es war nicht zum Aushalten, selbst dann, als er vor der Altarmensa niedersank, war das Höllenspektakel ringsum noch nicht zu Ende, und der Gehörnte auf dem Triptychon brach in diabolisches Gelächter aus.
    »Willkommen daheim!«, rief er ihm von oben herab zu, und als der Zusammengesunkene nicht reagierte, stand er auf einmal neben ihm. »Willkommen im Reich der Finsternis.«
    Erst jetzt, als der Tumult jegliche Vorstellungskraft überstieg, tat er das, was er längst hätte tun sollen: Er schrie. Schrie so laut, dass die Kreaturen um ihn herum verblüfft innehielten. Dieser Zustand hielt indes nicht lange an, und während er sich die Seele aus dem Leib brüllte, um sich trat und wie ein Berserker mit den Armen fuchtelte, spotteten die Heerscharen Luzifers seiner, bildeten einen Kreis und vollführten einen Reigen, zu dem der Gehörnte auf der Altarmensa den Takt angab. »Willkommen, Fraticellus!«, wiederholte er, »der du erneut töten wirst.«
    Dann war es auf einmal still und er stürzte in einen endlosen Schlund hinab.
     

Non
     
    [Mönchslatrine, 13:20 h]
     
     
    Worin darüber zu berichten sein wird, wie der Novize Alanus in eine Falle gelockt wird.
     
    »Na – schon fertig? « Beim Klang der Stimme, die er plötzlich vernahm, zuckte Alanus nicht einmal zusammen. Irgendwann, sagte er sich, würde es ja doch geschehen. Ob heute, morgen oder erst in ein paar Tagen, war letztendlich egal.
    Um ihm die angekündigte Lektion zu erteilen, hatten sich seine drei Widersacher etwas einfallen lassen. Der Novize gab ein verächtliches Schnauben von sich. Der Ort, an dem sie ihr Mütchen zu kühlen gedachten, hätte idealer nicht sein können. Bruder Cyprianus war auf dem Weg in die Kirche, Alanus somit ganz auf sich allein gestellt. Und da er am heutigen Tage Latrinendienst hatte, würde ihn sowieso niemand vermissen.
    Zeit genug also, um Vergeltung zu üben, hatten sich die drei Raufbolde wahrscheinlich gedacht. Und vielleicht

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