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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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nicht?«
    »Entschuldige.« Mechthild ließ die Leuchte sinken und starrte ins Leere. »Warum ich mich aus dem Staub gemacht habe, willst du wissen? Weil ich Angst gehabt habe – darum.«
    »Vor was denn?«
    »Du solltest lieber fragen, vor wem.« Ein angewidertes Lächeln im Gesicht, drehte sich Mechthild um. »Schon einmal etwas von einem gewissen Bruder Venantius gehört?«
    Alanus nickte. »Und ob.«
    »Dann weißt du ja, was mir von einem Mann seines Schlages geblüht hätte. Deswegen bin ich weggelaufen. Pech für den Pförtner, dass er im falschen Moment eingenickt ist.«
    Alanus konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, und als sich ihre Blicke trafen, bekam er eine Gänsehaut. »Bruder Thaddäus ist eben nicht mehr der Jüngste«, erwiderte der Novize in dem vergeblichen Bemühen, seine Verlegenheit zu überspielen. »Da muss man etwas nachsichtig sein.«
    Jetzt musste auch Mechthild lächeln, wenngleich mit einer Spur Wehmut. »Recht hast du«, stimmte sie ihm zu und nahm das Innere der Hütte in Augenschein. »Na ja, wenigstens ist es hier trocken.«
    »Bleiben können wir trotzdem nicht.«
    »Was meinst du mit ›wir‹?« Mechthild stellte die Laterne ab und ging auf Alanus zu. »Willst du etwa damit sagen, du …«
    Der Novize schlug die Augen nieder. »Genau.«
    »Das kommt überhaupt nicht infrage!«, entschied die sechzehnjährige Dienstmagd barsch. »Du gehst zurück ins Kloster, tust so, als hättest du mich nicht gefunden und lässt über das, was passiert ist, kein Sterbenswörtlein verlauten. Ich komme sicher zurecht, keine Sorge.«
    »Und Billung?«
    »Von dem hast du nichts zu befürchten, glaub mir. Der wird den Teufel tun und dich verraten. Wenn er wieder zu sich kommt, wird er sich nach Hause schleichen, seine Wunden lecken und ein für alle Mal den Mund halten. Darauf kannst du dich verlassen.«
    »Und wenn nicht?«
    Mechthild trat näher und ließ ihre Hand auf der Schulter des Novizen ruhen. Alanus wurde feuerrot im Gesicht, und wäre das Halbdunkel nicht gewesen, hätte er sich zu Tode geschämt.
    »Nur keine Bange«, redete ihm Mechthild gut zu. »Noch mal traut sich der Feigling nicht an dich heran.«
    »Sicher?«
    »Sicher. Von der Seite droht uns beiden keine …«
    »Und ob sie euch droht.«
    Vor Schreck wie gelähmt, wirbelten Mechthild und Alanus herum, und während Gozbert, Diepold und die übrigen Novizen zur Tür hereindrängten, blieb Billung einfach auf der Schwelle stehen. Aus seiner Kopfwunde sickerte immer noch Blut, und er sah wie das leibhafte Elend aus. Als er Alanus erspäht hatte, hellte sich seine Miene jedoch auf. »Na, wen haben wir denn da«, grunzte er vergnügt, einen mehrere Zoll dicken Knüppel in der Hand. »Welch eine Freude, euch beide wiederzusehen.«

Zur gleichen Zeit
     
    [Kreuzgang, 18:55 h]
     
     
    Worin Bruder Hilpert trotz einer neuerlichen Hiobsbotschaft die Fährte seines Widersachers aufnimmt.
     
    Die Kerze auf dem Sims war fast heruntergebrannt, Bruder Hilpert mutloser denn je. Alles, aber auch alles schien sich gegen ihn verschworen zu haben. Das fing bei Bruder Venantius an und hörte mit Remigius von Otranto, seinem Erzrivalen, auf. Jetzt war guter Rat teuer, und wenn ihm nichts einfiel, würden die beiden obsiegen.
    Während er das unfertige Fenster betrachtete, zogen die letzten Stunden noch einmal an Bruder Hilpert vorbei. ›EST‹ – was hinter den drei Buchstaben steckte, war ihm nach wie vor ein Rätsel. Ein makabrer Scherz, eine verschlüsselte Botschaft oder der Versuch, ihn in die Irre zu führen? Er konnte es beim besten Willen nicht sagen. Genauso wenig, wer verdächtig war und wer nicht. Infrage kam im Grunde fast jeder, vom Laienbruder bis zu den Fratres, mit denen Bruder Severus zu tun gehabt hatte. Oder gab es am Ende überhaupt kein Motiv? War die Tat, die ihn mit tiefem Abscheu erfüllt hatte, etwa aus purer Mordlust begangen worden?
    Das zu glauben fiel ihm allerdings schwer. Nein, hinter dem Kasus steckte ein bis ins Detail ausgeklügelter Plan. Erster Schritt: Der Mörder lauert seinem Opfer vor dem Zubettgehen auf und schlägt ihn nieder. Zweitens: Er schändet seinen Leichnam. Drittens: Er transportiert ihn in die Heizkammer. Ziel: die Beseitigung des Leichnams. Bruder Hilpert legte die Handflächen aneinander und führte sie zum Mund. ›EST‹. Warum dann diese Botschaft, und für wen? Etwa für ihn, um ihn an der Nase herumzuführen? Wenn ja, musste sich der Mörder seiner Sache wirklich sicher gewesen sein.

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