Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
dem Schafhof.«
    »Und besagter Zettel?«
    »Moment.« Der Pförtner kramte zerstreut in seiner Tasche herum. »Hier.«
    Ein Blick genügte, und Bruder Hilperts Mutmaßung sollte sich bestätigen. Auf dem Pergamentröllchen, das ihm der Pförtner in die Hand gedrückt hatte, stand nur ein einziges Wort: ›ULTIO‹ – zu Deutsch ›Rache‹. »Mit Verlaub, Bruder – etwas mehr Licht.« Im Schein der Laterne, mit der ihm der Pförtner bereitwillig assistierte, wirkte Bruder Hilperts Gesicht noch bleicher als sonst, und während er die Rolle begutachtete, seufzte der Bibliothekarius gequält auf. ›Mea est ultio et ego retribuam – mein ist die Rache; ich will vergelten.‹ [35] Drei Worte, eine Botschaft. Die Frage war allerdings, an wen sie gerichtet war. Beziehungsweise was ihr Autor damit bezweckte. Diejenige nach dem Motiv nicht zu vergessen.
    »Dieselbe Schrift, dasselbe Material, dieselbe Tinte«, warf Baldauf mit gedämpfter Stimme ein.
    »Gut beobachtet, junger Freund«, erwiderte Bruder Hilpert und warf dem Studiosus einen anerkennenden Seitenblick zu. » › Mein ist die Rache ‹ – was das Motiv angeht, wissen wir wenigstens Bescheid.«
    »Jedoch nicht, was den Täter betrifft.«
    »Wie gesagt: zumindest nicht mit hundertprozentiger Sicherheit.«
    Baldauf runzelte die Stirn. »Und was habt Ihr jetzt vor?«, fragte er und rückte sich sein Barett zurecht.
    »Was mich betrifft, werde ich um eine Visite auf dem Schafhof wohl nicht herumkommen. In der Hoffnung, dass der Täter die eine oder andere Spur hinterlassen hat. Und dann wäre da natürlich die Frage, auf welche Weise er jene bemitleidenswerte Kreatur vom Leben zum Tode befördert hat. Wie war doch gleich ihr Name?«
    »Els, Bruder«, warf der Pförtner eilfertig ein. »Els Eberhartinger.«
    »Die Frage, was die drei Opfer miteinander verbindet, nicht zu vergessen«, ergänzte der Studiosus in nachdenklichem Ton.
    Der Bibliothekarius steckte die Pergamentrolle ein und klopfte Baldauf anerkennend auf die Schulter. »Hut ab, junger Freund – mit Ausnahme meines Freundes Berengar von Gamburg könnte ich mir keinen besseren Sozius wünschen.«
    »Ihr macht mich verlegen, Bruder.«
    Bruder Hilpert lächelte. »Vorschusslorbeeren, nichts weiter«, räumte er freimütig ein. »Noch sind wir nämlich nicht am Ziel. Will heißen: Ihr, junger Freund, werdet Euch nun in den Sattel schwingen, zum Elfinger Hof reiten und den Nachlass Eures Oheims genauestens unter die Lupe nehmen. Und Euch nach getaner Arbeit baldmöglichst wieder hier einfinden. Wer weiß, vielleicht werdet Ihr auf brauchbare Indizien stoßen.«
    »Wird gemacht, Bruder.«
    »Ond i?«
    »Ihr, Bruder Thaddäus, werdet bis zur Rückkehr unseres jungen Freundes ausnahmsweise einmal auf Eurem Posten bleiben und mir umgehend Bericht erstatten, wenn sich etwas Verdächtiges rührt. Haben wir uns verstanden, Bruder?«
    »Bassd scho, Bruada. I han Nerva wia brode Nuudla.« [36]
    »Das will ich hoffen. Und vor allem: zu niemandem ein Wort, ist das klar?«
    Bruder Thaddäus nickte wie ein artiges Kind.
    »Dann wäre ja alles geklärt«, bilanzierte Bruder Hilpert, rieb sich die Hände und sah seine beiden Mitstreiter erwartungsvoll an. »Und nun, Gefährten – ans Werk!«
     
    *
     
    Die Luft in der Gesindeküche war zum Schneiden dick. In die Ausdünstungen der Gaffer mischte sich der Geruch der Asche, Fackeln und Öllampen, und um zur Toten vorzudringen, musste Bruder Hilpert seine Ellbogen einsetzen. Vom Meier bis zum Hüteknecht waren sämtliche Bewohner versammelt, und das zu vorgerückter Stunde.
    »Gott zum Gruße«, murmelte der Bibliothekarius, als sich die Menschentraube, welche sich um die tote Dienstmagd gebildet hatte, allmählich lichtete. Sie lag immer noch dort, wo sie ihr Leben ausgehaucht hatte, den Blicken der Gaffer schutzlos preisgegeben. Anscheinend hatte es niemand für nötig gehalten, eine Decke über ihr auszubreiten, geschweige denn ihr die Augen zu schließen. Da war etwas, das die Bewohner des Schafhofes auf Distanz gehen ließ, und Bruder Hilpert fragte sich, worin der Grund dafür lag. An sich war ihm Neugierde ein Gräuel, auch und gerade im Umgang mit dem Tod. Da er jedoch auf Mithilfe angewiesen war, verkniff er sich eine diesbezügliche Bemerkung, kniete neben der Toten und schloss ihr die Augen. »Requiescas in pace!« [37] , fügte er geraume Zeit später hinzu, worauf ein eher zögerliches »Amen«erklang.
    »So – und was jetzt?« Es war der Meier, der das

Weitere Kostenlose Bücher