Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
betretene Schweigen brach. Der Tonfall, in dem dies geschah, war barsch und gefühllos, weshalb Bruder Hilpert entrüstet in die Höhe fuhr.
    »Was jetzt, fragt Ihr?«, herrschte er den knapp vierzigjährigen Schlaks mit der zerknitterten Filzkappe an. »Mehr fällt dir zum Tod eines Mitmenschen nicht ein?«
    »Wenn Ihr mich so fragt, Bruder – nein«, gab der Verwalter trotzig zurück, was Bruder Hilpert umso mehr verdross. »Nichts für ungut, Bruder: Das hat natürlich nichts mit Euch zu tun. Ihr habt wenigstens immer etwas für uns übrig gehabt.«
    Und die bemitleidenswerte Kreatur da etwa nicht?, wollte Bruder Hilpert entgegnen, besann sich jedoch eines Besseren und fragte: »Wer von euch hat sie eigentlich gefunden?«
    »Ich«, antwortete ein kleinwüchsiger Knabe von vierzehn Jahren, löste sich aus dem Kreis der Umstehenden und trat vorsichtig auf Bruder Hilpert zu. Für die Tote, die wie ein zusammengekrümmter Fötus am Boden lag, hatte er nicht einmal einen Seitenblick übrig.
    »Dein Name, mein Sohn?«, fragte Bruder Hilpert, ließ sich eine Decke reichen und breitete sie über der Verstorbenen aus. »Nur keine Scheu – von mir hast du nichts zu befürchten.«
    »Lutz«, antwortete der Blondschopf, während seine Augen hin und her irrten. Vor dem Verwalter, der ihn gestreng musterte, schien er einen Heidenrespekt zu haben, wesentlich mehr als vor dem Bibliothekarius.
    »Und weiter?«
    Der Jüngling sah Bruder Hilpert mit großen Augen an. »Lutz«, wiederholte er, als sei dessen Frage vollkommen absurd gewesen. »Einfach nur Lutz.«
    »Ein Findelkind«, ergänzte der Verwalter in geringschätzigem Ton.
    »Und damit ein Kind Gottes«, fuhr ihn Bruder Hilpert vehement an, und ergänzte angesichts der Umstehenden: »Wenn wir gerade dabei sind – würdest du in deiner Eigenschaft als Verwalter freundlicherweise Sorge tragen, dass wir beide hier eine Weile ungestört sind?«
    »Wenn’s sein muss!«, brummte der Meier verstimmt. »Wobei ich mich frage, was es mit diesem Schmalhans Wichtiges zu …«
    »Es muss sein, für den Fall, dass ich mich nicht klar ausgedrückt habe!«, stauchte Bruder Hilpert den Schlaks im grauen Tuch zusammen. »Und damit wir uns von Anbeginn richtig verstehen: Es ist nicht an dir, meine Autorität infrage zu stellen – ist das ein für alle Mal klar?«
    Das Gesicht des Verwalters färbte sich dunkelrot. »Schon gut, schon gut«, murmelte er und bedeutete dem Gesinde, die Küche zu räumen. »Euer Wunsch ist mir Befehl.«
    »Na also«, erwiderte Bruder Hilpert, während sich der Raum allmählich zu leeren begann. »Und nun zu uns beiden, mein Sohn. Wann genau hast du den Leichnam der alten Els entdeckt?«
    »Vor ungefähr einer Stunde.«
    »Wie kommt es, dass ausgerechnet du …«
    »Ich habe gefroren – darum. Deshalb bin ich noch mal runter in die Küche.«
    »Ich verstehe«, antwortete Bruder Hilpert, setzte sich und gab dem Hirtenjungen einen Wink, das Gleiche zu tun. Der blässliche Knabe gehorchte, ließ die Tür allerdings nicht aus den Augen. »Und wo ist dein Domizil?«
    »Drüben im Stall«, antwortete der Knabe und wies mit dem Daumen in die Richtung, wo sich sein Schlafplatz befand. »Bei den Schafen.«
    »Nicht gerade komfortabel, oder?«
    »Nein.«
    Bruder Hilpert gab ein verlegenes Räuspern von sich. »Ist dir im Zusammenhang mit dem Tod der alten Els etwas Besonderes aufgefallen? Eine verdächtige Person etwa oder ein Fremder?«
    »Ein Fremder?«
    »Jemand, der nicht zum Gesinde des Schafhofes gehört, wollte ich sagen.« Bruder Hilpert dämpfte die Stimme und sah den Jüngling eindringlich an. Letzterer wich seinem Blick jedoch aus. »Beispielsweise einer der Fratres.«
    Die Augen weit offen, rang der Hirtenjunge die Hände. »Einer der Fratres?«, wiederholte er irritiert. »Was … was sollte einer der Chormönche mit dem Mord an der alten Els …«
    »Das frage ich dich , mein Sohn.«
    Aus dem Gesicht des Schafhirten, der es beharrlich vermied, Bruder Hilpert in die Augen zu sehen, war jegliche Farbe gewichen, und sein Blick irrte zwischen seinen mit Stofffetzen umwickelten Füßen hin und her. »Keine Ahnung, worauf Ihr hinauswollt, Bruder«, gab er achselzuckend zurück. »Ich kann Euch leider nicht weiterhelfen.«
    »Wie schade.« Bruder Hilpert erhob sich, trat an die Feuerstelle und stocherte mit dem Schürhaken in der erkalteten Asche herum. »Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als dich unter Eid …«
    Der Duft, welcher Bruder Hilpert bewog,

Weitere Kostenlose Bücher