Die Bräute des Satans

war die Reihe an Remigius, theatralisch zu sein. »Wie der Bock die Ziege?«, echote er, dies allerdings auf überzeugendere Art und Weise. »Bist du dir dessen auch sicher, mein Sohn?«
    »Absolut, Eminenz. Bei so was treibt es einem zwar die Schamröte ins Gesicht, doch als Landedelmann weiß man ja wohl, wie das …«
    »Deine Sachkenntnis in allen Ehren – doch ist dir außer jenem fluchwürdigen Habitus noch etwas aufgefallen, das im gegenwärtigen Zusammenhang von Bedeutung sein könnte? So zum Beispiel Zaubersprüche, Fluchformeln oder seltsame …«
    »… Gerüche, meint Ihr?«, biss der Novize bereitwillig auf den Köder an. »Und welche?«
    »Irgendwelche speziellen Düfte, mein Sohn.«
    »Na klar«, ließ Billung mit gönnerhaftem Gestus verlauten. »Wenn das kein Schwefelgeruch war, will ich nicht Billung von Steinsfurt heißen.«
    »Sonst noch was?«
    »Wenn ich’s recht bedenke – ja.«
    »Und das wäre?«
    Der Novize kratzte sich am Kinn. »Ich bin mir nicht sicher, Eminenz«, schob Billung mit unschuldigem Augenaufschlag nach. »Aber wenn mich nicht alles täuscht, waren die beiden nicht allein. Hat sich jedenfalls so angehört.«
    »Nur zu. Ich bin ganz Ohr«, ermunterte ihn der Großinquisitor, mit dem Verlauf des Gespräches sichtlich zufrieden. »Was hast du gesehen – beziehungsweise gehört ?«
    »Ein Lachen.«
    »Wie bitte?«
    »Ein Lachen, dass es mir kalt den Buckel runtergelaufen ist. Und Gozbert und Diepold auch.«
    »Irrtum ausgeschlossen?«
    »Auf jeden Fall, Herr«, bekräftigte Billung mit einer Häme, die zu übertreffen schlichtweg unmöglich war. Vor lauter Vorfreude rieb er sich die Hände und fügte hinzu: »Es war ein Lachen, wie man es sich bei einem braven Christenmenschen überhaupt nicht vorstellen kann.«
    »Was bedeutet?«
    »Was bedeutet, dass es sich nur um den Satan gehandelt haben kann.« Billung griente täppisch in die Runde, der Zustimmung der Anwesenden absolut sicher. Das traf insbesondere auf seine beiden Paladine zu, welche insgeheim amüsierte Blicke wechselten. »Um Luzifer höchstpersönlich.«
    »Fazit?«
    »Die Hure hat Alanus verhext!«, rief Billung mit siegessicherem Lächeln aus. »Und zwar nach Strich und Faden. Dieser Jammerlappen da war wie trunken von ihr.«
    »Danke, von Steinsfurt, das genügt.« Auf dem Höhepunkt seines Triumphes gab sich der Großinquisitor betont kühl. »Wachen – abführen.«
    »Und was wird aus den beiden?«, wollte Billung überflüssigerweise wissen.
    »Nur Geduld, mein Sohn«, erwiderte Remigius ohne mit der Wimper zu zucken. »Schließlich haben die Fratres zu Maulbronn ja noch ein Wörtchen mitzureden.«

Media Noctis [40]
     
    [Spital, 24:00 h]
     
     
    Worin Hieronymus Baldauf in nicht unerheblichem Maße zur Lösung des Kasus beiträgt.
     
    »Deo gratias!« [41] , rief der Infirmarius aus, nachdem er Bruder Hilpert verarztet hatte. »Sieht so aus, als hättet Ihr noch mal Glück gehabt.«
    »Das auf jeden Fall«, pflichtete ihm Bruder Hilpert bei, biss die Zähne zusammen und richtete sich mühsam auf. Sehr zum Missfallen des Infirmarius, der seine Bemühungen mit einem Stirnrunzeln quittierte. »Wenngleich ich ganz schön was abbekommen habe.«
    »Das könnt Ihr laut sagen«, murmelte Marsilius von Paderborn, während er den Verband an der Schulter des Bibliothekarius kontrollierte. Er nahm sich Zeit dafür, obwohl sein Patient kaum zu bremsen war. »Schwer vorstellbar, was passiert wäre, wenn der Schurke besser gezielt hätte. Scheint so, als halte der Herr seine Hand über Euch.«
    »Amen«, vollendete Bruder Hilpert und schwang die Beine über den Rand der Pritsche, auf die er zuvor gebettet worden war. »Wobei zu hoffen bleibt, dass er mir auch weiterhin zur Seite stehen … au! … Tut das aber weh!«
    »Was habt Ihr denn gedacht?« Marsilius von Paderborn konnte sein Missfallen nicht verhehlen. »Da bekommt Ihr ein Messer zwischen die Rippen, springt Gevatter Tod von der Schippe und habt nichts Besseres zu tun, als erneut auf Mörderjagd zu gehen. Reicht die Lektion, die Ihr bekommen habt, etwa nicht aus? Ich will Euch mal was sagen, Bruder: Wenn der junge Herr hier nicht zur Stelle gewesen wäre, könntet Ihr Euch die Kräuterbeete von unten angucken.«
    »Da habt Ihr zweifellos recht, Bruder«, räumte der Bibliothekarius zerknirscht ein und wandte sich Hieronymus Baldauf zu. »Gut gemacht, mein Sohn.«
    Der Studiosus tippte an den Rand seines Baretts und lächelte. »War mir ein Vergnügen, Bruder.