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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Kopf bereits in der Schlinge, doch ehrlich gesagt, traue ich dem Frieden nicht ganz. Bei einem gerissenen Patron wie ihm kann man nicht vorsichtig genug sein, wer weiß, was dieser Besserwisser noch alles ausbrüten wird. Aus diesem Grund, Fraticellus, gilt es, Vorsicht walten zu lassen, und sei es auch nur noch diese eine Nacht. Dann werden wir ihn bloßstellen, vor aller Augen, und zwar so, dass nicht der leiseste Verdacht auf uns fällt.«
    Ein Lachen erklang, wie es schauerlicher nicht hätte sein können, und während dessen Echo von den Wänden widerhallte, schnürte es ihm regelrecht den Atem ab.
    »Wie gesagt, Fraticellus: So kurz vor dem endgültigen Triumph werden wir uns die Butter nicht mehr vom Brot nehmen lassen. Und schon gar nicht durch Hilpert von Maulbronn. Alles, was wir im Grunde tun müssen, ist, die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten. Das Übrige wird dieser Remigius von Otranto erledigen, eitel, wie er nun einmal ist. Welch eine Fügung, dass er genau im richtigen Moment hier aufgekreuzt ist. Sonst hätten wir uns erheblich mehr Kopfzerbrechen machen müssen.«
    »Eure Befehle, Meister?«
    »Das hört man gerne, Fraticellus. Meine Befehle? Du wirst unseren allseits geschätzten Bibliothekarius nicht aus den Augen lassen. Ganz gleich, wohin er geht. Egal, was er tut. Du wirst ihm überallhin folgen, und sei es ins Dormitorium. Zwölf Stunden noch, und der Sieg wird unser sein. Ich verlasse mich auf dich, hörst du?«
    »Ja, Meister. Gewiss doch.«
    »Noch irgendwelche Unklarheiten?«
    »Nun ja, hm …«
    »Was soll das?«, fuhr ihn die Stimme an, deren Klang ihn zu einer Salzsäule erstarren ließ. »Hast du etwa Angst?«
    »Wenn ich ehrlich bin, Meister – ja.«
    »Vor wem denn, zum Teufel noch mal?«
    »Vor Bruder Hilpert, Herr.«
    »Und wieso, wenn man fragen darf?«
    »Kann sein, dass er bereits Verdacht geschöpft hat. Und dann bin ich mir nicht sicher, ob es vorhin auf dem Schafhof keine Zeugen …«
    »Für den Fall, dass du kalte Füße bekommst, Bruder – bedenke, was du mir schuldig bist. Ohne mich, das heißt meinen Schutz und Schirm, wäre es dir längst an den Kragen gegangen. Was, glaubst du, wäre mit dir passiert, wenn der gute alte Severus erfahren hätte, wie viel genau du von den Almosen, Spenden und Opfergaben gelegentlich für dich abgezweigt hast? Für den wäre das ein gefundenes Fressen gewesen. Und wer, bitte schön, hat sich ins Zeug gelegt, damit dieser Moralapostel nichts davon erfährt? Wer hat während all der Jahre seine Hand über dich gehalten? Doch wohl ich, Bruder Elemosinarius, vergiss das nie.«
    »Nein, Meister.«
    »Und deshalb wirst du jetzt genau das tun, worum ich dich gebeten habe. Sonst ist es mit deinem Wohlleben ein für alle Mal vorbei. Habe ich mich klar genug ausgedrückt, Bruder?«
    »Gewiss doch, Herr«, erwiderte Bruder Oswin, machte eine entschuldigende Geste und drehte sich zu seinem Gesprächspartner um.
    Doch der war längst verschwunden, so plötzlich, dass man nicht einmal seine Schritte hörte.

Vor den Vigilien
     
    [Skriptorium, kurz vor Mitternacht]
     
     
    Worin es Bruder Hilpert gelingt, der Aufklärung der Mordserie ein gewaltiges Stück näher zu kommen.
     
    Die Zeit lief ihm davon und mit ihr seine Zuversicht. Bruder Hilpert stellte den Folianten mit der Aufschrift ›ANNO DOMINI 1389‹ wieder ins Regal, wog bedächtig das Haupt und zog den nächsten Band hervor. Auf die Frage, um die seine Gedanken kreisten, hatte er bislang keine Antwort gefunden. Es war die Frage, von der alles abhing, der Schlüssel zur Lösung des Falls. Der Bibliothekarius seufzte gequält. Was in des heiligen Bernhard Namen hatte den Täter veranlasst, Bruder Severus, den Zehntgrafen und Els innerhalb weniger Stunden zu töten? Drei Menschen, wie sie verschiedenartiger nicht hätten sein können? Die sich, wenn überhaupt, nur flüchtig kannten? Und außerdem: Worin lag das Motiv? Für den Fall, dass seine Vermutung zutraf, musste es eines geben. Der Mann, auf den sich sein Verdacht richtete, brachte nicht einfach so drei Leute um. Davon war er felsenfest überzeugt. Um ihn zu überführen, mussten jedoch Beweise her. Und die möglichst schnell. Einen Verdacht zu hegen war nämlich eine Sache, fundierte Belege zu liefern eine andere.
    Auf den ersten Blick brachte der Band mit der Aufschrift ›ANNO DOMINI 1390‹, den Bruder Hilpert im Schein einer Öllampe durchblätterte, keine neuen Erkenntnisse, und so ertappte er sich bei dem Gedanken,

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