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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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das, was im Fiskalbuch des Zehntgrafen stand, jedoch immer noch nicht. Dazu würde er bestimmt noch ein paar Tage brauchen. So er es denn überhaupt je verstehen würde.
    Der Eintrag, den der Zehntgraf gemacht hatte, war ebenso kurz wie aufschlussreich und brachte ihn der Lösung des Kasus ein gewaltiges Stück näher. ›Dreißigster Tag im Monat Mai, Anno Domini 1390‹, stand da zu lesen. ›Prozess gegen Walpurgis Eggingerin, Eheweib des Amalrich Egginger, Knecht auf dem Schafhofe zu Maulbronn. Vorwurf: Teufelsbuhlschaft und Zauberei. Urteil: Verbannung auf Lebenszeit, zu vollziehen innerhalb von vierundzwanzig Stunden.‹ Bruder Hilpert atmete tief durch, fuhr mit dem Handrücken über die Stirn und setzte seine Lektüre fort. Der Infirmarius und Hieronymus Baldauf sahen ihm schweigend zu. ›Zeugin der Anklage: Elisabeth Eberhartinger, genannt Els, sechsundzwanzig Jahre, Dienstmagd ebendaselbst. Weitere Zeugen: Grete, ebenfalls Dienstmagd, und Veronika, genannt › Ziegen-Vroni‹. Ankläger: Bruder Severus, Bursarius. Prozesskosten: drei Gulden, acht Heller und sechs Pfennige, davon ein Gulden Handgeld an besagte Els Eberhartinger.‹
    »Sieht so aus, als beantworte dies einige Fragen«, mutmaßte der Studiosus, nachdem Bruder Hilpert das Fiskalbuch zugeklappt und geraume Zeit vor sich hingestarrt hatte.
    »Das kann man wohl sagen.« Der Bibliothekarius gab ihm das Bändchen zurück, nahm dem Infirmarius die Laterne aus der Hand und sah sich im Armarium [42] des Novizenmeisters um. Die Luft in dem fensterlosen Gelass war stickig und verbraucht, und Bruder Hilpert verspürte das Bedürfnis, sich baldmöglichst aus dem Staub zu machen. »Wenngleich ich noch die eine oder andere Frage an Euch hätte, mein Sohn.«
    »Nur zu.«
    »Was diesen Knecht namens Cuntz betrifft – seid Ihr Euch sicher, dass er auch die Wahrheit gesagt hat?«
    »Voll und ganz, Bruder«, gab Baldauf ohne Zögern zurück. »Darauf könnt Ihr Euch verlassen. Ohne Übertreibung, Bruder: Mir war, als habe er darauf gewartet, sich alles von der Seele reden zu können.«
    »Und woher wollt Ihr wissen, dass er sich nicht bei der nächstbesten Gelegenheit aus dem …«
    »Er hat mir sein Ehrenwort gegeben, Bruder. Und das Versprechen, sich zu unserer Verfügung zu halten. Damit er sich es nicht anders überlegt, habe ich Bruder Thaddäus gebeten, so lange auf ihn aufzupassen.«
    »Gut gemacht, junger Freund.« Bruder Hilpert hob die Laterne in die Höhe und ging suchend zwischen den Regalen auf und ab. »Wie alt ist dieser Cuntz eigentlich?«
    »Zweiundsechzig.«
    »Das heißt, er war zum fraglichen Zeitpunkt um die fünfunddreißig Jahre alt.«
    »Exakt. Und Amalrichs älterer Bruder.«
    »Sein Bruder? Verstehe.« Bruder Hilpert fuhr sich mit dem Zeigefinger über die Unterlippe und drehte sich zu Baldauf um. »Das heißt, er hat die Ereignisse hautnah mitbekommen.«
    Der Studiosus nickte. »Es war ein abgekartetes Spiel, von Anfang an. Els, behauptet er, sei über beide Ohren in Amalrich verliebt gewesen. Und er in sie. So lange jedenfalls, bis sein Auge auf Walpurgis fiel. Da hat er sie dann sitzen lassen. Knall auf Fall. Amalrich hat Walpurgis zur Frau genommen und ist im darauffolgenden Jahr Vater geworden.«
    »Und Els hat diese Kränkung nicht verwinden können.«
    »Was nicht weiter verwunderlich ist.« Baldauf fuhr mit den Handballen über die Augenlider und seufzte. »Auf die Gelegenheit zur Rache hat sie dann ja wohl auch nicht lange warten müssen.«
    »Mit anderen Worten: Sie lauert den drei Frauen am Rossweiher auf, beobachtet das Treiben der Satansbräute und hat anschließend nicht Besseres zu tun, als ihnen Bruder Severus auf den Hals zu hetzen. Der, so steht zu vermuten, bereits damals bestrebt war, seinem Namen Ehre zu machen.«
    »Stattgegeben.«
    »Woraufhin sich besagte Grete und Veronika mit der Absicht, die eigene Haut zu retten, während des Prozesses von ihrer Gefährtin abgewandt und Walpurgis die Schuld in die Schuhe geschoben haben.«
    »Sieg auf der ganzen Linie, Bruder.«
    Bruder Hilpert gab ein zustimmendes Nicken von sich. »Und dann?«
    »Danach kam eins zum anderen. Schlimmer, als es sich Walpurgis je hätte denken können. Man stelle sich einmal vor: Da wird man denunziert und zu lebenslänglicher Verbannung verurteilt. Und dann wendet sich der eigene Mann von einem ab. Gnadenloser hätte das Schicksal wirklich nicht zuschlagen können. Kein Wunder, dass sich Walpurgis nicht anders zu helfen gewusst hat, als den

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