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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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noch an die schöne Zeit in Old Germany und an die weißen Frauen, die nachts zu ihm durchs Fenster kletterten. Frauen von dem gleichen Weiß wie die, die hier in Alabama nach der Polizei kreischten, wenn er sich auf eine Bank setzte, auf der ›Nur für Weiße‹ gemalt stand. Auch jetzt noch, wo ein Harry Bob Shirer mitgeholfen hatte, einen Krieg für sein Land zu gewinnen.
    Marianne Achenberg. Ja, so hieß das kleine Mädchen damals in Bamberg. Und sie hatte eine Tochter. Harriet-Rose. Seine Tochter. Ein Kind aus jener Stunde, in der Marianne schreiend ins Gras gebissen hatte …
    In Shirer sprang ein Funken hoch, der durch seine Adern jagte und eine ungeheure Glut in ihm entfachte. Er las den Brief noch einmal und rannte in seinem Hotelzimmer herum wie ein gefangenes Raubtier.
    »Harriet-Rose!« rief er und lauschte auf den Klang seiner Stimme, wie dieser Name sich aus seinem Mund ausnahm. »Harriet-Rose! Harriet-Rose! My lovely! My dear! My little girl!«
    Dann stand er mitten im Zimmer und las den Brief zum wiederholten Male. »Die Welt um mich herum ist furchtbar …« Natürlich ist sie es, dachte Shirer. Sie wird braun sein. Sie wird mir ähnlich sehen. Sie ist mein Kind! Und man tritt sie, man verachtet sie, man bewirft sie mit Dreck … nicht anders als in Alabama. Aber es ist mein Kind, meine Harriet-Rose. Und ich werde jeden, der sie mit Dreck bewirft, umbringen.
    In diese Stimmung hinein kam Eduard Koeberle. Er trat nach einem kurzen Anklopfen ins Zimmer, um Shirer zu einem Besuch des bischöflichen Museums zu animieren.
    »Sir!« rief er, als er Shirer dabei fand, die Tischdecke zu zerreißen. »Gefällt Ihnen das Muster nicht? Ich werde der Hoteldirektion sofort –«
    »Stadtrat; Uie ueit ist Heidelberg?« brüllte Shirer.
    Koeberle duckte sich. »Heidelberg? Sie wollen Heidelberg besuchen? Das läßt sich arrangieren. Eine Schloßbeleuchtung, die Universität, Studentenfröhlichkeit … natürlich, das kennt man ja auch in den USA: Ich hab' mein Herz in Heidelberg verloren … Echte, gute deutsche Romantik … Natürlich können wir nach Heidelberg.«
    »Sofort!«
    »Wenn ich vorschlagen dürfte –«
    »Sofort!« brüllte Shirer.
    Eduard Koeberle dachte an den Verweis seiner Partei und an einen Vortrag des Oberbürgermeisters. »Unsere Gäste sollen den besten Eindruck von Deutschland mitnehmen. Denken Sie daran, daß durch den Ausbau der Handelsbeziehungen …« Koeberle hatte verstanden. Er war Steuerberater von drei Exportfirmen. Sein Honorar richtete sich nach dem Umsatz. Je mehr in der Kasse, um so mehr im Beutel Koeberles.
    »Wenn Sie reisefertig sind, Sir«, sagte er und rieb sich die schweißigen Hände. »Natürlich – wir können sofort nach Heidelberg. Ich werde nur noch die anderen Herren verständigen und bitten –«
    »Wir fahren allein!« sagte Shirer entschieden.
    Koeberle nickte brav. »Bitte. Aber ich mache darauf aufmerksam, daß nichts vorbereitet ist.«
    »Ich brauche keine Vorbereitung.« Shirer zog seinen Rock an und steckte den Brief in die Außentasche. »Wissen Sie, wo die Fortbachstraße ist?«
    »Nein.« Koeberle sah Shirer sprachlos an. Da kommt ein Neger aus den USA, will Heidelberg sehen und nennt auch noch eine Straße. Es kam Koeberle verwunderlich vor, zumal vorher nie von Heidelberg gesprochen worden war. »Sie möchten in diese Straße?«
    »Ja.« Shirer holte seinen Koffer aus dem Schrank und nahm ein Bündel Dollarscheine aus einer verschließbaren Tasche. Sie ist jetzt sechzehn Jahre, dachte er, als er die Scheine in die Rocktasche stopfte. Sie wird Schmuck gerne haben und schöne Kleider und Parfüm und Lippenstifte. Und wenn sie schon einen Boyfriend hat … Aber nein, den hat sie nicht. Ein Girl, das einen Freund hat, schreibt nicht, die Welt sei so furchtbar …
    »Gehen wir!« sagte Shirer und verließ das Zimmer. In der Hotelhalle blieb er stehen und nahm Koeberle am Ärmel. »Vorher aber kaufen wir ein. Ein Juwelier, Parfüms …«
    Eduard Koeberle drückte das Kinn an und kratzte es an der Oberkante seines Kragens. Das Rätsel begann sich zu lichten. Ein Kameradenbesuch, in Heidelberg wohnten viele amerikanische Offiziere. Koeberle nickte und sah hinaus auf den wartenden Wagen. Auch Marianne wohnt in Heidelberg, dachte Koeberle unvermutet und empfand ein ärgerliches Gefühl. Verhüte Gott, daß der Zufall uns zusammenführt.
    »Uie lange fahren uier, Stadtrat?« fragte Shirer. Koeberle riß sich aus seinen Gedanken.
    »Vielleicht zwei bis drei

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