Die braune Rose
so reagiert. Der drohende Konkurs kann es nicht allein sein. Hat es zwischen Harriet und Bert einen Streit gegeben?«
»Nein.« Marianne sah mit leeren Augen auf. »Wo ist Bert jetzt?«
»Noch auf der Jagdhütte Pachtners.«
»Mit Heidi?«
»Ja.« Schumacher stand auf und rannte unruhig hin und her. So sehr er sich auch gegen den Vorwurf wehrte, mitschuldig zu sein, es blieb das drückende Gefühl, nicht genug getan zu haben, um diese Katastrophe abzuwenden. »Ich werde ihn sofort heranholen.«
*
Nach der Verlobungsfeier drückte Ernst Pachtner beide Augen zu, verscheuchte Anwandlungen von väterlicher Moral in einen hinteren Winkel seines Herzens und gab dem Drängen Heidis nach, ein paar Tage Urlaub mit Bert in der Jagdhütte zu machen.
»Wir haben uns so viel zu sagen, Paps«, meinte Heidi. Pachtner knurrte und nickte.
»Die moderne Jugend ist haltlos, ich sage es immer.«
»Ich habe das Gefühl, daß es nötig ist, Bert an eine Situation zu gewöhnen, an die er sich anscheinend noch nicht ganz akklimatisieren kann.«
»Das hast du wunderschön ausgedrückt. So kann man's auch nennen«, sagte Pachtner giftig. »Ich bin kein Heiliger, aber als dein Vater –«
»Du bist ein lieber Paps, der wegfährt und uns die Hütte läßt, nicht wahr?« Sie küßte ihn, und Ernst Pachtner fühlte zum ungezählten Male, wie hilflos und ausgeliefert er seiner Tochter gegenüber war. Seit seine Frau zwei Zentner wog und er sich um andere Frauen kümmerte, war Heidi, die ihn ein paarmal bei seiner Untreue entdeckte, zu einer Mitverschworenen geworden, vor deren forschenden und fragenden, aber auch fordernden Augen er immer zusammenschrumpfte und am Ende zu allem nickte.
Am Abend saßen Heidi und Bert am offenen Kamin und starrten stumm in die Flammen. Ab und zu beugte sich Bert vor und schob mit einer eisernen Stange die dicken Buchenkloben nach, damit sie gleichmäßig verbrannten. Heidi trank Rotwein, weit zurückgelehnt saß sie vor den prasselnden Flammen. Der Feuerschein zuckte wild über ihre Beine und hinauf zu den entblößten Schenkeln. Eingerahmt von diesem Feuer war sie ein glutdurchzucktes, begehrenswertes Wesen.
»So still, Liebster?« sagte sie in die Glut hinein. Bert fuhr zusammen und starrte sie an. Sie lächelte, ihr goldenes Haar leuchtete wie blankes Kupfer. Da die Hitze über sie sprühte, hatte sie auch das Kleid über der Brust aufgeknöpft. Am Ansatz bemerkte Bert, daß sie nackt unter dem Kleid war. »Woran denkst du?«
»An vieles.«
»Du solltest nur an uns denken.«
»Das meinte ich mit ›vieles‹.«
Heidi beugte sich vor. Er sah die runde Form ihrer Brüste, aufflammend im Widerschein des Kamins, als brannten sie.
»Gib mir einen Kuß«, sagte sie leise.
Gehorsam beugte er sich ihr entgegen und küßte sie auf die Lippen. Sie warf die Arme um seinen Nacken und zog seinen Mund zu ihrem Hals hinunter.
»Du bist so tierisch ernst«, flüsterte sie in sein Ohr. »Du bist der steifste Bräutigam, der je geliebt hat. Wir sind doch allein.«
Bert zog mit einem Ruck seinen Kopf zurück und stand auf. »Wir sollten bis zur Hochzeit vernünftig sein, Heidi«, sagte er heiser.
Das helle Lachen Heidis riß ihn herum. Sie lachte mit zurückgeworfenem Kopf und hatte die schlanken, langen Beine weit von sich gestreckt.
»Du bist ein witziger Mensch!« rief sie und breitete die Arme aus. »Komm … küß mich … oder soll ich dir wie Urgroßpapa eine Zipfelmütze bringen und einen Schlafrock und eine lange Pfeife? Aber selbst Großpapa war nicht völlig ohne, oho! Immerhin hatte er zwölf Kinder.«
Ohne Antwort ging Bert aus dem Zimmer. Einen Augenblick saß Heidi erstarrt, dann kräuselte sie die Lippen. Ein verzerrtes Lächeln glitt über ihr Gesicht. Mit einem Schulterzucken stand sie auf, schob die Kloben weit zurück in das Feuerloch, brachte die Gläser in die Küche und ging in ihr Zimmer. Kurz danach hörte man ein Rauschen durch das Haus geistern. Wasser lief in die Badewanne.
Nach einer halben Stunde ging Heidi auf nackten Füßen durch den Gang zu Berts Zimmer. Sie trug ein durchsichtiges langes Nachthemd und schritt dahin wie eine Königin. An der Tür zögerte sie keinen Augenblick, sondern drückte die Klinke herunter. Die Tür gab nicht nach, sie war verschlossen. Mit einem Kopfrucken hob Heidi die Hand und klopfte an die Tür. Im Zimmer rührte sich nichts.
»Bert?« rief sie. »Bert, mach auf.« Sie wartete ein paar Sekunden, lauschte auf seinen Schritt, der zur Tür kommen
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