Die Braut des Cowboys
und die Typen hinter Gitter bringst."
Sie hatte genickt und mit gepresster Stimme gerade noch herausbringen können: "Ja, du auch."
Das war vor fünf Jahren gewesen. Sie hätte niemals gedacht, dass es tatsächlich geschehen könnte. Aber es war passiert. Und nun saß sie hier, anstatt Jagd auf Jacks Mörder zu machen. Die Tatsache, dass sie den dienstlichen Befehl dazu erhalten hatte, half ihr nicht viel.
Sie seufzte nochmals, diesmal aber nicht ganz so tief, als sie wieder auf die ruhige Landschaft schaute. Der Schnee war fast weggeschmolzen, aber Grant hatte ihr gesagt, es würde noch mehr kommen, vielleicht schon heute Abend. Sie bezweifelte es nicht, wenn er sagte, er würde den Schnee riechen. Sein Leben lang hatte er hier gelebt und wusste wohl, was er sagte.
Sie hatte angenommen, nichts würde ihren Schmerz lindern können, nichts sie jemals von dem niederschmetternden Verlust ihres Freundes ablenken können. Aber dieser Ort hatte es geschafft. Dieser Ort - und Grant McClure.
Und ich kann es auch nicht länger auf die Erinnerungen an eine alte Jugendliebe schieben, dachte sie. Der Junge von damals war klug, freundlich und gutaussehend gewesen. Nicht, dass Grant all dies nicht mehr war, aber nun besaß er zusätzlich die Stärke eines Mannes, seine Entschlossenheit, die ruhige Kraft.
Und, wie sie vermutete, auch die Narben eines Mannes.
Er hätte seine Gründe, hatte Rita Jenkins über seine offenen Vorbehalte gegen Leute aus der Stadt gesagt. Und immer wieder fragte sich Mercy, welche Gründe es wohl sein mochten. Und wieso diese attraktive Frau sie kannte. Hatte sich Grant vielleicht an ihrer Schulter ausgeweint - sei es nun wörtlich oder im übertragenen Sinn?
Sie lächelte flüchtig. Ihr wurde klar, dass ihre Eifersucht verflogen war. Nachdem sie Rita kennen gelernt hatte, war es ihr unmöglich, auf diese offene, aufrichtige Frau eifersüchtig zu sein.
Außerdem musste sie plötzlich daran denken, wie sie selbst sich an seiner Schulter getröstet hatte, als die ser Alptraum sie wieder überfallen hatte, gerade als sie dachte, damit wäre es vorbei. Vorher hatte es jedes Mal Stunden gedauert, ehe sie die schrecklichen, blutigen Bilder wieder aus ihrem Kopf vertreiben konnte, wie Jack in ihren Armen starb, wie er sie anklagend anblickte - was er in der Realität niemals getan hatte. Aber irgendwie hatte Grant es geschafft zu trösten, wie es vorher niemand gekonnt hatte.
Das hätte er für jeden in meiner Lage getan, versuchte sie sich einzureden. Oder zumindest für jeden von Kristinas Freunden.
Vielleicht hatte er es auch nur für seine Pflicht als Gastgeber gehalten, sie zu trösten. Mehr bedeutete es nicht. Er tat es aus Freundlichkeit und seiner Schwester zuliebe. Es war nichts Persönliches.
Aber warum fuhr er dann zurück, wenn er sie berührte, als hätte er sich verbrannt? Warum hatte er gestern Abend beim Lesen immer wieder zu ihr herübergeschaut? Sie hatte es gespürt, wenn er sie betrachtete und sich schließlich irgendeine Frage überlegt, nur um nicht ständig darüber nachzugrübeln.
Schließlich war es ihr zuviel geworden, und sie hatte den Raum verlassen.
Als er dann irgendwann nach oben kam, lag sie immer noch wach. Sie hatte seine leisen, rücksichtsvollen Schritte auf der Treppe gehört. Und dass er kurz vor ihrer Tür stehen blieb, musste sie sich eingebildet haben. Und als sich dann wenige Augenblicke später seine Tür schloss, wusste sie nicht, ob sie erleichtert oder enttäuscht war. Und allein diese Tatsache machte sie schon gereizt.
Sie blickte wieder hinaus und fuhr aus ihren Gedanken auf.
Grant hatte mit seiner Vorhersage recht gehabt. Es schneite.
Ruhig und beständig sanken die dicken flauschigen Flocken zu Boden.
Mercy stand da und schaute zu, und ihr innerer Frieden nahm zu, je mehr der Schnee die Welt bedeckte. Unwillkürlich musste sie an Weihnachtskarten denken.
Eine Weihnachtskarte.
Sie hatte schon wieder vergessen, wie nahe Weihnachten war. Und sie hatte bislang kein einziges Geschenk für ihre Eltern gekauft, auch wenn sie immer erklärten, so etwas wäre nicht nötig unter diesen Umständen. Sie wusste, dass sie Verständnis für sie hatten, aber das änderte nichts an ihrem schlechten Gewissen.
Normalerweise verbrachte sie Thanksgiving und
Weihnachten immer mit ihrer Familie. as fehlte ihr dieses Jahr und gab ihr das Gefühl, allein zu sein. Aber es musste sein. Sie konnte es nicht wagen, die Feiertage dort zu verbringen. Sie war Thanksgiving
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