Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
lassen!«
Mit einem gehässigen Lachen knallte er die Tür hinter ihr zu, und Vanessa schloss verzweifelt die Augen. Sie hörte seine sich entfernenden Schritte, dann einige Rufe an Deck, und schließlich nach einer ganzen Weile das typische Geräusch, mit dem eines der Boote ins Wasser gelassen wurde. Sie kniete sich auf die Truhe und sah durch die kleine Luke hinaus. In etwa einer halben Meile Entfernung sah sie einen weitläufigen Sandstrand, an dem einige kleine Hütten standen. Dahinter konnte sie ein Dorf erkennen, das man sogar eine kleine Stadt nennen konnte und hinter dem sich einige flache, baumlose Berge erhoben. Das Boot mit dem Captain und einigen anderen Männern entfernte sich mit kräftigen Ruderschlägen vom Schiff, und in Vanessa stieg kurz die Hoffnung auf, während seiner Abwesenheit ihr Gefängnis verlassen zu können und an Land zu gelangen, um dort Hilfe zu finden.
Als sich plötzlich jemand an der Tür zu schaffen machte, fuhr sie so schnell herum, dass sie beinahe von der Kiste gerutscht wäre. Angstvoll hielt sie den Atem an, in der Furcht, einer oder mehrere der Piraten könnten den Ausflug des Captains dazu nutzen, über seine Geisel herzufallen, aber dann erkannte sie erleichtert Martin, der in dem hellen Viereck stand, sich kurz umsah und dann mit raschen Schritten auf sie zukam. Sie fiel ihm in die Arme und konnte kaum ihre Tränen zurückhalten.
»Mein lieber Martin!«
Ihr alter Freund hielt sie fest an sich gedrückt und streichelte beruhigend über ihren Rücken. »Vanessa, mein armes Kind, es bricht mir das Herz, Euch so zu sehen.« Seine Stimme klang gepresst. »Hat dieser … dieser verdammte …«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, bisher hat er mir nichts getan.« Sie verschwieg voller Scham, dass sie sich vor ihm hatte entkleiden und waschen müssen.
»Sollte er Euch etwas antun wollen, werde ich ihn töten«, sagte Martin kalt, und Vanessa wusste, dass es keine leeren Worte waren. Allerdings würde dies auch bedeuten, dass er dann von den anderen Piraten aufgeknüpft werden würde, und das durfte niemals geschehen. Schon das Wissen um seine Anwesenheit gab ihr Kraft. Völlig allein, ohne ihren treuen Freund, würde sie vermutlich vor Angst den Verstand verlieren.
»Was ist mit Jack? Haben … haben sie ihn geschlagen?«
»Ja, aber er hat ihnen nicht die Freude bereitet, auch nur einen Laut von sich zu geben«, erwiderte Martin mit grimmiger Genugtuung. »Jetzt ist er unter Deck. Der kleine Bursche ist zäh, Madame, der ist bald wieder auf den Beinen.« Er zögerte etwas, und als er weitersprach, klang seine Stimme bedrückt. » Madame, was Ihr gestern gehört habt, über meine Vergangenheit …«
Sie legte ihm den Finger auf den Mund. »Nicht, Martin. Sprich bitte nicht weiter, lass das Vergangene ruhen.«
Martin nahm ihre Hand und küsste sie. »Zuerst sollt Ihr alles wissen, Madame. Jacques la Fortune, wie er wegen seines fast sprichwörtlichen Glücks genannt wurde, war ein Korsar. Er wurde tatsächlich von den Engländern gefangen genommen und gehenkt, obwohl er mit einem Kaperbrief des französischen Königs fuhr. Mir gelang es zu entkommen, und dabei traf ich auf Euren Vater. Er verhalf mir zur Flucht und nahm mich mit nach Frankreich. Die anderen Dienstboten tuschelten hinter meinem Rücken, und Eure Mutter begegnete mir mit Misstrauen. Aber zu Unrecht. Was immer ich früher getan haben mag, ich habe nie vergessen, was ich Eurem Vater schuldig war, und Euch, Vanessa, habe ich vom ersten Moment an geliebt wie meine Tochter. Es würde mich sehr schmerzen, brächtet Ihr mir jetzt nicht mehr dasselbe Vertrauen entgegen wie zuvor.«
Vanessa hob die Hand und strich ihm über die rauhe Wange. »Ich werde niemals etwas anderes in dir sehen als meinen besten Freund, Martin.«
Das vertraute Gesicht entspannte sich, und ein leichtes Lächeln legte sich darüber.
»Sag mir, mein Lieber, gibt es eine Möglichkeit für uns, von Bord zu gehen?«
Zu ihrer Enttäuschung schüttelte Martin den Kopf. »Nein, Madame. Die Boote sind streng bewacht, und Schwimmen ist unmöglich. Ich selbst habe heute, nachdem wir angelegt haben, mehrere Haifische gesehen, die das Schiff in der Hoffnung auf Beute umlauerten. Wir kämen nicht einmal in die Nähe der Insel.«
Besser vielleicht, als hierzubleiben, dachte Vanessa verzweifelt. Ein schneller Tod. Angenehmer als alles, was mich hier erwartet. Er hat seine Drohung ernst gemeint.
Martin hielt ihr etwas auf seiner flachen Hand hin.
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