Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
Dirne, die sein Bruder mitgebracht, vermutlich mit allerlei Versprechungen gelockt und vielleicht auch gut bezahlt hatte, und es gab nicht den geringsten Grund, weshalb sie diese Liebesdienste nicht auch ihm erweisen sollte! War er etwa schlechter als sein verkommener Bruder? »Hör auf, in Rätseln zu sprechen«, fuhr er sie an. »Sag mir deinen Preis!«
»Ich will mit Euch nichts zu schaffen haben«, erwiderte ihm dieses eigensinnige Weibsstück widerspenstig, dessen sanftmütige Stimmung so schnell verschwunden war wie seine eigene. »Lasst mich in Ruhe!« Damit stieß sie seine Hand zur Seite, wandte sich um, entschwand in ihre Kammer und schloss die Tür mit Nachdruck. Robert hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde, und er musste sich nahezu unmenschlich beherrschen, um nicht die Tür einzutreten. »Na gut«, murmelte er zornig, »dieses eine Mal noch, aber beim nächsten Mal schließt sich diese Tür entweder hinter uns beiden, oder sie bleibt offen.«
Und als sich Vanessa am nächsten Tag auf einem Spaziergang an Deck befand, montierte er den Riegel höchstpersönlich ab.
11. Kapitel
R obert verließ sein Quartier am frühen Morgen, gleich nachdem das Deck geschrubbt und wieder trocken war, um sich zu Finnegan zu gesellen, der mit dem Fernrohr an der Reling stand und angestrengt Richtung Südosten sah, wo Trinidad, ihr nächstes Ziel, lag.
Sie waren – entsprechend den von der Fortune übermittelten Befehlen – unterwegs, um die Inseln der Reihe nach aufzusuchen, wo sie sich der Mitarbeit der teilweise noch wankelmütigen Gouverneure versichern und die Aktivitäten des Feindes in diesem Gebiet beobachten sollten. Allerdings waren sie durch die in dieser Jahreszeit ungünstigen Windströmungen seit ihrer Abfahrt von Margarita dazu gezwungen worden, gegen den Wind zu kreuzen, und hatten viele Tage verloren, um Trinidad endlich anzusteuern. Robert, der sonst vermutlich vor Ungeduld explodiert wäre, war so mit seiner wachsenden Zuneigung zu dieser kleinen Hexe beschäftigt gewesen, dass er diese Verzögerungen mit einem für ihn fast unglaublichen Gleichmut ertragen hatte.
Er ließ seine Blicke über die wachhabenden Matrosen streifen. Größtenteils gute Leute, die ihm die Admiralität da geschickt hatte, richtige Seeleute, nicht nur Landratten, die man entweder irgendwo zusammengefangen hatte, oder die mit mehr Patriotismus als Können zur See gegangen waren, um ihr Land zu schützen und daneben noch ein bisschen Prisengeld zu machen. Viele kannte er sogar von früher, und einige, wie Smithy, Hendricks oder Dudley, segelten schon seit etlichen Jahren mit ihm zusammen. Aber die Mannschaft war noch lange nicht aufeinander eingespielt. Die Männer mussten zusammenwachsen. Und sich im Ernstfall bewähren können.
»Mr. Finnegan!«
»Captain?«
»Wir halten die Waffenübungen schon am Vormittag ab. Wenn der Wind weiter dreht, kommen wir noch früher als erwartet in die Nähe der Insel, und ich möchte nicht alle Schiffe in deren Umgebung auf uns aufmerksam machen. Bereiten Sie alles vor, und lassen Sie ein Ziel aussetzen.«
Kurze Zeit später war die Mannschaft an den Kanonen, und neben der Independence, gerade noch in Kanonenschussweite, schwamm ein Gebilde aus zusammengebundenen leeren Kisten, dem Smithy grinsend eine feindliche Fahne aufgesteckt hatte. Die Pulverjungen, darunter auch Jack, standen aufgeregt an ihren Plätzen, die Lunten brannten und verbreiteten den scharfen Geruch und jene Stimmung, die so typisch war für die letzten Minuten vor dem Gefecht. Manche der Männer hatten die Hemden ausgezogen und sich Tücher gegen den Schweiß um den Kopf gebunden, und alle sahen aufmerksam zu ihm herüber.
Er nickte Finnegan zu, war gerade im Begriff, den Befehl zum Feuern zu geben, als er plötzlich eine deutliche Veränderung in den Zügen derjenigen, die näher bei ihm standen, bemerkte. Die erwartungsvolle Gespanntheit nahm bei manchen den Ausdruck grimmigster Konzentration an, einige hielten sich plötzlich überaus gerade, andere versuchten äußerst gefährlich und entschlossen zu wirken, und der Rest stand mit einem dümmlichen Grinsen da und starrte selbstvergessen auf einen Punkt hinter seinem Rücken.
Voller Vorahnung wandte er sich um.
Natürlich. Nicht nur, dass sie ihn völlig durcheinanderbrachte, jetzt störte sie auch noch die Leute bei der Übung.
»Wollen Sie etwa zusehen?«
Vanessa schenkte ihm eines dieser vermaledeiten Lächeln, die – so selten sie waren – ihn
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