Die Braut des Herzogs (German Edition)
Himmels willen, du seist bestochen worden?«
»Ich sagte dir doch: wegen meiner Kleider und wegen meines aufwendigen Lebensstils.«
»Pah, Kleider!« rief Mylady und machte eine wegwerfende Handbewegung: »Natürlich brauchst du modische Kleider,wenn du dich in der Londoner Gesellschaft bewegen willst. Von wegen aufwendiger Lebensstil! Daß ich nicht lache! Da soll Seine Gnaden doch erst einmal vor seiner eigenen Tür kehren. Wer hat denn seine Pferde an allen wichtigen Poststraßen stehen? Wer riskiert denn große Summen am Spieltisch und bei Pferderennen? Wer gibt sich denn nur mit den verwöhntesten und anspruchsvollsten Mätressen zufrieden …?« Sie erinnerte sich, mit wem sie sprach, und brach unvermittelt ab: »Verzeih«, sagte sie.
Olivia war kurzfristig abgelenkt: »Tut er das?« fragte sie interessiert: »Verspielt er wirklich Unsummen?«
»Na, nicht gerade Unsummen«, beeilte sich Mylady einzuschränken. »Und außerdem sagte ich nicht: verspielen, sondern riskieren. Da ist ein großer Unterschied. Denn meistens hat Wellbrooks geradezu unglaubliches Glück.«
»Und die Mätressen?« fragte Olivia weiter: »Hat er denn mehrere gleichzeitig?«
Als Marilla merkte, daß Olivia eher fasziniert als schockiert war, mußte sie lachen: »Darüber weiß ich wirklich nicht genau Bescheid! Und überdies wird er sie sicher allesamt aufgeben, jetzt, da er mit dir verlobt ist.«
Olivia seufzte: »Das hätte er vermutlich. Wenn er mich aus Liebe heiraten würde«, sagte sie.
Nun waren sie zum Gespräch mit dem Herzog zurückgekehrt, und die bedrückende Stimmung umfing sie wieder. »Irgend etwas kann nicht stimmen«, sagte Olivia nachdenklich. »Er kann doch nicht glauben, ich sei von dir bestochen worden, nicht wahr? Er muß jemand anderen in Verdacht haben.«
Sie schwieg und überlegte.
Marilla wartete gespannt.
»Den Freund verkauft, die Heimat verkauft …« murmelte Olivia vor sich hin: »Er glaubt, ich wollte Mats Adresse an jemanden weitergeben. Ja, ich hätte dafür Geld genommen, Mat an jemanden zu verraten.«
»Wer sollte denn Interesse an seinem Aufenthaltsort haben, außer seiner Familie?« warf Lady Marilla ein.
»Ich weiß es nicht. Irgendwelche Gläubiger vielleicht«, meinte Olivia. »Wenn er ohne Geld von zu Hause fortgegangen ist, ist anzunehmen, daß es ihm finanziell nicht gerade rosig geht. Vielleicht hat er erhebliche Schulden gemacht. Oder er steckt in anderen Schwierigkeiten.«
»Um Himmels willen!« rief ihre Stiefmutter erschrocken dazwischen.
Olivia beachtete sie nicht. »Irgend jemand sucht ihn. Irgend jemand will Mats Aufenthaltsort erfahren. Das weiß der Herzog. Und er denkt, dieser Unbekannte würde mir Geld dafür geben, damit ich ihn bei seiner Suche unterstütze. Damit dürfte klar sein, daß dieser jemand eine Gefahr für deinen Sohn darstellt.«
Marilla nickte bekümmert: »Ja, das erscheint mir möglich. Doch wer sucht Mat?«
»Wer sucht Mat«, wiederholte Olivia nachdenklich. Plötzlich hatte sie die Lösung:
»Stevens!« rief sie aus. »Ich habe dir doch von dem Schuster erzählt. Der Mann, der mir auf der Bond Street meine Tasche wiederbrachte. Der Überfall war nur fingiert. Der Mann wollte sich damit mein Vertrauen erschleichen!«
»Aber das ist unfaßbar!« rief Mylady aus. »Glaubst du wirklich, daß der Herzog den Schuster meinte? Welchen Grund solltest du haben, Mats Adresse für einen Schuster herauszufinden? Er kann doch nicht annehmen, daß du dich von so einem Mann bestechen läßt!«
Diesem Einwand mußte Olivia Recht geben: »Nein, das kann er wohl nicht annehmen. Obwohl es mir überhaupt unvorstellbar ist, wie Wellbrooks vermuten kann, ich ließe mich von irgend jemandem bestechen. Doch vielleicht ist dieser Schuster selbst bestochen? Was meinst du? Ich vermute fast, da gibt es noch viel gefährlichere Hintermänner, die Wellbrooks in Verdacht haben könnte. Vielleicht Gläubiger, denen dein Sohn große Summen schuldet: Geldverleiher, Kredithaie. Man hört doch immer, daß diese zu den merkwürdigsten Methoden greifen, um zu ihrem Geld und zu Wucherzinsen zu kommen.«
Marilla stöhnte auf: »Aber Mat kann sich doch nicht in die Hände von Wucherern begeben haben! Er ist der Earl of Sudbury. Das ganze Familienvermögen stünde ihm zur Verfügung. Es wäre doch purer Wahnsinn, sich aus falschem Stolz an Geldverleiher zu wenden!«
»Wir müssen die Wahrheit herausfinden!« verkündete Olivia energisch.
»Wie willst du das anstellen?« fragte
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