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Die Braut des Kreuzfahrers

Die Braut des Kreuzfahrers

Titel: Die Braut des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilke Mueller
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vor noch nicht allzu langer Zeit von Beatrice von Chenet zum Geschenk erhalten. Nun waren die beiden adeligen Frauen, die ihr so viel Gutes getan hatten, längst nach Frankreich unterwegs und hatten keine Ahnung, in welch scheußlicher Lage sich ihre Magd Tiessa befand.
    Viel war ihnen nicht geblieben. Dinah besaß nur das, was sie auf dem Leibe trug. Tiessa hatte immerhin einige Gewänder und Tücher, ein Paar Sandalen aus Leder, die Yolanda ihr im Lager der Kreuzfahrer bei einem Händler aus Pisa gekauft hatte, und mehrere Kleinigkeiten, wie einen Handspiegel, Haarnadeln, ein Fürspan aus Silber, Nähzeug und einige schön gearbeitete Knöpfe aus Horn. Die drei Goldmünzen, die sie von Graf Gottfried erhalten hatte, waren längst ausgegeben, der jüdische Arzt hatte sie für das betäubende Pulver bekommen, das ihrem Vater die Schmerzen nahm.
    » Es ist ein gemeiner Diebstahl – wir werden Klage führen « , meinte Tiessa zornig. » Es muss hier in Akkon doch eine Gerichtsbarkeit geben. «
    » Du willst zum Gerichtshof laufen? « , rief Dinah bekümmert. » Ach, Tiessa, glaubst du wirklich, sie werden den Dieb fangen? Wir wissen ja nicht einmal, wie er aussieht. «
    » Aber ich würde seine Stimme wiedererkennen « , beharrte Tiessa. » Ich bin fast sicher, sie schon einmal gehört zu haben, obgleich sie heiser und verzerrt klang. «
    » Dazu müsste man ihn aber erst einmal haben. «
    » Warum willst du schon aufgeben? Wir sind bestohlen worden, das Geld, das mir Gottfried von Perche anvertraut hat, wurde mir gewaltsam fortgenommen. Der Graf ist ein Kreuzfahrer, für ihn muss es Gerechtigkeit geben. «
    Dinah seufzte tief und runzelte die Stirn, denn auf der Gasse schien sich eine Gruppe Menschen angesammelt zu haben, auch hörte man Pferdehufe und den Schrei eines widerspenstigen Esels.
    » Wir können es versuchen, Tiessa. Nur fürchte ich, dass momentan niemand Zeit haben wird, sich mit unserem Fall zu befassen. Du weißt nicht, was inzwischen geschehen ist. «
    » Natürlich weiß ich das. Richard Löwenherz ist mit dem Kreuzfahrerheer davongezogen – das ist geschehen. «
    Dinah trat dicht an die Freundin heran und legte ihr sacht beide Hände auf die Schultern. Ihre schwarzen Augen waren schmal, und sie flüsterte, als sie weitersprach.
    » Vor der Stadt liegen die Leichen von fast dreitausend Menschen, die Richard Löwenherz hat hinrichten lassen. Solange diese Unglücklichen nicht beerdigt sind, wird sich hier gewiss niemand um einen Diebstahl kümmern. «
    Tiessa starrte die Freundin ungläubig an. Das konnte doch gar nicht sein, der englische König galt zwar als jähzornig und unberechenbar, zugleich aber war er ein Vorbild adeligen Rittertums. Beatrice hatte erzählt, er schreibe Gedichte und sänge hervorragend zur Laute, und Bertran hatte selbst gesehen, wie begeistert er die Folianten des Juden bewunderte …
    » Du glaubst mir nicht? «
    Tiessa spürte, wie ihr schwindelig wurde. Ein Schlächter, hatte jemand gesagt. Damit hatte er den englischen König gemeint. Fast dreitausend Menschen … Das war ein ganzes Heer …
    Im Haus wurde es auf einmal unruhig. Eine Anzahl Leute war durch die Eingangspforte in die unteren Räume eingedrungen, und die immer lauter anschwellenden Rufe und Geräusche zeigten an, dass man über die Treppen in die oberen Stockwerke hinaufstieg.
    » Was ist los? Was sind das für Leute? «
    » Packen wir rasch alles zusammen « , riet Dinah. » Es könnte sein, dass die früheren Besitzer zurückgekommen sind. Wenn ich mich recht erinnere, waren es zwei Brüder aus Byzanz, die das Haus besaßen, bevor Saladin die Stadt einnahm und sie daraus vertrieb. «
    Hastig raffte Tiessa ihre wenigen Besitztümer zusammen und band alles in ein Tuch ein. Ihre Hände zitterten dabei, denn sie musste gegen die aufsteigende Panik ankämpfen. Wie rasch hatte sich ihr Schicksal gewendet. Vor kurzer Zeit befand sie sich noch unter dem sicheren Schutz des Grafen von Perche, war mit Geld und Dienerschaft ausgestattet wie eine Adlige. Jetzt war sie mittellos, und wie es aussah, würde sie auch bald kein Dach mehr über dem Kopf haben.
    » Mach dir keine Sorgen, Tiessa « , sagte Dinah. » Ich bleibe bei dir. In Tyros leben meine Eltern, die werden dich wie eine eigene Tochter aufnehmen. «
    » In Tyros … «
    Zwei junge Männer stießen die Tür auf, es waren offensichtlich Bedienstete, die beim Anblick der beiden jungen Frauen fröhliche Mienen zogen. Tiessa war rasch klar, was die beiden von

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