Die Braut des Kreuzfahrers
hinausgegangen. Gott der Herr habe sich seiner erbarmt und ihn nach Sées gebracht, doch dann sei sein guter Herr gestorben, und nun habe er den Wunsch, im heiligen Jerusalem für die Seele seines Herrn zu beten. Allerdings auch für die eigene, die voller Sünden sei.
Er gefiel Gottfried, denn er schwatzte unbefangen daher. Fast ein wenig zu vertrauensselig, doch er war gewiss kein Lügner.
» Wenn du tatsächlich ein guter Bogenschütze bist, kann ich dich brauchen. Allerdings geht es nicht nur darum, am Heiligen Grab zu beten, Bertran, sondern darum, für die Befreiung der Stadt Jerusalem sein Leben einzusetzen. Willst du das wagen? «
Er grinste und schien glücklich zu sein, dass man ihn mitnehmen wollte.
» Mein Leben steht in der Hand Gottes « , sagte er fröhlich. » Der Herr allein bestimmt, wann meine letzte Stunde gekommen ist – wie sollte ich da den Tod fürchten? «
Gottfried nickte ihm zu. Dann mussten sie zur Seite weichen, da die Knechte die Bretter und Böcke für die Tafel hereinschleppten. Von der Treppe her war Richenzas helle, energische Stimme zu vernehmen. Sie war überall in der Burg zugange, überwachte alle Tätigkeiten, schaute in jede noch so dunkle Ecke. Gottfried hörte an ihrem Tonfall, dass sie unzufrieden war. Ihre Scheltworte konnten heftig sein, und wenn sie zornig war, stampfte sie mit dem Fuß auf. Trotz ihrer Schwangerschaft war sie die allgegenwärtige Herrin der Burg, vielleicht noch mehr, als sie es zuvor gewesen war, denn das Kind, das sie erwartete, gab ihr einen neuen Status. Sie hoffte, bald Mutter des Burgerben und zukünftigen Grafen von Perche zu sein … Gottfried musste sich gewaltsam von dem Gedanken an Richenza losreißen, denn es stieg dabei ein schmerzliches Empfinden in ihm auf.
» Kümmere dich um Bertran « , wies er Gilbert an. » Ich will wissen, ob er tatsächlich ein guter Bogenschütze ist. «
Danach wandte er sich den anderen drei Männern zu, ohne den schweigend wartenden Ivo eines Blickes zu würdigen. Doch er hatte längst festgestellt, dass Ivos Kleidung abgerissen wirkte. Zudem schien er dünner geworden zu sein – vermutlich hatte er keine gute Zeit gehabt.
Das Gerumpel und Geklappere beim Aufbau der Tafel war lästig und erschwerte die Verständigung, aber es war nicht zu ändern. Auch wurde überall in der Halle laut geredet, die Männer kleideten sich an, und viele liefen zum Ausgang, um sich irgendwo im Hof zu erleichtern. Im Treppengang stießen sie mit den Mägden zusammen, die Brotkörbe und Kannen hinauftrugen, sodass es auch dort allerlei Geschwätz und Gelächter gab. Gottfried von Perche entschied sich nach kurzer Prüfung, einen hochgewachsenen Normannen in seine Gefolgschaft aufzunehmen. Die anderen beiden wies er ab, gestattete ihnen jedoch, an der Mahlzeit teilzunehmen, bevor sie die Burg verließen.
Dann musste er sich wohl oder übel Ivo Beaumont zuwenden, der sich durch die so offenkundige Missachtung nicht hatte abschrecken lassen und immer noch beharrlich auf der Stelle stand.
» Welchen Grund könnte ich haben, einen Betrüger mit mir ins Heilige Land zu nehmen? «
Die Anrede war mehr als unfreundlich, doch Ivo Beaumont hielt dem kühlen Blick des Burgherrn stand.
» Keinen, Herr « , gab er zurück. » Es sei denn, Ihr wolltet einem Mann helfen, der seine Sünden aufrichtig bereut und durch eine Pilgerfahrt das Heil seiner Seele zu erlangen hofft. «
Es klang recht gewunden und erinnerte Gottfried unangenehm an die Höflinge des französischen Königs Philipp, die er schon als Knappe nicht gemocht hatte. Dennoch war das, was Ivo sagte, nicht gleich von der Hand zu weisen. Falls es der Wahrheit entsprach.
» Eine Pilgerfahrt zu unternehmen, steht dir frei, Ivo Beaumont. Geh zum Grab des heiligen Jakobus oder nach Rom, um dort an Petri Grab zu beten. Wenn deine Reue aufrichtig ist, wird Gott deine Pilgerreise segnen. «
Wider Willen musste Gottfried anerkennen, dass Ivo Beaumont keinerlei Unterwürfigkeit zeigte. Auch wenn er als Bittsteller vor ihm stand, so behielt er doch seine Würde. Trotz seiner Magerkeit war er immer noch ein gut aussehender junger Mann. Besonders dieser Umstand – das musste der Burgherr sich nun endlich eingestehen – hatte ihn an diesem Menschen stets gestört. Die Selbsterkenntnis verunsicherte Gottfried. Es konnte durchaus sein, dass er von der Todsünde des Neids befallen war.
Ivo wartete mit seiner Antwort, denn drüben wurde zur Tafel gerufen. Die Männer liefen herbei,
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