Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Braut des Nil

Die Braut des Nil

Titel: Die Braut des Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
Vom Netzwerk:
eingeschlafen. Da die Fähre erst losfahren würde, wenn sie
maximal beladen war, überquerte Kamose den Nil schwimmend.
    Nofret hatte
versprochen, ihn jeden Tag zu dieser Stunde in dem Palmenhain zu erwarten, in
dem sie sich ihre Liebe gestanden hatten. Niemand würde sie dort überraschen.
    Der junge
Mann schwamm schnell. Das Wasser klatschte gegen seinen Körper. Er rannte bis
zum vereinbarten Treffpunkt. Seine bloßen Füße spürten weder den Sand noch die
glühend heißen Steine.
    Kamose hätte
seine Freude am liebsten hinausgeschrieen.
    Aber der
Schrei blieb in seiner Brust stecken. Die Oase war leer.
    Kamose lief
um die Palmen, den Brunnen herum, suchte den Ort ungläubig ein zweites Mal ab,
ein drittes Mal…
     
     
    Nofrets
Abwesenheit konnte nur eine einzige Erklärung haben: Sie hatte ihn verraten.
Sie hatte ihrem Vater gehorcht, weil ihr klar geworden war, dass sie sich ihren
künftigen Mann aus der Kaste der Adligen auswählen musste.
    Kamose ließ
sich am Fuß einer Palme niedersinken. Niemals mehr würde er dem Wort einer Frau
Glauben schenken.
    Er ließ sich
von der Müdigkeit übermannen. Er hatte keine Lust mehr, zu kämpfen. Im Schatten
der Palmen schlief er ein.
    Das Land war
übersät mit Blumen. Tausende von Bauern jubelten Kamose und Nofret zu, die sich
umschlungen hielten. Der Pharao persönlich leitete die Zeremonie.
    Nofret küsste
Kamose. Der Geschmack ihrer kühlen Lippen erregte sein Herz. Er schloss sie in
die Arme.
    »Nicht so
stürmisch, mein Geliebter.«
    Der junge
Mann öffnete die Augen.
    Sie war da.
Direkt vor ihm. Er drückte sie an sich.
    »Du bist kein
Traum…«
    »Nein,
Kamose. Ich bin real. Aber du hast geträumt.«
    »Wir haben in
Anwesenheit des Pharao geheiratet, und man jubelte uns zu.«
    »Du wirst
hochtrabend«, sagte sie lächelnd. »Mir wäre ein wenig Zurückhaltung lieber.«
    »Warum bist
du so spät gekommen?«
    »Der Koch
meines Vaters hatte ein vorzügliches Essen vorbereitet, auf das er besonders
stolz war. Ich war gezwungen, von allen Gerichten zu probieren. Die Diener der
Villa haben den Befehl erhalten, mich zu überwachen. Richter Rensi ist nicht
naiv. Ich glaube, ich habe ihn überzeugt, aber ich bleibe lieber vorsichtig.«
    »Ich habe
nicht viel Zeit«, sagte Kamose. »Vor Sonnenuntergang muss ich wieder im Tempel
sein. Der Alte lässt mich härter arbeiten als einen Lastesel.«
    »Ich habe gute Neuigkeiten«,
verkündete sie hoffnungsfroh. »Ich habe mich in den Tempel von Deir el-Bahari
begeben und mich noch einmal mit der obersten Priesterin getroffen. Ganz
bestimmt vertraut man mir bei dem Fest die Aufgabe der Lichtträgerin an.«
    »Ist der
Pharao dann auch anwesend? Schickt er nicht einen Vertreter?«
    »Er misst der
Zeremonie große Bedeutung bei. Er wird von den höchsten Würdenträgern des
Königreiches begleitet, darunter mein Vater.«
    »Glaubst du
wirklich, dass wir es schaffen?«
    »Hathor
schützt mich. Ich bin ihre Priesterin. Sie hat uns schon erlaubt, uns zu
begegnen. Warum sollte sie uns ihre Magie verweigern?«
    »Meiner
Mutter geht es nicht gut«, berichtete Kamose. »Aber der Alte hat mir
versichert, man würde sie behandeln. Ich habe daher eingewilligt, im Tempel zu
bleiben. Ich will versuchen, eine weitere Prüfung abzulegen.«
    Nofret sah
Kamose gerade in die Augen.
    »Wenn du
eingewilligt hast, so hart zu arbeiten, dann liegt das daran, dass es dich
danach drängt. Du willst Schreiber werden, nicht wahr?«
    Kamose
widersprach nicht. Nofret las besser in seiner Seele als er selbst.
    »Ich weiß
nicht, wie ich es ausdrücken soll… Ich habe den Eindruck, dass der Alte mich
auf den rechten Weg führt und diese besessene Arbeit uns helfen könnte.«
    »Das fühle
ich auch«, bestätigte Nofret. »Lass in deinem Eifer nicht nach, mein
Geliebter.«
    »Der Alte hat
mir nicht verhehlt, dass diese Herausforderung meine Fähigkeiten wahrscheinlich
übersteigen wird. Die anderen Lehrer haben die Ausbildung ihrer besten Schüler
ebenfalls intensiviert. Ich bin nur ein Bauernsohn, Nofret.«
    »Und ich nur
eine Richtertochter…«
    Die beiden
jungen Leute fingen an zu lachen.
    Doch die
Sonne begann bereits zu sinken.

 
    20
     
     
     
    »Ein Wunder
folgt dem anderen«, bemerkte der Alte griesgrämig. »Du bist pünktlich.«
    Auf seinen
Stock gestützt, erwartete er Kamose vor der Tür zu seinem Büro. Der junge Mann
hatte bis zum letzten Moment gezaudert. Nofret hatte ihn schließlich zwingen
müssen, sie zu verlassen. Beinahe hätte er

Weitere Kostenlose Bücher