Die Braut des Piraten
unerträglich, und doch wusste Godfrey, dass er keine treffende Entgegnung zur Hand hatte. »Ich warte auf das Schiff«, sagte er und steckte seine Nase in den Humpen.
»Das ist aber schon reichlich überfällig, oder?«
»Ihr wisst verdammt gut, dass es so ist!« Er umfasste den Humpen fester. Der Mann wusste, dass er in einer verzweifelten Lage war, wusste, dass er nach Belieben sticheln konnte. Doch Godfrey sah nur einen Ausweg vor sich, eine endgültige Befreiung aus seiner finanziellen Bedrängnis. Dann aber, ja dann, würde der Wirt des Ankers und seinesgleichen sich verdammt manierlich benehmen müssen.
»Also sollte ich mich wohl besser mit meinen Bestellungen an einen anderen wenden«, sagte der Wirt. »Mein Geld möchte ich natürlich zurück.«
Godfrey ignorierte ihn. Mit Absicht drehte er sich um und fuhr fort, die Gäste zu mustern. Verdammt wollte er sein, wenn er sich jemals wieder an George um Hilfe wandte.
»Der, den Ihr sucht, sitzt in der Ecke neben der Kaminnische.« Endlich brach George das beabsichtigte Schweigen. »Er wartet schon mindestens eine Stunde, würde ich sagen.«
Godfrey wedelte scheinbar gleichgültig die rechte Hand. Er wusste, dass er für die Information bezahlen musste; George würde seinen Preis fordern. Lief es heute gut, dann konnte er ihn leicht aufbringen, doch als er den Mann, den George ihm gezeigt hatte, genauer musterte, hätte seine Enttäuschung nicht größer sein können. Ein gemein aussehender Kerl in grober Fischerkleidung mit schlaffem, fettigem Schnauzbart und gerötetem Gesicht.
»Dort drüben?, fragte er ungläubig, als er seine Sprache wiedergefunden hatte. Der Mann wirkte, als könne er nicht mal seine Zeche bezahlen.
»Aye.«
»Wie heißt er? Ich zahle für seinen Namen.«
»Der ist keiner, der Fragen gern beantwortet«, bekam er vom Wirt zu hören.
Godfrey stieß sich von der Theke ab, nahm seinen Humpen und näherte sich dem Gast.
»Darf ich Euch auf den nächsten einladen?«, bot er an.
Der Mann blickte auf. Seine Augen waren blutunterlaufen, und als er grinste, sah man faulige, schwarze Zähne. »Gott segne Euch, Sir. Nett von Euch. Ich möchte ein Schlückchen Brandy. Sagt George, er solle darauf achten, dass es aus dem Spezialfass kommt. Nicht diese Pisse, die er denen einschenkt, die es nicht besser wissen. Aber Ihr und ich, wir wissen es.« Er grinste und zwinkerte vieldeutig.
Godfrey schauderte es, hielt aber den Mund. Er konnte nur ahnen, was George ihm für ein Tröpfchen vom Besten abverlangen würde. Trotzdem rief er scheinbar gut gelaunt zur Theke hin: »Zwei Cognacs, George. Vom Besten.«
»Nun, setzt Euch, Sir.« Der Mann deutete auf einen Schemel. »Stehend macht man keine Geschäfte.«
Godfrey zog den Schemel mit dem Fuß heran und setzte sich. In die Sägespäne, mit denen der Boden bestreut war, mischten sich verschüttetes Bier und andere Dinge, die Godfrey keiner näheren Betrachtung unterziehen wollte. Ein räudiger Hund kaute an einem Markknochen und knurrte Godfrey mit gesträubten Nackenhaaren an, als er seinen Schemel weiterrückte, um etwas besonders Ekligem auszuweichen, und dabei dem Knochen näher kam, als es dem Tier lieb war.
Der Wirt versetzte dem Hund einen Tritt, als er die zwei Zinnbecher mit Cognak auf den Tisch zwischen die zwei Männer stellte. Jaulend schlich der Hund mit dem Knochen im Maul davon.
»Das macht je einen Shilling, Sir.«
»Das ist Wegelagerei!« Godfrey konnte nicht an sich halten.
»Die Vorräte sind knapp, Sir«, erinnerte ihn der Wirt schamlos.
»Hier, George.« Godfreys Gegenüber griff in die Tasche und warf zwei Silbermünzen auf den Tisch. »Danach gibt es aber eine Gratisnachfüllung.«
Der Wirt steckte die Münzen ein und grinste. Es war ein echtes Grinsen, ein Ausdruck, den Godfrey in seinem Gesicht noch nie entdeckt hatte.
»Ganz recht, mein Freund.«
Der Freund nickte und kostete den Cognak, der seinen Beifall fand, worauf er anerkennend grunzte. Der Wirt kehrte zufrieden hinter seine Theke zurück.
»Also, junger Sir, zum Geschäft. Was habt Ihr?«
Godfrey trank einen Schluck und versuchte dahinter zu kommen, was an diesem unappetitlichen Kerl so beunruhigend wirkte. Es musste wohl die geradezu unglaubliche Autorität sein, die von ihm ausging. Zusammengesunken in seinem zerfetzten und verdreckten Wams dasitzend, erweckte er dennoch den Eindruck, völlig Herr der Lage zu sein.
»Seiden … einige bemalt«, sagte Godfrey und tippte mit einem Finger auf den
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