Die Braut von Rosecliff
ten, aber sie war jetzt eine erwachsene Frau, mit den Pflichten einer erwachsenen Frau und Mutter. Isolde hingegen…
Er lächelte in die Nacht hinein, und der helle Stern schien ihm zuzuzwinkern. Nein, er würde sich nicht einmischen, er würde nicht Partei ergreifen. Er musste sich um seine eigenen Angelegenheiten küm mern. Sogar alte Barden brauchten in den langen, kalten Wintermonaten etwas zu essen. Seine Vorr ä te an Nahrungsmitteln ließen noch sehr zu wünschen übrig…
Schritte rissen ihn aus seinen Überlegungen. Nur ein einz i ger Mann traute sich, diesen Ort nach Ein bruch der Dunkelheit aufzusuchen. »Willkommen, Randulf Fitz Hugh.«
»Ich hoffte, dich hier zu finden, Newlin, weil ich dich warnen wollte – dich und alle Waliser, die ent lang des Flusses leben. Meine Geduld ist am Ende.«
»Es ist aber nicht deine Absicht, mich von diesem Ort zu ve r treiben.«
»Nein…«
»Und du hast auch nicht die Absicht, all jene Men schen zu vertreiben, deren Vorfahren seit den Zeiten der drei Göttinnen hier gelebt haben.«
»Vertreiben will ich nur die Unruhestifter, die kei nen Frieden wollen!«
Im Mondschein waren die Gesichtszüge des Eng länders deu t lich zu erkennen, und Newlin beobachtete ihn scharf, während er sagte: »Madoc ist tot.«
Madoc ist tot. Die Worte hallten in Rands Kopf wi der. Madoc war tot. Josselyn war jetzt eine Witwe. Ihr Kind hatte keinen Vater mehr.
Er versuchte diese törichten Gedanken zu verdrängen. Die e i gentlich wichtige Neuigkeit war doch nur, dass Owain jetzt von niemandem mehr in die Schran ken gewiesen werden konnte. Was aus Josselyn wur de, ging ihn nichts an.
Newlin war anderer Meinung. »Einst wolltest du sie mit de i nem Bruder verheiraten. Vielleicht hättest du jetzt wieder die Möglichkeit, auf diese Weise für Frieden zu sorgen.«
Rand lachte bitter. »Es kann aber keinen Frieden geben, wenn nur eine Partei ihn wünscht. Nach Madocs Tod wird Owain sich noch mörderischer ge bärden.«
»Das hat aber nichts mit meinem Vorschlag zu tun.«
Rand wollte nicht über diesen Vorschlag nachden ken, und er vermutete, dass der verkrüppelte Barde das wusste. »Wie ich den Frieden sichern kann, werde ich mir überlegen, nachdem ich den Krieg gewonnen habe.«
Newlin schwieg.
»Ich bin hergekommen, um dich zu warnen«, wiederholte Rand. »Es wird ein blutiger Kampf werden, und er wird erst enden, wenn ich Owain getötet habe.«
»Ich werde diese Gegend nicht verlassen«, antwortete der Barde ruhig, »und die meisten anderen Leute auch nicht.«
»Ich genauso wenig!«
»Du hast jetzt die Absicht, in Wales zu bleiben?«
Rand runzelte die Stirn. »Ich lasse mich nicht ver treiben! Ich werde dieses Land verlassen – aber erst, wenn ich hier nicht mehr gebraucht werde.«
»Gebraucht?«
Der Zwerg versuchte ihn zu provozieren. Rand ver schränkte die Arme vor der Brust. »Ich bin auf Geheiß des Königs hier und soll eine mächtige Festung bauen, in deren Schutz s o wohl Engländer als auch Waliser ein friedliches Leben führen können. Wenn mir das gelungen ist, werde ich nach London zurück kehren.«
»Aber dein Bruder soll hier leben.«
Und er braucht eine Frau.
Die unausgesprochenen Worte hingen in der Luft.
Rand knirschte mit den Zähnen. »Ich werde Jasper ermutigen, eine Waliserin zu heiraten. Wenn er sich für Josselyn entsche i det – ich hätte nichts dagegen«, schwindelte er. »Erzähl mir jetzt lieber, wie Madoc gestorben ist.«
Der Barde zuckte mit seiner einen beweglichen Schulter. »Angeblich hatte er einen Herzanfall. Er soll sich an die Brust gegriffen haben, bevor er zu Boden sank. Aber es gibt Sti m men, die sagen, er hätte seine Hand nicht auf die Brust, so n dern auf den Magen gepresst.«
»Auf den Magen? Gift?«
Newlin mied seinen Blick. »Wer kann das sagen? Madoc war ein alter Mann.«
»Wer würde ihn vergiften wollen? Ein Sohn, der die Macht an sich reißen möchte? Oder vielleicht eine junge Frau, die ihren alten Ehemann satt hat?«
»Glaubst du wirklich, dass Josselyn so etwas tun könnte?«
»Nein…« Wie hatte er nur auf einen so absurden Gedanken verfallen können? »Aber ist Owain ein sol cher Feigling, dass er seinen eigenen Vater vergiften würde?«
»Gibt es solche Feiglinge bei euch in England nicht?«
Rand schnaubte. »Doch, natürlich. Feiglinge gibt es in jedem Land, in jedem Dorf.«
»Genauso wie es überall dumme und kluge Men schen gibt. Aber wir sind vom eigentlichen Thema ab geschweift. Du wol l test
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