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Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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etwas passiert. « Sie schwieg einen Moment und ergänzte dann: » Man hat ihnen heute jemanden gebracht. Das ist seit einer Weile nicht mehr vorgekommen. Michael kam sehr bestürzt nach Hause und sagte, er hätte vergessen, wie gräßlich das ist. Offenbar hatte der Mann sich nicht ärztlich behandeln lassen. « Sie seufzte schwer und spreizte die Finger. » Michael hat gesagt, seine Finger und Zehen müßten größtenteils schon verschwunden gewesen sein, als er starb. «
    » O je «, stöhnte Janie. Sie fragte sich, ob Michael von dem Opfer gewußt hatte, das sie neulich in der Nähe des Supermarktes gesehen hatte, und ob er es vielleicht für sich behalten hatte. » Woher war der Mann? «
    » Kendall. «
    » Meine Güte, das ist nah. «
    » Ich weiß. Aber Michael sagte, dieses spezielle Opfer käme aus einer Gemeinschaft, wo sie außer unter den schlimmsten Umständen medizinische Behandlung meiden. «
    » Ist MR SAM nicht schlimm? «
    » Vielleicht hat er sehr schnell gewirkt. «
    » Das tut er immer. «
    Doch selbst jemand, der dumm genug war, wegen irrationaler Überzeugungen zu sterben, erweckte Mitgefühl. Innerlich wollte Janie schon zu beten beginnen, da hörte sie die Tür aufgehen. Rasch sah sie sich um.
    » Oh «, hauchte sie, und das Gebet war vergessen, » vielleicht käme der in Frage. «
    Janie verzog sich in eine anonyme Ecke und beobachtete, wie das kleine Theaterstück, das jeden Tag auf der ganzen Welt von Menschen aller Rassen unzählige Male gespielt wurde, auf typisch amerikanische Weise vor ihr ablief. Caroline, hinreißend gekleidet, perfekt geschminkt und frisiert, lächelte dem eintretenden jungen Mann zu, als er vorbeikam. Er ging etwas langsamer und erwiderte das Lächeln. Dann musterte er sie anerkennend von oben bis unten. Danach setzte er seinen Weg fort und nahm mit offenkundiger Entschlossenheit vor einem freien Computerterminal Platz.
    Caroline tat dasselbe. Janie sah, daß sie kaum merklich hinkte, und schaute auf die Füße ihrer Freundin. Ihr stockte der Atem, als sie sah, daß sie ein Paar alte, aber fabelhaft aussehende hochhackige Pumps trug.
    » Scheiße «, murmelte Janie lautlos. » Caroline, du übertreibst! «
    Doch Caroline achtete nicht so auf ihre Füße, wie Janie es sich gewünscht hätte. Die junge Frau mit den roten Haaren hatte ihren Computer schnell und effizient in Betrieb genommen, nachdem sie davor saß, und es dauerte keine drei Minuten, bis sie sich am Ohr kratzte, das verabredete Zeichen dafür, daß jemand an einem anderen Terminal mit ihr Kontakt aufgenommen hatte. Dann verriet ein leichtes Grinsen Janie, daß es sich um den jungen Mann handelte, der ihr beim Hereinkommen aufgefallen war.
    Janie beobachtete, wie Caroline leise und auf eine Art, die sexy wirken sollte, etwas sagte; aber vor lauter Lärm konnte sie nichts verstehen. Doch wie vorherzusehen stand am anderen Ende des Raumes der junge Mann von seinem Terminal auf und schlendert e l ässig in Carolines Richtung, ein sieghaftes Grinsen im Gesicht und eine Flasche Wein in der Hand. Er zog einen Stuhl heran und setzte sich neben ihre Freundin. Dann streckte er die Hand aus, um sie zu begrüßen.
    » Nein, nimm sie nicht «, flüsterte Janie.
    Doch Caroline nahm sie. Janie hielt den Atem an. Es könnte Spuren hinterlassen.
    Großer Gott, Crowe, allmählich wirst du paranoid …
    Für einen Moment schloß Janie die Augen und versuchte, ihre wachsenden Befürchtungen abzuschütteln; als sie sie wieder öffnete, sah sie, daß Caroline und ihre Eroberung recht gut miteinander auskamen. Der junge Mann sah ungewöhnlich aus, extrem groß und sehr dünn; aber er war auf eine lustige Weise hübsch, und Janie fand ihn selber attraktiv. Er schien Ende Zwanzig bis Anfang Dreißig zu sein, hatte hellblonde, kurzgeschnittene Locken und einen lächerlich aussehenden Ziegenbart, der seit der Jahrhundertwende aus der Mode war.
    » Jetzt beschäftige ihn bloß für ein paar Minuten «, flüsterte Janie.
    Sie glitt von ihrem im Halbdunkel stehenden Hocker und ging durch den Raum zu dem Terminal, den der junge Mann verlassen hatte. In einiger Entfernung davon setzte sie sich hin und nahm den von Michael » geliehenen « Biopol-Taschencomputer heraus. Auf Daumennageldruck öffnete er sich, und dann aktivierte sie ihn mit der Nummer, die Caroline ihr gegeben hatte – einer Nummer, die ihr Zugang zu so ziemlich allen Datenbanken verschaffte und ohne die sie sofort verhaftet worden wäre. Sie richtete den

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