Die Bruderschaft Christi
hören.«
Gideon blickte sich verschwörerisch um, doch in der kleinen Gasse war keine Menschenseele zu sehen. Die beiden waren alleine.
»Was ist es dir wert?«, fragte Gideon mit einem Lächeln auf den Lippen.
»Ist es eine wichtige Neuigkeit?«
»Ich würde sagen, sie ist mindestens fünfhundert wert.«
Solomon Pollak fasste in seine Jackentasche. »Da bin ich aber gespannt«, sagte er und holte die Geldscheine heraus.
»Gina Andreotti aus dem Team des Professors wurde ermordet aufgefunden«, flüsterte Gideon geheimnisvoll.
Solomon packte die Scheine wieder in die Jackentasche. »Das weiß ich längst, ich bezahl dich nur für Neuigkeiten, verstehst du.«
Gideon blickte Solomon erstaunt an. »Woher weißt du das?«
»Ich habe es gehört«, antwortete Pollak.
»Das kann nicht sein, außer dem Professor und seinen engsten Mitarbeitern weiß das bislang noch niemand. Ich habe es zufällig aufgeschnappt, als sie sich unterhielten. Sie wollen, dass es noch niemand erfährt, bevor die Familie der Toten über das Konsulat informiert ist. Wie also willst du es irgendwo gehört haben? Es sei denn …«
Gideons Erkenntnis reifte mitten im Satz, ehe er verstummte.
»Schade«, sagte Solomon Pollak.
»Was … was ist … schade?«, stammelte Gideon.
»Nun wirst du deinen zweiten Geburtstag doch nicht mehr feiern können«, antwortete Solomon Pollak kalt. In seiner Hand lag eine Pistole. Zwei Schüsse peitschten auf und brachen sich an den Fassaden der Häuser in der menschenleeren Gasse, ganz in der Nähe des russischen Viertels.
18
Jerusalem, Ausgrabungsstätte an der Straße nach Jericho …
Tom starrte in Gedanken versunken auf die Tasse, die er mit beiden Händen umklammerte. Im großen Zelt, in dem normalerweise die Arbeiter und Helfer verpflegt wurden und es um die Mittagszeit vor hungrigen und durstigen Menschen nur so wimmelte, herrschte düsteres Schweigen. Professor Jonathan Hawke und Jean Colombare hielten ihr Gesicht in den Händen vergraben.
Moshav hatte die Arbeiter in ihre Zelte oder nach Hause geschickt. Heute wurde nicht mehr gearbeitet. Auf dem Grabungsfeld waren noch immer Sicherheitskräfte des israelischen Militärs mit der Minensuche beschäftigt.
Yaara schenkte sich erneut Kaffee nach. Ihre Augen waren rotgeweint.
»Es war ein Unfall«, durchbrach Jean Colombare die Stille. »Ein dummer Zufall. Niemand kann etwas dafür. Ich denke, wir sollten unsere Sachen zusammenpacken und von hier verschwinden. Diese Grabung steht unter keinem guten Stern.«
»Gina wurde ermordet«, antwortete Moshav. »Das war kein Zufall.«
»Sicherlich«, antwortete Jean. »Ich hoffe, dass die Polizei das Schwein findet und in das dunkelste Loch wirft, das es in Israel zu finden gibt. Aber der Mord hat nichts mit der Ausgrabung zu tun.«
»Bist du dir da wirklich sicher?«, fragte Tom.
»Was soll das heißen«, antwortete Jean erstaunt. »Du glaubst doch nicht …«
»Doch, ich glaube, dass man uns von hier vertreiben will«, fiel ihm Tom ins Wort. »Seit wir hier mit den Grabungen begonnen haben, gibt es ständig Zwischenfälle. Niemand weiß, wo Raful steckt. Vielleicht ist er auch längst tot.«
»Das ist nicht dein Ernst. Wer sollte uns von hier vertreiben wollen?«
Tom schaute Jean Colombare in die Augen. »Hat nicht Chaim Raful selbst gesagt, dass er der römischen Kirche nicht traut und befürchtet, dass sie ihren Einfluss geltend macht, um diese Grabungen zu verhindern. Was ist, wenn er Recht hat?«
Jean schüttelte den Kopf. »Das sind doch Hirngespinste. Du selbst weißt doch, welche Manie Raful entwickelt hat, wenn es um die Kirche geht. Das ist ja schon krankhaft, und niemand nimmt ihn noch ernst.«
Moshav erhob sich und schaute zum Zelt hinaus. »Sie suchen noch immer nach weiteren Minen.«
Jean erhob sich ebenfalls und trat zu Moshav. »Die Erde, die hier abgelagert wurde, ist verseucht, sie stammt aus der Altstadt. Israel ist nun einmal kein friedliches Land. Mich würde es nicht wundern, wenn sie noch weitere Minen finden.«
Professor Jonathan Hawke räusperte sich. »Es ist eine grundsätzliche Frage, ob wir weiterarbeiten. Nach all den Vorfällen kann ich von niemandem verlangen, dass er noch hierbleibt. Ich selbst bin im Zweifel, was richtig ist.«
Tom schob seine Tasse zur Seite. »Für mich ist ganz klar, wir sind hierhergekommen, um eine römische Garnison freizulegen. Die Ausgrabungen sind noch nicht beendet.«
Jean wandte sich um. »Raful ging es nie um diese Garnison,
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