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Die Bruderschaft der Black Dagger

Titel: Die Bruderschaft der Black Dagger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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Manchmal hat unser Notausstieg vier Reifen und wummernde Beats. Gesegnet seien diese Rettungskutschen.
    Als ich losfuhr, ging die Sonne gerade unter, und ich fuhr weit, weit weg … ich überquerte den Ohio River und nahm die Uferstraße. So was habe ich in letzter Zeit häufig gemacht, einfach abhauen, nur ich und der Wagen und die Sommerluft und die Musik. Die Bäume über mir waren schwarz, wie ein Tunnel, dem ich in der verzweifelten Hoffnung folgte, dass er mich an einen völlig anderen Ort führen würde.
    Es funktionierte.
    Die Sonne sank zu meiner Linken wie eine große, fette Scheibe, als hätte jemand einen Haken daran befestigt und versuchte, sie vom Himmel zu ziehen, aber ihr natürlicher Auftrieb würde
dagegen ankämpfen. Die Luft um mich herum war irrsinnig feucht, dick wie eine Wolke, und sie roch nach … nach Sommer eben. Diese süßliche Schwüle umhüllte meine Haut, und ich genoss den Moment.
    Dort draußen auf der Straße war das Leben schön. Es war ein kostbares Geschenk, nicht die Bürde, die es manchmal sein kann. Das Leben war das atmende Geheimnis, das es sein sollte.
    Und ich musste an Phury denken.
    Ich fuhr und fuhr und fuhr, weit weg von zu Hause … und er folgte mir. Als säße er neben mir im Auto, den Ellbogen aus dem Fenster gehängt, die Mähne im Wind wehend. Ich stellte mir das Gelb seiner Augen als die Farbe der untergehenden Sonne vor, so leuchtend, so warm, so wunderschön.
    Natürlich war er nicht wirklich bei mir. Er wäre ja sonst in Flammen aufgegangen. Aber er war in meinem Kopf und blickte durch meine Augen und lauschte dem, was um mich herum war. Und er glitt in meine Brust wie ein Geist und machte sich in meinen Knochen breit und übernahm das Steuer und den Schaltknüppel und das Gaspedal.
    Und solange er bei mir war, erzählte er mir vom Wesen des nicht Habens. Des nicht haben Könnens. Des absolut Unmöglichen.
    Des Unerfüllten.
    Ich sah ihn am Esszimmertisch sitzen. Bella saß ihm gegenüber, jenseits des Porzellans und des Silberbestecks und des Kristalls, auf der anderen Seite der Mahagonikluft … eine Million Meilen entfernt, die niemals überbrückt werden würden. Er beobachtete ihre Hände. Beobachtete, wie sie ihr Fleisch schnitt, das Lamm mit der Gabel aufspießte und an die Lippen führte. Er beobachtete ihre Hände, weil das die einzige wenigstens annähernd sozial akzeptierte Option war, die er hatte.
    Zu wollen, was man nicht haben kann, ist eine ganz besondere Hölle. Denn der Geist geht auf Wanderschaft. Führt einen in unerwünschte Richtungen. Quält einen mit Aromen, die man
nie auf der Zunge schmecken, Formen, die man nie erspüren, Gefühlen, die man nie, niemals ausdrücken wird.
    Er ist der Gefangene seiner Ehre und seiner Liebe zu seinem Zwillingsbruder, der Gefangene auch seiner Achtung vor Bella … ein Sklave seines moralischen Wesens.
    Ich glaube, was es für ihn am schwersten macht, ist, dass sie immer in seiner Nähe ist. Er sieht sie jeden Tag. Jeden Morgen, wenn er zurückkehrt, weiß er, dass sie dort sein wird, wo auch er lebt.
    Was tut er? Er liegt in seinem großen Bett und raucht die Joints, die seine Nerven beruhigen, und er betet, dass alles bald vergehen möge. Was die Sache noch schlimmer macht, ist seine grundehrliche Freude für Z: In seiner ganz speziellen Hölle empfindet Phury eine ungeheure Erleichterung, weil er weiß, dass Z nun eine Zukunft hat.
    Erleichterung … ja, Erleichterung. Phury betrachtet seinen fehlenden Unterschenkel und fühlt sich unwürdig und schwach und lahm, und dabei geht es eigentlich nicht so sehr um die Amputation, denn in dieser Hinsicht bereut er nichts. Was ihm tagsüber zu schaffen macht, wenn das Haus still ist und Bella und Z ineinander verschlungen in ihrem Bett schlafen … Was Phury zu schaffen macht, ist die Tatsache, dass er sexuell total ahnungslos und ein Stümper ist, und dass kein Weg aus dieser Trostlosigkeit führt. Selbst wenn er das Zölibat aufgäbe, selbst wenn er eine Frau fände und sie auf den Rücken legen und mit ihr einen wilden Ritt hinlegen würde - was genau sollte das kurieren? Durch einen plumpen, lieblosen Akt würde er sich keinen Deut besser fühlen. Wenn überhaupt, würde ihn das noch tiefer verletzen … weil er weiß, dass es nicht das ist, was zwischen Z und Bella geschieht.
    Nein … Phury steht auf der anderen Seite des Flusses und beobachtet einen Sonnenuntergang. Darf nicht anfassen. Darf nur ansehen. Und wird nie besitzen.
    In seiner

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