Die Bruderschaft der Woelfe
überlegt«, fuhr Gaborn fort, »welch
schlechten Dienst Ihr Eurem König erwiesen hättet, wäret Ihr für ihn sinnlos gestorben?«
»Der Tod wäre einfacher zu ertragen gewesen als die Schuld, die ich auf mich geladen habe«, hielt Tempest dagegen. Sein Blick ging suchend zum Boden.
»Zweifellos«, sagte Gaborn. »Wer sich also für den Tod entscheidet, der hat den einfacheren Weg gewählt, ist es so?«
Tempest hob verunsichert den Kopf. »Mein Lord, mein Weib hat mein Schlachtroß genommen, um meine Kinder und einen Karren hierher nach Groverman zu bringen. Pferd und Rüstung habe ich noch. Ich bin ein ungewöhnlich guter Lanzenträger. Auch wenn ich keine Gaben mehr besitze, bitte ich darum, mit Euch nach Süden ziehen zu dürfen.«
»Ihr würdet den ersten Angriff nicht überleben«, erwiderte Gaborn.
»Wie dem auch sei«, knurrte Tempest.
»Als Sühne für Eure Tat«, meinte Gaborn, »werde ich Euren Tod nicht akzeptieren. Ihr sollt mir lebend dienen. Ich habe Hunderte von Männern, die in den Krieg reiten, und viele von ihnen werden nicht zurückkehren. Ich brauche Krieger. Ich bitte Euch, mit Eurer Frau und Euren Kindern auf Groverman zu bleiben und sie zu beschützen. Des weiteren befehle ich Euch, mit der Ausbildung von Kriegern zu beginnen. Ich brauche eintausend junge Lanzenträger.«
»Eintausend?« wiederholte Tempest.
»Mehr, wenn Ihr mehr auftreiben könnt«, ergänzte Gaborn.
Gaborns Forderung war unerhört. Normalerweise bildete ein Ritter während seines ganzen Lebens zwei oder drei Knappen aus. »Ich werde Groverman davon in Kenntnis setzen, was ich benötige. Für jeden jungen Burschen und jede junge Frau, die unter Eurem Kommando der Armee beitritt, werden Hunde, die als Übereigner dienen, Zwingeisen, Rüstungen und Pferde bereitstehen. Ihr behauptet, ein vorzüglicher Lanzenträger zu sein, also könnt Ihr andere darin unterrichten, wie sie die Lanze zu führen und die Pferde zu versorgen haben. Weitere Männer können den Gebrauch des Kriegshammers und des Bogens lehren und wie man die Rüstung pflegt.
Sucht nur die Klügsten und Stärksten aus, die Ihr finden könnt«, ordnete Gaborn an, »denn jetzt kommt der schwierige Teil: Ihr habt nur bis zum Frühling Zeit. Die Ausbildung der Krieger muß bis dahin abgeschlossen sein. Dann werden uns die Greifer überfallen.«
Gaborn wußte nicht genau, aus welchem Grund er sich
dessen so sicher war. Allen Hinweisen zufolge krochen die Greifer bereits jetzt aus ihrem Unterschlupf, andererseits war allgemein bekannt, daß sie die Kälte nicht gut vertragen konnten. Sie richteten ihre Lagerstätten tief in den heißen Regionen der Unterwelt ein, und wenn sie überhaupt jemals Beutezüge an die Erdoberfläche unternahmen, dann neigten sie dazu, dies während des Sommers zu tun. Mit dem ersten Schnee zogen sie sich wieder zurück.
In den Vulkanen, die die Weltwürmer auf ihrem Weg
zurückließen, besaßen die Greifer jetzt leicht zu verteidigende Bollwerke. Möglicherweise hatten sie die Absicht, sich in diesen Vulkanen wie in Festungen zu verschanzen, überlegte Gaborn.
Dennoch hoffte er, die Greifer würden in der Kälte keine großen Strecken zurücklegen.
»Sechs Monate?« fragte Tempest. Er sagte nicht, es sei unmöglich, doch sein Tonfall deutete dies an.
Gaborn nickte. »Hoffentlich bleibt uns überhaupt soviel Zeit.«
»Ich werde mich noch heute nacht an die Arbeit machen«, versprach Tempest. Er erhob sich, salutierte, drehte sich um und stieg entschlossenen Schritts die Stufen hinunter.
Gaborn blieb zurück, die Kerze in der Hand. Er blickte durch die offene Tür hinüber zu Iome. Das Bett hatte nicht sehr bequem ausgesehen – zu weich, zu hart, was immer. Er bezweifelte, daß er würde schlafen können, statt dessen stand ihm der Sinn mehr nach einem Spaziergang durch den Garten des Herzogs.
Der Duft der Kräuter dort wäre ein besserer Trost als Schlaf, überlegte er.
Gaborn nahm die Kerze mit nach unten und beleuchtete
damit den Weg zur hinteren Tür des Bergfrieds, durch die er in den Garten des Herzogs gelangte.
Im Schein der Sterne konnte er kaum etwas erkennen. In einer Ecke stand die weiße Statue eines Ritters auf einem Streitroß, den Speer gen Himmel gereckt. Weiden hingen herab und streiften den Kopf des Soldaten, und in einem kleinen Teich zu Füßen des Pferdes spiegelten sich die Sterne.
Er roch Lavendel und Bohnenkraut im Garten, Anis und
Basilienkraut. Der Garten war längst nicht so außergewöhnlich
Weitere Kostenlose Bücher