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Die Bruderschaft der Woelfe

Die Bruderschaft der Woelfe

Titel: Die Bruderschaft der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Schein der Kerze erkannte Gaborn, daß Tränen seine dunklen Augen trübten.
    »Doch«, entgegnete Gaborn, zu müde, um zu streiten. So mancher, der es wert war, Erwählt zu werden, hielt sich offenbar für unwürdig.
    »Erkennt Ihr mich nicht wieder?« wollte der Mann wissen.
    Gaborn schüttelte den Kopf.
    »Mein Name ist Tempest, Cedrick Tempest«, erklärte er. »Ich war Kommandant der Garde in Longmot, bevor die Stadt fiel.
    Ich war dort, als Euer Vater starb und alle umgekommen sind.«
    Gaborn erinnerte sich an den Namen. Aber er hatte eine Gabe der Geisteskraft verloren, und wenn er Tempests Gesicht jemals zuvor gesehen hatte, dann war es aus seinem Gedächtnis gelöscht.
    »Verstehe«, sagte er. »Geht und schlaft ein wenig. Ihr seht aus, als hättet Ihr Ruhe noch nötiger als ich.«
    »Ich…« Cedrick Tempest senkte den Blick erschrocken zu Boden und schüttelte staunend den Kopf. »Ich bin nicht gekommen, um Erwählt zu werden. Ich bin unwürdig. Ich wollte beichten, mein Lord.«
    »Dann beichtet«, erwiderte Gaborn, »wenn Ihr meint, Ihr habt es nötig.«
    »Ich bin des Postens eines Gardisten nicht würdig! Ich habe mein Volk verraten!«
    »Wie das?«
    »Nach dem Fall von Longmot ließ Raj Ahten die
    Überlebenden zusammentreiben und bot jedem das Leben, der Euch verrät.«
    »Ich kann in Eurem Herzen keinen Verrat erkennen«, meinte Gaborn. »Was hat er verlangt?«
    »Er war auf der Suche nach Zwingeisen. Er hatte zahlreiche Zwingeisen mitgebracht und wollte wissen, wohin und wann sie verschwunden waren. Er wollte jedem das Leben schenken, der es ihm mitteilte.«
    »Was habt Ihr geantwortet?« fragte Gaborn.
    »Ich habe die Wahrheit gesagt: daß Euer Vater sie mit seinen Boten nach Süden geschickt hat.«
    Gaborn konnte ein gequältes Lachen kaum unterdrücken.
    »Nach Süden? Habt Ihr den Blauen Turm erwähnt?«
    »Nein«, antwortete Tempest. »Ich habe ihm erzählt, die Männer seien nach Süden geritten, ich wüßte jedoch nicht, wohin genau.«
    Aber ganz sicher hatte Raj Ahten geglaubt, man habe die Zwingeisen in den Blauen Turm gebracht. Wohin sonst sollte ein König aus Mystarria seine Zwingeisen schaffen lassen?
    Falls Gaborn die Absicht hatte, diese Zwingeisen sinnvoll einzusetzen, war der Blaue Turm die einzige Festung in ganz Mystarria, die vierzigtausend neue Übereigner hätte aufnehmen können.
    Wieso hat er das nicht eher begriffen? fragte sich Gaborn. Raj Ahten hatte den Blauen Turm nicht zerstört, um Mystarria niederzuwerfen, sondern um ihn zu demütigen!
    Gaborn lachte rauh und stellte sich vor, welche Angst Raj Ahten vor ihm haben mußte, solange er nicht ahnte, daß die Zwingeisen in einer Grabstätte in Heredon versteckt lagen.
    Cedrick Tempest hob den Blick, und in seinen Augen loderte Wut auf. Er mochte es nicht, wenn man über ihn lachte.
    »Ihr habt mich nicht verraten«, erklärte Gaborn. »Wenn mein Vater etwas nach Süden geschickt hat, dann sicher keine Zwingeisen. Mein Vater hat darauf gezählt, daß jemand wie Ihr sagt, wohin die Zwingeisen verschwunden sind, damit Raj Ahten sich sofort auf eine sinnlose Suche begibt. Durch Eure Auskunft habt Ihr meinem Vater einen sehr großen Dienst erwiesen.«
    »Mein Lord?« fragte Tempest, dem die Scham die Röte ins Gesicht trieb.
    Gaborn hätte es wissen müssen. Sein Vater war ein weit besserer Stratege gewesen, als er jemals sein würde. Seit er zum Erdkönig geworden war, hatte er sich darauf verlassen, daß seine neu entdeckten Kräfte ihn beschützten.
    Sein Vater dagegen hatte ihn stets gelehrt, den Verstand zu gebrauchen, Intrigen und Pläne zu schmieden und nach vorn zu schauen. Das hatte Gaborn nicht getan, sonst hätte er daran gedacht, den Blauen Turm hundertfach zu verstärken und Raj Ahten auf diese Weise eine Falle zu stellen.
    »Verratet mir eins«, bat Gaborn, »wart Ihr der einzige, der sich bereit erklärt hat, sein Leben gegen ein unnützes Wissen einzutauschen?«
    »Nein, mein Lord«, antwortete Tempest gesenkten Kopfes.
    »Andere haben sich ebenfalls angeboten.«
    Gaborn wagte nicht, Tempest die Wahrheit zu erzählen, daß wegen der Lüge, die er in König Ordens Interesse verbreitet hatte, Zehntausende von Soldaten hatten sterben müssen und vielleicht noch hunderttausend weitere in dem bevorstehenden Krieg den Tod finden würden. Eine solche Last konnte er niemandem aufbürden.
    »Wenn Ihr es Raj Ahten nicht verraten hättet, dann hätte es also ein anderer getan?«
    »Ja«, antwortete Tempest.
    »Habt Ihr Euch

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