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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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mit ihnen die Töter zu füttern. Also unternahmen die Töter gelegentlich einen Vorstoß nach Sade, schleppten ein paar Einwohner mit sich und verschanzten sich dann wieder seelenruhig im Palast. Ein Versuch, die Stadt mit den Guerillas zu besetzen, hatte überhaupt keinen Sinn; die Stadt war ein Alptraum der Hungersnot und des wilden Kannibalismus. Das einzige Gesetz, das dort galt, war das Gesetz des Dschungels, und nur wer eine Pistole besaß, konnte sich dort einigermaßen sicher fühlen. Nachdem der übliche Fluß der Opfer aus dem Palast abgeschnitten war, waren die Sadianer dazu übergegangen, die öffentliche Speisehalle mit ihren eigenen Leuten zu füllen: den Alten, Kranken und Schwachen, mit allen, die sie erwischen konnten. Guerillas und Töter entsandten gleichermaßen bewaffnete Gruppen in die Stadt; beide konnten die Stadt einnehmen, aber beide würden sie niemals halten können. Und wer wollte das schon …? Beide Seiten warteten ab.
    Fraden wartete darauf, daß Moro die Nahrung ausging, und während er durch das Lager ging, erkannte er nur allzu deutlich, worauf der Prophet wartete. Vielleicht war Moro nicht der hellste Kopf in der Galaxis, aber er schätzte sein sangranisches Volk richtig ein.
    Fraden schaute über das Guerilla-Camp und sah die Männer überall untätig umherstreunen. Manche schliefen, andere steckten in kleinen Gruppen die Köpfe zusammen oder reinigten ihre Waffen. Eine brütende, bedrohliche Stimmung lag über dem Lager. Das Camp war voll von untätigen Männern. Eine Armee, die nach Aktionen hungerte, eine Armee, die nur von Versprechungen und der Androhung von Strafe zusammengehalten wurde. Ja, Moro kannte seine Sangraner!
    Die sangranischen Bauern standen noch zu Fraden. Auf sie konnte er sich verlassen, er war der Befreier, der Held. Er hatte die Töter aus dem Land gejagt und die Bauern mit kleinen Schauspielen erfreut. Sie würden bis zum Ende zu ihm stehen, was sollten sie auch sonst tun? Er hatte sie zur Landwirtschaft angeleitet und die letzten Banditen ausgelöscht, die dazu übergegangen waren, die Dörfer zu überfallen, nachdem es keinen Bruderschaftsbesitz mehr gab, den sie plündern konnten.
    Mit der Volksarmee war das jedoch etwas anderes. Das wußte er, und er wußte auch, daß Moro das wußte. Sie hatten niemanden, gegen den sie kämpfen konnten, und sie hatten Gewehre. Sie besaßen Gewehre, und es gab keine Töter mehr, die sie aufgehalten hätten, wenn sie es selbst einmal als Banditen versuchen wollten, und das hatten sie erkannt. Moros Strategie war ganz eindeutig: Er versuchte lange genug durchzuhalten. Schließlich würde die Volksarmee meutern. Vielleicht würden die Soldaten die Außenweltler töten und sich in zahllose einzelne Banden aufteilen. Am Ende würden sie zu einer führerlosen Horde verkommen. Dann würden die achttausend Töter wieder eine mächtige Streitmacht darstellen, die es nur mit einzelnen Banditen zu tun hatte. Nach und nach, Bezirk für Bezirk würde Moro das Land wieder unter seine Kontrolle bringen.
    Fraden mußte sich eingestehen, daß er – solange die Festung der Bruderschaft noch Bestand hatte – die Volksarmee nicht auflösen konnte, um vielleicht nur eine kleine Polizeitruppe zurückzubehalten. Wenn es nur eine Möglichkeit gäbe, den Palast einzunehmen … Ein entscheidender Angriff, verbunden mit einem Volksaufstand in Sade vielleicht? Es war leicht, eine Explosion in der Stadt zu entzünden, aber wie konnte er den Volkszorn gegen den Palast lenken? Wie konnte er verhindern, daß die Stadt in einer Orgie des Plünderns, Mordens und des Massenkannibalismus versank …?
    Es war eine quälende Situation. Der Sieg war zum Greifen nahe. Vernichte den Palast, dachte er, dann kannst du den größten Teil der Volksarmee auflösen, kannst sie auf eine leicht zu kommandierende Größe bringen.
    Die Freiwilligen würden den Freaks ihre Waffen übergeben, wenn man ihnen die Schnittpistolen vorhielt. Es war ja jetzt bereits so, daß die Angst vor den tötergleichen Herogynfreaks und ihrer furchtbaren fremden Waffen das einzige war, was die Freiwilligen noch in Reih und Glied hielt.
    Fraden verzog das Gesicht. Da gab es noch einen weiteren lästigen Punkt: Er war gezwungen, Vanderling zu erlauben, noch weitere fünfhundert Mann zu Süchtigen zu machen. Die etwa einhundert Schnittpistolen wurden unter den Herogynsüchtigen herumgereicht. So erreichte man die Illusion, daß sie alle eine hätten, und die Bauerntölpel kamen fast um vor

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