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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Alle überlebenden Brüder von Sangre waren dort versammelt, Tausende von Sklaven und Frauen leisteten ihnen Gesellschaft. Die vielen schwarzen Roben bildeten einen finsteren Kontrast zu den farbenfrohen Tischen, die mit Obst, Braten und Weinkrügen bepackt waren. Sonnengebräunt schimmerte die nackte Haut der Sklaven und rosig leuchteten die schönen Körper der Lustsklavinnen. Wie Geier unter Paradiesvögeln sahen die Brüder aus.
    Vorn, in der Mitte des Pavillons, konnte er Moro erkennen. Wie die anderen trug er einen schwarzen Umhang und war fetter denn je. Er saß auf seinem erhöhten Thron und hielt in der rechten Hand einen länglichen Gegenstand, einem Zepter nicht unähnlich.
    Darüber, darunter und auf beiden Seiten des Pavillons waren die Ränge schwarz von uniformierten Tötern, zweitausend mochten es sein. Sonnenlicht glänzte rötlich auf Tausenden von Gewehrläufen.
    Die Töter wurden auf beiden Seiten von einer Vielzahl von Männern flankiert, die Lendenschürze trugen; es waren etwa zweitausend auf jeder Seite. Fraden grinste. Sie waren als Tiere verkleidet, aber selbst auf diese Entfernung konnte man erkennen, daß ihre Oberkörper kräftig und muskulös waren. Es waren nicht die dürren Rippenkästen der sangranischen Tiere. Er brauchte ihre Zähne gar nicht zu sehen, um zu wissen, daß sie spitz zugefeilt waren, er brauchte die Gewehre nicht zu entdecken, die sie im Gewirr der vielen Füße verbargen. Er wußte, daß sie dort waren. Man kann einen Iltis nicht zwischen Kaninchen verstecken, und man konnte einen Töter nicht unter Tieren verbergen. Die Falle war gespannt … und die Falle in dieser Falle … und die allerletzte Falle …
    Er spürte plötzlich, wie eine Hand nach der seinen griff. Es war Sophia. Schweigend deutete sie mit dem Kopf auf die Arena, ihre Zähne gruben sich in die Unterlippe, die Augen hatten sich geweitet.
    Er folgte ihrem Blick und schluckte, denn erst jetzt sah er, daß der ganze Arenaboden einem Wald glich, einem Wald aus roh gezimmerten hölzernen Gestellen. Die T-förmigen Gebilde hatte man in den festgestampften Boden gerammt. Tausende waren es, in zahllosen Reihen angeordnet; am Fuß jeden Gestells hatte man Reisighaufen aufgetürmt. Hier und dort brannte Öl in einem Kessel, und neben den Feuern lagen Haufen von Pechfackeln, die noch nicht angezündet waren. Lange Eisennägel waren bei den Feuern aufgeschichtet, und Hunderte von Tötern hatten sich zwischen den Gestellen verteilt. Sie warteten. In den Fäusten hielten sie schwere Hämmer.
    Fraden führte Vanderling und Sophia, die seine Hand fest umklammert hielt, zur Mitte der freien Ränge. Nachdem sie sich niedergelassen hatten, verstaute Fraden die papierumwickelte Bruderrobe sorgfältig unter seinem Sitz. Danach drängten sich die Herogynsüchtigen in die umgebenden Bänke. Sie bildeten einen lebenden Schutzwall um sie. Ein Rechteck von sitzenden bewaffneten Männern, in dessen Mitte sich Fraden, Sophia und Vanderling befanden.
    Fraden beobachtete die Reihen der Brüder unter dem Baldachin. Sie tranken, schlangen gewaltige Fleischbrocken herunter und vergnügten sich mit ihren Lustsklavinnen oder ließen sich von diesen verwöhnen. Die Tiere wirkten gespannt und still. Die meisten von ihnen starrten in seine Richtung, eine wilde Erwartung in den Augen. Auch die Töter sahen ihn an, die Hände auf den Gewehren, ebenso die Töter in ihren lächerlichen Verkleidungen. Diese hatten die Hände im Schoß verborgen, hielten sie in der Nähe der versteckten Gewehre … Er spürte, daß eine schreckliche Spannung über dem Stadion schwebte, eine Welle, die kurz vor dem Überkippen stand. Jede Gruppe wartete darauf, daß das Warten ein Ende nehmen würde, daß die Ereignisse dieses schrecklichsten aller Schmerzenstage ihren Lauf nehmen würden.
    Dann erhob sich Moro schwerfällig auf die Füße. Er setzte ein elektrisches Megaphon an die Lippen, und die Luft wurde von seiner mächtigen, dröhnenden Stimme zerrissen.
    „Schmerzenstag!“ donnerte Moro, und das Echo hallte aus der riesigen Schale des Stadions zurück. „Schmerzenstag! Schmerzenstag! Schmerzenstag!“ Seine verstärkte Stimme verschmolz mit den eigenen Echos und bildete so eine gewaltige, niederschmetternde Lautkaskade.
    Die Brüder nahmen seinen Ruf auf. Moros elektrisch verstärktes Brüllen verwandelte sich in einen abgehackten, dröhnenden Sprechchor: „ SCHMERZENSTAG ! SCHMERZENSTAG ! SCHMERZENSTAG ! SCHMERZENSTAG !“
    Die Töterhorden stimmten

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