Die Bruderschaft
Stunde lang an dem Umschlag. Der Poststempel lautete: Neptune Beach, Florida.
Sie ließ den Umschlag unverschlossen. Ihr Werk wurde begutachtet und in eine andere Abteilung gebracht. Die Kassette wurde von einem jungen Agenten besprochen, der an der Northwestern University Schauspielunterricht gehabt hatte. Mit leiser, akzentloser Stimme sagte er: »Hallo, AI, hier ist Ricky. Ich hoffe, du bist angenehm überrascht, meine Stimme zu hören. Man lässt uns hier nicht das Telefon benutzen, aber aus irgendeinem Grund dürfen wir Kassetten verschicken. Ich kann’s gar nicht erwarten, hier rauszukommen.« So ging es fünf Minuten lang weiter: über die Entziehungskur und darüber, wie sehr er seinen Onkel und die Leute hasste, die in Aladdin North das Sagen hatten. Er musste allerdings zugeben, dass sie ihn von seiner Sucht geheilt hatten. Er war sicher, dass er die Klinik später, im Rückblick, nicht mehr so negativ beurteilen würde.
Es war alles nur Geplauder. Er sprach nicht über irgendwelche Pläne für die Zeit nach seiner Entlassung und gab keinen Hinweis darauf, wohin er sich dann wenden und was er tun würde. Dass er sich gern eines Tages mal mit AI treffen würde, erwähnte er nur beiläufig.
Man war noch nicht so weit, AI Konyers zu ködern. Die Kassette diente nur einem einzigen Zweck: einen Sender aufzunehmen, der sie zu dem Versteck führen sollte, in dem Lake Rickys Briefe aufbewahrte. Ein präparierter Umschlag war zu riskant - AI hätte den Sender vielleicht entdeckt.
Bei Mailbox America in Chevy Chase hatte die CIA mittlerweile acht Postfächer, ordnungsgemäß gemietet von acht verschiedenen Personen, von denen jeder, wie AI Konyers, 24 Stunden täglich Zugang hatte. Sie kamen und gingen zu allen Tagesund Nachtzeiten, sahen in ihren Postfächern nach, holten die Briefe ab, die sie an sich selbst geschickt hatten, und kontrollierten, wenn niemand hinsah, auch Als Post.
Da sie seinen Terminkalender besser kannten als er selbst, warteten sie geduldig auf ihn. Sie waren sicher, dass er sich, wie zuvor, in Joggingkleidung aus dem Haus schleichen würde, und so hielten sie den Brief mit der Kassette bis zu einem bestimmten Abend um kurz vor zehn Uhr zurück. Dann steckten sie ihn in das Postfach.
Vier Stunden später sprang Lake, als Jogger verkleidet, unter den wachsamen Blicken von einem Dutzend Agenten aus einem Taxi, das vor Mailbox America hielt, trabte, das Gesicht halb vom langen Schild einer Joggingmütze verborgen, hinein, holte seine Post ab und eilte wieder zum Taxi.
Sechs Stunden später verließ er Georgetown, um an einem Gebetsfrühstück im Hilton teilzunehmen. Man wartete. Um neun Uhr sprach er zu einer Gruppe von Polizeichefs und um elf Uhr zu tausend Schuldirektoren. Er aß mit dem Präsidenten des Repräsentantenhauses zu Mittag. Um drei Uhr erschien er in einem Fernsehstudio, wo eine anstrengende Befragung durch drei Intellektuelle aufgezeichnet wurde. Danach kehrte er in sein Haus zurück, um die Koffer zu packen. Er musste um acht Uhr am Reagan National Airport sein, um nach Dallas zu fliegen.
Sie folgten ihm zum Flughafen, sahen die Boeing 707 abheben und riefen in Langley an. Als die beiden Agenten des Secret Service eintrafen, um die Umgebung von Lakes Haus zu überwachen, hatten sich die Leute der CIA bereits Zugang verschafft.
Die Suche endete nach zehn Minuten in der Küche. Ein transportabler Empfänger hatte das Signal des Senders in der Kassette aufgefangen. Sie fanden sie im Mülleimer, zusammen mit einer halb leeren Milchtüte, zwei zerrissenen Haferflockenpackungen, ein paar schmutzigen Papiertüchern und der aktuellen Ausgabe der Washington Post. Die Putzfrau kam zweimal pro Woche. Lake hatte den Abfall stehen gelassen, damit sie ihn in die Mülltonne warf.
Sie hatten das Versteck nicht finden können, weil es keins gab. Er war so klug, alle Beweismittel sofort zu vernichten.
Teddy war fast erleichtert, als er es erfuhr. Das CIA-Team war noch in Lakes Haus und wartete darauf, dass die Secret-Service-Agenten abzogen. Wie immer Lakes geheimes Doppelleben aussah - er gab sich alle Mühe, keine Spuren zu hinterlassen.
Die Kassette machte Aaron Lake nervös. Rickys Briefe und das Foto seines gut aussehenden Gesichts hatten ihn erregt. Der junge Mann war weit weg - sie würden sich wahrscheinlich nie begegnen. Sie konnten Brieffreunde sein, sie konnten auf die Entfernung miteinander spielen und sich einander vielleicht langsam nähern -das war es jedenfalls, was Lake
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