Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)
Flammen gegen mich richten. Aber ich konnte auch nicht wegsehen. Die Hexe schrie hinauf zu ihren Göttern, Feuerstrahl um Feuerstrahl schoss aus ihren Händen und verbrannte Mann um Mann, aber immer noch griffen sie an! Raserei hatte sie gepackt, jetzt, da ihr Feind in Reichweite war. Auch Frauen schlossen sich dem Angriff an, bewaffnet mit Knüppeln aus Brennholz, und auch sie starben, wurden zu schwarzer Asche verbrannt. Die verkohlten Leichen stapelten sich nur so, und der Offizier streckte die nieder, die nahe genug herankamen. Er kämpfte wie ein in die Enge getriebener Löwe und sie ebenso. Ich konnte jedes Fältchen in ihrem Gesicht erkennen, und erst jetzt merkte ich, dass sie weinte! Sie weinte, während sie die Menschen tötete! Sie konnte sie nicht einmal mehr sehen durch ihre Tränen, starrte nur auf ihre Hände, als wäre sie selbst entsetzt über das, was sie anrichteten – als wären es nicht ihre. Und dann entdeckte ich Raz! Immer noch lag er im geborstenen Rumpf des Skiffs, als sei er tot, aber ich sah, wie er sich bewegte. Die Dhassaner griffen weiter an, sprangen über die schwelenden Leichen hinweg, Männer und Frauen, einige wenige Soldaten, Welle um Welle brandeten sie an. Sie wussten, dass sie sterben würden, aber sie versuchten es trotzdem, und die Magusfrau tötete sie einen nach dem anderen. Ich sah, dass sie eine Verletzung am Bein hatte und ihr Feuer nachließ. Sie war erschöpft, am Ende ihrer Kräfte. Da schlug Raz zu! Gerade noch hatte er auf dem Boden gelegen, die Hand nach seinem Krummsäbel ausgestreckt, da sprang er plötzlich auf die Beine und ließ ihn auf den Hals der Hexe niedersausen. Sie war vollkommen wehrlos in diesem Moment, sah die Klinge nicht einmal kommen, so beschäftigt war sie mit ihrem schrecklichen Werk. Doch der Streich erreichte sie nicht – das Schwert des Offiziers fuhr dazwischen. Er stürzte zwischen Raz und die Magusfrau, sie wurde zur Seite gestoßen, und ich sah, wie ihr Schienbein in der Mitte zerbrach. Die Dhassaner ergriffen die Flucht, nur ein kleines Mädchen blieb zurück, das sich an seiner Mutter festgehalten hatte, als sie sich dem hoffnungslosen Angriff anschloss. Die Mutter war nur noch eine verkohlte Leiche, aber das Mädchen stand unter Schock und lief einfach weiter auf das Schiffswrack zu. Die Hexe sah sie nur aus dem Augenwinkel – und feuerte erneut. Ich konnte erkennen, wie ihre Augen sich vor Entsetzen weiteten, als sie das Mädchen erblickte. Verzweifelt versuchte sie, den Feuerstrahl zu unterbrechen, aber es war zu spät. Sie zögerte, als sie nicht hätte zögern dürfen –mit fatalen Konsequenzen für sie selbst: Jetzt waren es ihre eigenen Hände, die in Flammen aufgingen! Sie kniete in den Trümmern und starrte auf ihre verkohlten Finger. Das Mädchen schrie auf und rannte davon. Auch der Offizier war jetzt für einen Moment abgelenkt, und Raz stieß zu. Sein Säbel fuhr durch das Kettenhemd des Mannes und durchbohrte ihn. Raz drehte die Klinge herum und zog sie mit einem Triumphschrei wieder heraus. Die Hexe drehte sich um, mit wildem Blick, ihre Hände nur noch Stümpfe. Sie musste unsägliche Schmerzen gelitten haben, aber sie mobilisierte ihre letzten Kräfte, und da ihre Hände nutzlos waren, feuerte sie den letzten Blitz aus ihren Augen. Wie eine Leuchtfackel flog Raz durch die Luft. Da erwachte ich endlich aus meiner Trance. Ich sprang von der Scheune herunter, trat Zäune nieder und kämpfte mich durch zu dem schrecklichen Schauplatz. Die Hexe kniete mit hängendem Kopf am Boden, ihre Schultern bebten. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber zwischen den verklebten Haarsträhnen stieg Rauch auf. Der Offizier hielt sich den Bauch und versuchte, zu seinem Schwert zu kriechen. Raz wälzte sich am Boden, brüllte und strampelte. Ich rannte zu ihm, in einem großen Bogen um den Offizier herum. Die Hexe hörte mich und blickte auf, und da hätte auch ich beinahe geschrien: Wo ihre Augen gewesen waren, gähnten zwei schwarze Löcher. Mit ihrem letzten Feuerstrahl hatte sie sich die eigenen Augen aus dem Kopf gebrannt! Sie wimmerte einen Namen, Vann, und der Offizier schleppte sich mit dem Schwert in der Hand in ihre Richtung. Dann richtete er die Klinge auf mich. Das Zeichen war unmissverständlich, aber ich wollte nur Raz zu Hilfe eilen. Ich warf mich auf ihn und schlug auf die Flammen ein. Schließlich hielt er still. Es war grässlich, als ich sah, was das Feuer angerichtet hatte. Aber er war am Leben und ein Held! Ich
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