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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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er näher kam, sprangen die Tiere behende wie eine Schar flinker Gespenster davon, und Mack war wieder allein. Er war sehr müde. Die »Tretmühle« hatte ihn stärker erschöpft, als er es sich hätte träumen lassen. Der menschliche Körper brauchte offenbar mehr als zwei Tage, um sich von einer solchen Tortur zu erholen. Die Überquerung des Flusses hätte ihm eigentlich keine Probleme bereiten dürfen, doch der Zusammenstoß mit dem treibenden Baumstamm hatte ihm alle Kraft abverlangt. Die Stelle an seinem Kopf, wo ihn der Ast getroffen hatte, tat ihm immer noch weh.
    Glücklicherweise brauchte er in dieser Nacht nicht sehr weit zu gehen. Sein Ziel war das Haus des Bruders seiner Mutter, Onkel Eb, in Craigie, einem Bergarbeiterdorf sechs Meilen weiter flußabwärts. Dort wollte er Unterschlupf suchen, ausschlafen und frische Kräfte sammeln. Daß die Jamissons ihn nicht verfolgen wollten, war beruhigend und kam seinem Schlaf sicher zugute.
    Am Vormittag würde er sich erst einmal mit Porridge und Schinken den Bauch vollschlagen, sich danach auf den Weg nach Edinburgh machen und dort mit dem erstbesten Schiff, auf dem man ihn anheuerte, abreisen. Ob es nach Newcastle fuhr oder nach Peking, war ihm egal. Ihm war jedes Ziel recht.
    Er lächelte über seine eigene Kühnheit. In seinem bisherigen Leben war er noch nicht über den Marktflecken Coats hinausgekommen, und der lag gerade mal zwanzig Meilen von seinem Heimatdorf entfernt. Nicht einmal in Edinburgh war er gewesen - und doch redete er sich ein, er sei zu exotischen Zielen unterwegs und kenne sich dort bereits gut aus.
    Die Straße unter seinen Füßen war nicht mehr als ein Feldweg, voller Matsch und vereistem Schlamm und von tiefen Wagenfurchen durchzogen. Und doch überkam Mack so etwas wie ein feierlicher Ernst angesichts seines Aufbruchs. Nicht nur, daß er das einzige Zuhause verließ, das er je gekannt hatte, seinen Geburtsort und den Sterbeort der Eltern. Er verließ Esther, seine Freundin und Mitstreiterin, obwohl er hoffte, sie in nicht allzu langer Zeit nachholen zu können. Und er verließ Annie, seine Kusine, die ihm das Küssen beigebracht und ihn gelehrt hatte, auf ihrem Körper zu spielen wie auf einem Musikinstrument.
    Und dennoch hatte er schon immer gewußt, daß es eines Tages geschehen würde. Seit er denken konnte, hatte er von Flucht geträumt. Er hatte den Hausierer Davey Patch um dessen Form von Freiheit beneidet. Jetzt war es soweit.
    Jetzt war er frei. Es war ein erhebendes Gefühl: Ich habe es geschafft. Ich bin frei!
    Er wußte nicht, was der nächste Morgen bringen würde. Armut, Leiden, Gefahr - alles war möglich. Sicher war nur, daß er morgen nicht in die Grube gehen würde, daß die Sklaverei ein Ende hatte, daß er nicht länger persönliches Eigentum von Sir George Jamisson war. Morgen war er sein eigener Herr.
    Die Straße machte eine Kurve. Malachi McAsh drehte sich um und warf einen letzten Blick über das Tal. Schloß Jamisson war gerade noch zu sehen; das zinnenbewehrte Dach schimmerte im Mondlicht. Ich werde das Tal nie wiedersehen, dachte er, und diese Aussicht stimmte ihn so glücklich, daß er mitten im Straßenschlamm einen Reel zu tanzen begann. Er pfiff sich die Melodie und hüpfte dazu im Kreis.
    Dann hielt er plötzlich inne, lachte leise über sich selbst und setzte seinen Weg fort.

ZWEITER TEI L LONDON

Kapitel 1
    SHYLOCK TRUG WEITE HOSEN, einen langen schwarzen Mantel und einen roten Dreispitz. Der Darsteller war abgrundtief häßlich: Er hatte eine große Nase, ein langes Doppelkinn und einen schiefen, zur permanenten Fratze verzogenen Mund. Er kam mit langsamen, sorgfältig abgemessenen Schritten auf die Bühne - eine Verkörperung der Ausgeburt des Bösen. »Dreitausend Dukaten«, brummte er lüstern. Das Publikum schauderte vor Entsetzen.
    Mack war wie gebannt. Selbst im Parterre, wo er zusammen mit Dermot Riley stand, waren die Zuschauer mucksmäuschenstill. Jeder Ton, der aus Shylocks Mund kam, klang wie eine Mischung aus Grunzen und Bellen. Die Augen unter den buschigen Brauen hatten einen stechend klaren Blick. »Dreitausend Dukaten auf drei Monate, und Antonio Bürge…«
    »Das ist Charles Macklin«, flüsterte Dermot Mack ins Ohr, »ein Ire. Stand wegen Mordes vor Gericht, behauptete aber, vo m Opfer provoziert worden zu sein, und wurde freigelassen.«
    Mack hörte ihm kaum zu. Er hatte natürlich gewußt, daß es solche Dinge wie Bühnen und Theateraufführungen gab, aber das, was er hier sah,

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