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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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deutscher Übersetzung an, während Hassan Heinrich den Swahili-Text abschrieb. Anschließend unterzeichnete Oscar die vier Dokumente und wollte sie der Königin reichen. Da sprang einer der Krieger vor, schnappte sich die Papiere und trug sie feierlich zum Thron. Zu Oscars Erstaunen deutete die Königin mit gebieterischer Geste auf sein Schreibgerät, und ein weiterer Krieger eilte herbei, nahm es ihm ab und trug es wie einen magischen Gegenstand zum Thron. Mit ausdrucksloser Miene unterschrieb die Königin die Dokumente und hielt dann jeweils eine Fassung auf Deutsch und eine auf Swahili in die Höhe, die Oscar übergeben wurden.
    Die Königin hatte an der dafür vorgesehenen Stelle unterschrieben, vollkommen leserlich und in lateinischer Schrift. Konnte diese Frau lesen und schreiben?
    Anschließend klatschte die Königin befehlend in die Hände und sprach ein paar Worte in ihrer eigenen Sprache. Die Krieger verließen den Saal. Einen Augenblick später wurden vier Kalebassen hereingetragen und erst der Königin und dann den Gästen dargeboten.
    »Meine Freunde und ich haben einen guten Vertrag geschlossen!« , rief die Königin. »Ein guter Vertrag, so sagen die Araber, die sich am besten mit solchen Dingen auskennen,
ist ein Vertrag, mit dem beide Seiten zufrieden sind. Darauf wollen wir trinken!«
    Sie sah wirklich sehr zufrieden aus, als sie trank.
    »Trink vorsichtig, Bwana Oscar«, flüsterte Kadimba, der hinter ihm saß.
    Oscar vermutete, dass die Warnung sich auf den hohen Alkoholgehalt des öligen, etwas zähflüssigen Palmweins bezog. Wie das Getränk zum Gären gebracht worden war, wollte er gar nicht so genau wissen. Im Übrigen schmeckte Palmwein recht gut, sofern man nicht darüber nachdachte, wie … Es war unmöglich, nicht daran zu denken. Die alten Frauen kauten die überreifen Früchte und spuckten sie dann in große Bottiche.
    »Sie sind eine kluge Geschäftsfrau, Königin Mukawanga«, sagte er, nachdem er seine Kalebasse abgestellt hatte.
    »Ich blicke auf ein langes Leben zurück und habe viele Geschäfte mit arabischen Händlern gemacht. Ich habe viel gelernt, Gold und Glasperlen verdient und Sklaven und Elfenbein verkauft«, erklärte die Königin knapp.
    »Verkaufen Sie immer noch Elefantenstoßzähne?«, fragte Oscar spontan, ohne zu überlegen, ob es in diesem offiziellen Rahmen angebracht war, an eigene Geschäfte zu denken.
    »Wenn Sie gut zahlen«, räumte die Königin ein.
    »Was verlangen Sie?«, fragte Oscar rasch.
    »Ein Stoßzahn, den ein Mann weit tragen kann, kostet so viel blaue Perlen, wie dort liegen«, antwortete die Königin sichtlich interessiert und deutete auf das kleine Kästchen mit den fünfzig Glasperlen in der schönen blauen Farbe, fast wie Lapislazuli.
    Oscar rechnete im Kopf nach. Was ein Mann weit tragen
konnte, das bedeutete ein Gewicht von mindestens fünfzig Pfund. Eine blaue Glasperle pro Pfund. Jede investierte Reichsmark würde tausend Mark Gewinn abwerfen.
    »Ich bin mir sicher, dass wir gute Geschäfte machen werden, Königin Mukawanga«, meinte Oscar.
    »Jetzt begeben wir uns zum Fest!«, brach die Königin die geschäftlichen Verhandlungen ab und erhob sich.
    Draußen dröhnten die Trommeln. Mehrstimmiger Gesang ertönte unter dem Sternenhimmel. Kadimba flüsterte, das sei die Willkommenszeremonie, und die Königin werde den Zug anführen.
    Der große Platz mitten im Dorf unweit des Hafens wurde von Feuern in hängenden Eisenkörben und -schalen hell erleuchtet. Über einigen Feuerstellen wurden Fische und Spanferkel gebraten, sorgfältig mit Kräutern bepinselt und geduldig am Spieß gedreht. Eine Gruppe stattlicher Frauen, einzig mit Lendentüchern und Silberreifen an den Oberarmen und Fußgelenken bekleidet, tanzte in einer langen Reihe vor einer Art Ehrentribüne mit vier arabischen Sitzkissen. Um die Tribüne herum lagen große, weiche Bananenblätter auf der Erde.
    Die Königin und ihre Gäste wurden von den Kriegern begrüßt, die in breiter Front einen Scheinangriff mit Schlachtrufen ausführten, im letzten Moment aber abbremsten und ihre Köpfe so bewegten, dass ihr besonderer Kopfschmuck einen weißen Wirbel in der Luft erzeugte.
    Die Königin nahm als Erste Platz und forderte ihre Gäste mit einer großzügigen Armbewegung auf, sich ebenfalls zu setzen. Der Gesang wurde auf einmal feierlich und langsam. Wie eine Nationalhymne, dachte Oscar.
    Der Gesang verstummte, und die Trommeln erklangen
von Neuem. Die Frauen tanzten immer wilder und,

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